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Zirkusluft

Zirkusluft

Titel: Zirkusluft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias P. Gibert
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die Werrabrücke zwischen Göttingen und Kassel zu. Seit der Abfahrt hatten die beiden Polizisten nicht viel miteinander gesprochen, jeder hing seinen Gedanken nach. Hain klopfte den Takt einer Melodie aus dem Autoradio auf dem Lenkrad mit. Dann wurde die Musik ausgeblendet.
    »Meine Damen und Herren, wir unterbrechen das laufende Programm für eine Eilmeldung aus Kassel. Dort kam es in den Mittagsstunden zu schweren Straßenschlachten zwischen zwei Demonstrationsgruppen. Die Polizei spricht von zwei Schwerverletzten und etwa 25 Leichtverletzten, darunter vier Polizisten. Mehr dazu in etwa zehn Minuten live von unserem Reporter vor Ort.«
    Lenz verzog das Gesicht und drehte die nun wieder einsetzende Musik leiser.
    »Vielleicht hat das Ganze ja wirklich Methode. Wir hatten…«
    Sein Telefon klingelte, doch er machte keine Anstalten, den Anruf entgegenzunehmen. Hain sah ihn irritiert an.
    »Was ist jetzt los?«
    »Ich hab jetzt keine Lust. Wenn es etwas Wichtiges ist, hinterlässt der Anrufer mir eine Nachricht.«
    Der Oberkommissar verzog das Gesicht und tat so, als konzentriere er sich wieder auf den Verkehr.
    »So kenne ich dich ja gar nicht. Und wenn das jetzt einer von unseren Jungs ist, der den Mörder gefunden hat?«
    Das zog. Lenz griff nach dem Telefon und drückte hektisch die grüne Taste.
    »Ja«, machte er unwirsch.
    » Ääähh «, tönte es nach einer kurzen Pause aus dem Gerät. »Spreche ich mit Hauptkommissar Lenz?«
    »Genau. Und mit wem spreche ich?«
    Wieder eine kurze Pause. Lenz hatte den Verdacht, er sei in einem Funkloch.
    »Mein Name ist Bernhard Jelinski , Dr. Bernhard Jelinski . Könnten Sie im Verlauf des Nachmittags eine Stunde Zeit für mich erübrigen, Herr Lenz?«
    »Ich bin im Moment sehr beschäftigt, Herr Jelinski . Worum geht es denn?«
    »Darüber möchte ich am Telefon nicht sprechen. Aber ich bitte Sie, mir zu glauben, dass es wirklich überaus wichtig ist. Es betrifft den Fall, an dem Sie gerade arbeiten.«
    »Gut, dann kommen Sie zu mir ins Büro. Ich bin in etwa einer Stunde dort.«
    »So schnell wird es leider nicht gehen, Herr Kommissar. Ich habe eine etwas längere Anreise. Jetzt ist es 12.30 Uhr, sagen wir um 15.30 Uhr?«
    »Ja, von mir aus. Sie müssen sich an der Wache melden, ich hole Sie dann ab.«
    »Wenn es sich irgendwie vermeiden ließe, würde ich mich gerne mit Ihnen woanders treffen, nicht im Präsidium.«
    Lenz dachte einen Moment darüber nach, ob sich einer der Kollegen einen Scherz mit ihm erlauben würde.
    »Und ich möchte noch einmal darauf hinweisen, Herr Lenz, dass es wirklich wichtig ist.«
    »Ja, ja, das habe ich verstanden. Kennen Sie sich denn in Kassel aus?«
    »So leidlich, ja. Deshalb würde ich vorschlagen, wir treffen uns in der Orangerie. Wie wäre es am Marmorbad?«
    »Merkwürdiger Treffpunkt. Aber wenn Sie meinen. Ich bin pünktlich da.«
    »Und wenn Sie bitte allein kommen würden, Herr Lenz?«
    Nun kam der Kommissar ins Grübeln.
    »Warum?«
    »Ich weiß, dass das jetzt alles ein wenig verwirrend für Sie sein dürfte, aber ich bitte Sie, mir zu vertrauen. Wenn wir miteinander gesprochen haben, werden Sie mich sicher verstehen.«
    »In Ordnung.«
    »Dann danke ich Ihnen, und bis später.«
    »Gerne, bis später.«
    Lenz beendete das Gespräch, überlegte ein paar Sekunden, suchte kurz im Menü des Telefons, nickte zufrieden, schrieb eine Nummer auf und reichte sie seinem Kollegen. Der sah zuerst den Zettel und danach ihn erstaunt an.
    »Die Telefonseelsorge?«
    »Nein, du Hirni , das ist die Nummer von diesem Typen, der mich gerade angerufen hat.« Er schilderte Hain den Inhalt des Gesprächs.
    »Du willst doch nicht wirklich ohne mich da hingehen?«
    »Richtig wohl ist mir nicht bei der Sache, aber ich glaube nicht, dass mir irgendjemand was Böses will. Also.«
    »Ich könnte mich unauffällig im Hintergrund halten.«
    »Nein, Thilo. Der Typ klang wie irgendein Bürohengst, nicht wie ein Killer.«
    »Tolles Argument. Was er will, hat er wirklich nicht gesagt?«
    »Kein Wort.«

     
    Um kurz vor 15 Uhr nahm Lenz seine Dienstwaffe und das Gürtelholster aus dem Schrank, ließ das Magazin aus dem Griffstück gleiten, überprüfte den Ladezustand und setzte es wieder ein. Als die Pistole an seinem Gürtel befestigt war, zog er die Jacke über und verließ sein Büro.
    »Ich mach mich los. Wenn irgendwas sein sollte, melde ich mich.«
    »Und du bist sicher, dass du das im Alleingang machen möchtest?«
    »Ganz sicher.«
    »Ich bleibe für

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