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Zirkusluft

Zirkusluft

Titel: Zirkusluft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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UMTS-Zugang . Sie saßen wieder rum und haben das Gleiche gemacht, nur nicht mehr auf unsere Kosten.«
    »Warum haben Sie die Gruppe nicht aus dem Verein ausgeschlossen?«
    »Es wäre das erste Mal gewesen, dass wir jemanden rausgeworfen hätten, deshalb haben wir uns damit sehr schwergetan . Aber es gibt seit drei Monaten tatsächlich Überlegungen, die in diese Richtung gehen.«
    »Na ja, zumindest im Fall Topuz hat sich das ja erledigt.«
    Erdem ließ sich einen Moment Zeit, bevor er antwortete.
    »Glauben Sie bitte nicht, dass ich ihm das gewünscht habe, obwohl er mich mehr genervt hat als jeder andere Mensch, den ich kenne. Niemand auf dieser Welt sollte sterben müssen, nur weil es einem anderen gefällt.«
    »Da gebe ich Ihnen uneingeschränkt recht, obwohl es mich arbeitslos machen würde.«
    »Stimmt es, dass Topuz diesen Deutschen umgebracht hat?«
    Nun brauchte Lenz ein paar Sekunden, bevor er antwortete.
    »Dazu kann ich Ihnen aus ermittlungstaktischen Gründen leider nichts sagen, Herr Erdem . Aber mich würde interessieren, worüber Özönder und Sie sich eben so in die Wolle gekriegt haben.«
    Das Gesicht des Türken verfinsterte sich erneut.
    »Als ich heute Morgen die Sache mit dem Polizisten im Radio gehört hatte, ging mir ein entsetzlicher Gedanke durch den Kopf. Deshalb habe ich ihn angerufen und gebeten, gleich zur Teestube zu kommen.«
    »Sie glauben, er hat etwas damit zu tun?«
    Erdem zuckte mit den Schultern.
    »Also haben Sie ihn mit Ihrem Verdacht konfrontiert?«
    »Ja.«
    »Und?«
    »Er hat den gleichen Blödsinn geredet wie immer. Dass es doch nichts Schlimmes sei, Blut durch Blut zu sühnen. Und dass wir durch unsere Religion dazu verpflichtet seien, gegen die Ungläubigen zu kämpfen. Irgendwann ist mir der Kragen geplatzt. Es fällt mir schwer, das zuzugeben, aber vielleicht sollte er froh darüber sein, dass Sie aufgetaucht sind.«
    »Und? Hat er nach Ihrer Meinung etwas mit dem Mord an dem Polizisten zu tun?«
    »Ich weiß es nicht. Und ich bin auch nicht unglücklich darüber, dass ich es nicht herausfinden muss.«
    Lenz zog das Phantombild aus der Jacke, faltete es auf und hielt es Erdem hin. Der Türke griff danach, sah sich das Gesicht kurz an und reichte es dem Kommissar zurück.
    »So sieht hier im Viertel jeder dritte Mann Mitte 40 aus.«
    Über sein Gesicht huschte die Andeutung eines Lächelns.
    »Mit dieser Karikatur kommen Sie nicht weiter, das können Sie mir glauben.«
    Der Polizist steckte das Blatt zurück in seine Jacke.
    »Hat Özönder Ihnen etwas darüber gesagt, wo er heute Morgen gewesen ist?«
    »Leider sind Sie aufgetaucht, bevor ich ihn danach fragen konnte. Aber was nicht war, kann ja noch werden.«
    »Lassen Sie mal, Herr Erdem . Die Polizei hat schon genug Scherereien am Hals wegen der Morde, da brauchen wir nicht auch noch eine Fehde unter Türken.«
    »Ich versichere Ihnen, dass es keine Fehde gibt. Allerdings werden wir uns in Zukunft genau ansehen, wer bei uns im Verein Mitglied ist.«
    »Das ist bestimmt nicht das Schlechteste«, erwiderte der Kommissar und stand auf. »Aber eine Frage hätte ich noch: Wie bekommt man denn Zugang zur Teestube? Hat jeder der Vereinsmitglieder einen Schlüssel?«
    »Glücklicherweise nicht jeder, aber leider viel zu viele. Alle, die einen wollen, kriegen auch einen. Im Moment haben wir etwa 120 Mitglieder, und 70 Schlüssel im Umlauf. Ich weiß, dass dieser Zustand eigentlich unhaltbar ist und wir daran arbeiten müssten, doch da sind ganz dicke Bretter zu bohren.«
    Nebeneinander machten die beiden sich auf den Rückweg zur Teestube.
    »Wollen Sie einen Tipp, wie Sie das Schlüsselproblem elegant lösen können?«, fragte der Kommissar den Türken, als sie sich der Tür näherten. Der sah ihn erstaunt an.
    »Klar. Gerne.«
    »Beschädigen Sie das Schloss. Spritzen Sie Kleber rein oder sonst etwas. Dann wechseln Sie es aus und geben nur noch denjenigen einen Schlüssel, denen Sie ihn geben wollen. Idealerweise nehmen Sie ein teures Sicherheitsschloss, wo jede Schlüsselkopie 20 Euro kostet, und verlangen den Betrag als Pfand von jedem. Ich wette, Sie brauchen höchstens noch ein Dutzend Schlüssel.«
    Erdem warf dem Polizisten einen anerkennenden Blick zu.
    »Nicht schlecht. Das werden wir ausprobieren, vielen Dank.«
    Ein paar Sekunden später betraten die beiden die Teestube. Die Gespräche der Männer an den zusammengestellten Tischen verstummten. Lenz sah sich kurz um, konnte jedoch Özönder nicht mehr entdecken.

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