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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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hat­te schwa­che Kno­chen, ver­knif­fe­ne Zü­ge und ei­ne Glat­ze. Aber sei­ne Au­gen zeig­ten ei­ne Spur ver­blie­be­ner Freund­lich­keit.
    Sie trank mit ihm und ließ sich von sei­nen kno­chi­gen Fin­gern be­rüh­ren und strei­cheln. Sie zwang sich, ihn zu um­ar­men, sei­nen Nacken zu krau­len und über sei­ne plum­pen Ver­su­che, wit­zig zu wir­ken, zu la­chen. Als er of­fen­sicht­lich sein Quan­tum beim Wein er­reicht hat­te, bat sie ihn, er mö­ge sie mit aufs Deck neh­men, wo sie einen Blick auf die ma­je­stä­ti­schen Lich­ter Eleu­syn­ni­as un­ter ei­nem Vier­tel­mond wer­fen konn­te. Der Mann sah Tes­sa merk­wür­dig an, aber mög­li­cher­wei­se be­saß er selbst so et­was wie ei­ne ro­man­ti­sche Ader, denn er nick­te und lach­te, als er sie nicht all­zu grob aus der mie­fi­gen Ka­bi­ne führ­te.
    Tes­sa hat­te noch nie zu­vor einen Men­schen ge­tö­tet. Und bei die­sem hier war es be­son­ders schwie­rig, weil er der net­tes­te Mann war, den sie je ken­nen­ge­lernt hat­te. Als er sie am Schan­de­ckel in die Ar­me nahm und sei­ne dün­nen Lip­pen auf die ih­ren preß­te, ließ Tes­sa ih­re Fin­ger su­chend über sein Kreuz fah­ren, bis sie den Gür­tel fan­den. Dort spür­te sie den Griff sei­nes Mes­sers. Die Waf­fe fühl­te sich hart und glatt an. Tes­sa wuß­te, daß sie jetzt schnell und ziel­be­wußt han­deln muß­te.
    Wäh­rend sie ih­ren Kör­per mit sei­nem ver­hak­te, stöhn­te sie laut auf, als sie das Mes­ser aus der Schei­de zog. Und so­fort stieß sie die Waf­fe zwi­schen die un­te­ren Rip­pen des Man­nes. Er ver­krampf­te sich und schrie laut auf, als sie die Waf­fe durch sei­nen Leib stach. Et­was Dunkles quoll über sei­ne Lip­pen, und in sei­ne Au­gen trat ein gla­si­ger Blick, sie sa­hen nichts mehr. Plötz­lich er­tön­te ein Ge­räusch. Stie­fel krach­ten auf die Plan­ken und ka­men nä­her. Tes­sa starr­te erst auf die zu­sam­men­ge­sun­ke­ne Ge­stalt zu ih­ren Fü­ßen, dann auf die nä­her kom­men­den Ge­stal­ten auf dem Deck und schließ­lich auf die schim­mern­de, öli­ge Ober­flä­che des Was­sers, das trä­ge ge­gen die Au­ßen­hül­le des Schif­fes platsch­te.
    Oh­ne nach­zu­den­ken sprang sie über die Re­ling und spür­te einen Luft­hauch und den er­fri­schen­den Stoß von et­was, das be­deu­tend käl­ter war als sie an­ge­nom­men hat­te. Ih­re Klei­der saug­ten sich so­fort mit Was­ser voll, zo­gen Tes­sa hin­un­ter und zwan­gen sie, wie in ei­nem Sumpf zu rin­gen. Kurz vor der Pa­nik, schwamm sie vom Schiff fort. Sie hör­te die rau­hen Stim­men von Män­nern, die nach ihr in der Dun­kel­heit such­ten. Plötz­lich zog ein Licht­si­gnal in ei­nem ho­hen und an­mu­ti­gen Bo­gen über den Ha­fen und wies ihr den Weg zum nächs­ten Kai, zeig­te aber der Nacht­wa­che von der Sil­ber­mäd­chen zu­gleich auch ih­re Po­si­ti­on.
    Die Schuß­waf­fen der Män­ner ent­lu­den sich stot­ternd und kra­chend, und um Tes­sa her­um klatsch­te es im Was­ser. Ein­mal ver­such­te sie un­ter­zut­au­chen, hielt den Atem an und täusch­te so einen Tref­fer vor. Aber als sie schließ­lich wie­der auf­tau­chen muß­te, ent­lud sich ein neu­er Ha­gel von Ge­schos­sen. Im Hin­ter­grund krach­ten Boots­krä­ne, und Tes­sa hör­te, wie ein Boot zu Was­ser ge­las­sen wur­de. Falls sie den Kai nicht recht­zei­tig er­reich­te, wür­den die Män­ner im Boot sich ih­rer an­neh­men, und der Tod wä­re Tes­sas ein­zi­ge Er­lö­sung. Ir­gend­wie schi­en es ihr un­ge­recht, wenn jetzt al­les schief­ging, wo sie schon so weit ge­kom­men war.
    Der höl­zer­ne Kai schi­en nä­her her­an­zu­rück­en, aber sie war sich nicht völ­lig si­cher. Die Leucht­ku­gel war er­lo­schen, und ei­ne zwei­te schoß hoch über ihr hin­weg und ver­brei­te­te einen schreck­li­chen oran­ge­far­be­nen Schein über der Sze­ne. Das Lang­boot klatsch­te ins Was­ser, und Tes­sa hör­te die är­ger­li­chen Ru­fe der Män­ner, als sie sich in die Rie­men leg­ten.
    Plötz­lich er­griff ei­ne Hand Tes­sas Arm, ei­ne star­ke Hand, die sanft, aber mit der Kraft ei­nes Schraub­stocks zu­pack­te. In ei­ner ein­zi­gen Be­we­gung wur­de Tes­sa aus dem Was­ser ge­zo­gen. Sie glitt hoch

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