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Zirkusluft

Zirkusluft

Titel: Zirkusluft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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ein paar Sätze auf Türkisch an seine Kollegen und ging dann mit ausgestreckter rechter Hand auf den Polizisten zu, um ihn zu begrüßen.
    »Hallo, Herr… Herr Kommissar.«
    »Lenz. Das ging ja hoch her, eben. Ich hatte richtig Angst, dass Ihr Kollege Ihnen was antut.«
    Özönder winkte ab.
    »Ach, Herr Lenz, das sieht immer schlimmer aus, als es in Wirklichkeit ist.«
    Der Türke vollführte eine halbe Körperdrehung und deutete auf den Großen, der noch immer in Angriffshaltung dastand und ihn mit zusammengekniffenen Augen anfunkelte.
    »Mein Freund Mustafa ist sehr aufbrausend, aber ich bin ja auch kein Kind von Traurigkeit, wenn es um Politik geht. Und weil Mustafa und ich auf diesem Gebiet nun mal total unterschiedlicher Meinung sind, müssen wir es ausdiskutieren, so wie gerade eben.«
    Lenz runzelte die Stirn und sah dem jungen Türken tief in die Augen.
    »Soso, Politik. Und Sie erwarten, dass ich Ihnen das abkaufe?«
    Özönder lächelte verlegen.
    »Natürlich, warum nicht?«
    »Weil das gequirlte Scheiße ist, Herr Özönder . Menschen, die sich wegen Politik streiten, sehen anders aus als Sie und Ihr Kollege da.« Er deutete auf Mustafa, der sich partout nicht entspannen wollte. »Ich glaube vielmehr, dass Ihre Auseinandersetzung etwas mit den Ereignissen von gestern und dem Mord an dem Polizisten heute Morgen zu tun hat.«
    Der junge Türke riss die Augen auf.
    »Aber wir haben nichts damit zu tun, dass müssen Sie mir glauben.«
    »Nach dem Blödsinn, den Sie mir gestern Abend erzählt haben, glaube ich Ihnen gar nichts.«
    Mustafa kam um den Tisch herum, ohne jedoch seine drohende Haltung aufzugeben, und warf Özönder einen vernichtenden Blick zu, der auch Lenz schwer nervös machte. Dann jedoch streckte er seine Pranke nach vorne und hielt sie dem Polizisten hin.
    »Mustafa Erdem , guten Tag. Ich bin der erste Vorsitzende des Vereins hier. Kann ich Sie kurz unter vier Augen sprechen?«
    Lenz nickte und sah sich um.
    »Nicht hier. Lassen Sie uns nach draußen gehen, bitte«, bat der Türke mit kaum wahrnehmbarem Akzent und bewegte sich Richtung Tür. Der Kommissar folgte ihm mit ein wenig Abstand. Vor der Tür angekommen, griff Erdem in die Brusttasche seines Hemds, nahm eine Packung Zigaretten und ein Feuerzeug heraus und bot Lenz eine an. Der schüttelte den Kopf. Mit der qualmenden Zigarette im Mund machte Erdem eine Kopfbewegung in Richtung der nächsten Häuserzeile.
    »Lassen Sie uns ein Stück gehen, ja?«
    Noch bevor Lenz antworten konnte, wurde hinter den beiden die Tür der Teestube aufgerissen und Özönders Kopf sichtbar, der ihnen mit hoher, sich fast überschlagender Stimme etwas auf Türkisch nachrief. Erdem zog eine Augenbraue hoch, machte eine abfällige Geste mit der Hand in Richtung der Tür und ging weiter.
    »Was wollte er denn?«
    »Mir drohen. Er ist so klug und gleichzeitig so dumm. Als ob ich mich von so einem Schnösel bedrohen lassen müsste.«
    Lenz gefiel die Art, wie der Mann redete. Es hatte etwas Bodenständiges, Normales.
    »Da drin sahen Sie eben richtig ärgerlich und wütend aus, Herr Erdem . Hat Özönder Sie da schon bedroht?«
    Der Türke lächelte gequält.
    »Ach, Herr Kommissar. Sehen Sie mich an und sehen Sie sich Tayfun Özönder an. Ich bin ihm körperlich haushoch überlegen, aber ist das denn die Art, wie Menschen miteinander umgehen sollten? Er ist seit so vielen Jahren Mitglied in unserem Verein und war immer ein gern gesehener Gast in der Teestube, doch die Art, wie er sich in den letzten Monaten verändert hat, kann und wird mir nicht gefallen.«
    Die beiden kamen an einem Stück ehemals grünem Rasen an, in dessen Mitte eine alte, brüchige Parkbank stand, deren Lack an vielen Stellen abgeblättert war.
    »Setzen wir uns einen Moment«, schlug Erdem vor und trat mit dem rechten Schuh die halb gerauchte Zigarette aus.
    »Was meinen Sie mit Özönders Veränderung?«, wollte der Kommissar wissen, als sie nebeneinander Platz genommen hatten. Erdem beugte sich nach vorne und stützte den Kopf auf die Hände.
    »Wir, in unserem Verein, machen im Moment das durch, was viele andere Türkische Kulturvereine schon hinter sich oder noch vor sich haben. Junge, gut ausgebildete Männer finden immer tieferen Zugang zur Religion und leben das exzessiv aus. Ihre religiöse Botschaft wollen sie möglichst weit verbreiten, was ihr gutes Recht ist, wie ich meine. Allerdings gibt es dabei Regeln, an die man sich zu halten hat. Mit denen allerdings haben es Bülent

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