Zirkuskind
sitzen, während
ich mich um unser Taxi kümmere«, sagte Mrs. Dogar zu ihrem Mann. Er war verwirrt.
Obwohl seine zweite Frau Mitte Fünfzig war, war sie jung im Vergleich zu dem, was
Mr. Dogar gewohnt war. Der alte Herr war Mitte Siebzig und seit zehn Jahren Witwer.
Daher nahm er an, daß solche Stimmungsumschwünge bei jüngeren Frauen gang und gäbe
waren. Er überlegte, ob er vielleicht wirklich zuviel getrunken hatte. Er konnte
sich erinnern, daß seine zweite Frau einen Bruder durch einen Autounfall in Italien
verloren hatte, aber ob Alkohol mit im Spiel gewesen war, wußte er nicht mehr.
Jetzt flüsterte
Rahul Mr. Sethna etwas zu, der – aus welchen Gründen auch immer – Frauen mißbilligte,
die Männern etwas zuflüsterten.
»Mein lieber Mr.
Sethna«, raunte die zweite Mrs. Dogar. »Sie dürfen mir das alles nicht übelnehmen,
aber ich kann meinen Mann in diesem Zustand einfach nicht allein im Club herumlaufen,
geschweige denn Auto fahren lassen. Ich bin sicher, er ist schuld an dem Bougainvilleen-Sterben.«
Mr. Sethna war ganz
entsetzt, glaubte das aber nur zu gern. Denn daß etwas oder jemand die Blüten kaputtmachte,
stand außer Zweifel. Eine undefinierbare Pflanzenkrankheit hatte einen Teil der
Bougainvilleen befallen, und der Obergärtner wußte keinen Rat. Hier war endlich
eine Antwort: Mr. Dogar hatte auf die Blüten gepinkelt!
»Leidet er… an Inkontinenz?«
erkundigte sich Mr. Sethna.
»Keineswegs«, sagte Mrs. Dogar. »Er tut es mit Absicht.«
»Heißt das, er möchte
die Pflanzen ruinieren?« fragte Mr. Sethna.
»Ich danke Ihnen
für Ihr Verständnis«, entgegnete Mrs. [628] Dogar. »Der arme Mann.« Mit ausholender
Geste deutete sie auf den Golfplatz ringsum. »Natürlich geht er nur nach Einbruch
der Dunkelheit da draußen spazieren. Wie ein Hund geht er immer wieder an dieselben
Stellen!«
»Er markiert vermutlich
sein Territorium«, meinte Mr. Sethna.
»Ich danke Ihnen
für Ihr Verständnis«, wiederholte Mrs. Dogar. »Und wo bleibt unser Taxi?«
Als sie im Taxi
saßen, machte der alte Mr. Dogar ein Gesicht, als wüßte er nicht recht, ob er sich
entschuldigen oder seine Frau zur Rede stellen sollte. Doch bevor er sich entschieden
hatte, überraschte ihn seine junge Frau aufs neue.
»Ach, Liebling,
du darfst nicht zulassen, daß ich dich jemals wieder so behandle, zumindest nicht
in aller Öffentlichkeit. Ich schäme mich ja so!« heulte sie. »Die Leute werden noch
denken, daß ich dich tyrannisiere. Du darfst mir so etwas nie mehr durchgehen lassen.
Sollte ich jemals wieder behaupten, daß du nicht mehr Auto fahren kannst, mußt du
folgendes tun… hörst du mir überhaupt zu, oder bist du zu betrunken?« fragte Mrs.
Dogar.
»Nein… ich meine
ja, ich höre zu«, antwortete Mr. Dogar. »Nein, ich bin nicht betrunken«, versicherte
ihr der alte Mann.
»Du mußt die Schlüssel
auf den Boden werfen und verlangen, daß ich sie aufhebe, als wäre ich deine Dienerin«,
sagte Mrs. Dogar zu ihm.
»Was?« fragte er.
»Dann mußt du sagen,
daß du immer einen Bund Ersatzschlüssel bei dir hast und daß du mit dem Wagen nach
Hause fährst, wann und wenn es dir paßt. Danach mußt du mir befehlen zu verschwinden,
du mußt sagen, daß du mich auf keinen Fall heimfährst, und wenn ich dich auf Knien
darum bitten würde!« heulte Mrs. Dogar.
»Aber Promila, ich
würde doch nie…«, begann Mr. Dogar, aber seine Frau unterbrach ihn.
[629] »Versprich mir
nur eins: Gib mir gegenüber nie mehr nach«, sagte sie. Dann nahm sie sein Gesicht
in beide Hände und küßte ihn auf den Mund. »Als erstes befiehlst du mir, ein Taxi
zu nehmen. Dabei bleibst du einfach am Tisch sitzen, als würdest du innerlich vor
Wut kochen. Und dann solltest du auf die Herrentoilette gehen und dir das Gesicht
waschen.«
»Das Gesicht waschen?«
sagte Mr. Dogar erstaunt.
»Ich kann den Essensgeruch
auf deinem Gesicht nicht ausstehen, Liebling«, erklärte Mrs. Dogar ihrem Mann. »Wasch
dir einfach das Gesicht, mit Seife und warmem Wasser. Und dann komm zu mir nach
Hause. Ich werde auf dich warten. So sollst du mich in Zukunft behandeln. Nur mußt
du dir erst das Gesicht waschen. Versprich mir das.«
Es war Jahre her,
seit Mr. Dogar so aufgewühlt gewesen war, und so verwirrt war er überhaupt noch
nie. Er kam zu dem Ergebnis, daß eine jüngere Frau eben schwer zu verstehen war
– aber es lohnte sich.
Nicht schlecht für
einen ersten Entwurf, fand Rahul. Beim nächstenmal würde Mr. Dogar tun, was sie
ihm
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