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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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Va­ri­an der Schiffs­jun­ge und über und über voll Küm­mel und Es­sig. Seit da­mals kommt er im­mer hier­her, so­bald er in Eleu­syn­nia an­legt. Man könn­te sa­gen, er ist der Sohn, den ich nie hat­te …“ Al­ces­sa lä­chel­te und trank ih­ren Tee.
    „Wo steckt er denn jetzt? Wird er bald zu­rück­keh­ren? Was wird er mit mir ma­chen?“
    „Mei­ne Gü­te, wie vie­le Fra­gen! Steckst du et­wa in Schwie­rig­kei­ten, klei­ne Tes­sa? Die Mit­ter­nacht ist nicht die bes­te Zeit, um im Ha­fen schwim­men zu ge­hen.“
    „Du be­ant­wor­test mei­ne Fra­ge mit ei­ner Ge­gen­fra­ge.“ Tes­sa hielt in­ne und schob sich ei­ne Haar­sträh­ne aus dem Ge­sicht. „Er, Va­ri­an, er woll­te nicht ein­mal et­was von mir. Er hat sich nur … mei­ner an­ge­nom­men.“
    „Es gibt nicht vie­le Män­ner wie Va­ri­an“, sag­te Al­ces­sa. „Er ist ein ganz be­son­de­rer Mensch, nicht wahr?“
    „Ich fan­ge auch an, ihn da­für zu hal­ten …“ Tes­sa blick­te auf die Tür, durch die der fremd­ar­ti­ge, aber freund­li­che Mann vor fast ei­ner Stun­de ver­schwun­den war. Sie frag­te sich, wann er wohl zu­rück­keh­ren wür­de und was sie ihm sa­gen woll­te. Tes­sa hät­te der net­ten, al­ten Frau ger­ne er­zählt, was ihr wi­der­fah­ren war, aber sie fürch­te­te, ih­re Ge­schich­te wür­de sich zu me­lo­dra­ma­tisch, viel­leicht so­gar er­fun­den an­hö­ren. Und den­noch ent­sprach sie der Wahr­heit.
    So saß sie da und starr­te auf das Feu­er und be­ob­ach­te­te das stän­dig wech­seln­de Spiel der Flam­men. Und Tes­sa ver­lor sich in ih­ren Ge­dan­ken an den Schmerz und die De­mü­ti­gun­gen, die sie so vie­le Jah­re ge­pei­nigt hat­ten. Ein Teil ih­res Ichs woll­te dar­an glau­ben, daß die­ses Le­ben nun, da Va­ri­an Ha­mer, der schö­ne Prinz aus dem Mär­chen, in ihr Le­ben ge­tre­ten war, be­en­det war. Aber tief in ih­rer See­le steck­te et­was an­de­res: ein bren­nen­des Miß­trau­en und viel­leicht so­gar ein Haß auf Män­ner, auf al­le Män­ner. Au­gen­schein­lich gab es kei­nen un­ter ih­nen, der nicht von sei­nem Ding zwi­schen den Bei­nen an­ge­trie­ben, mo­ti­viert oder zu­min­dest be­ein­flußt wur­de.
    Die Tür öff­ne­te sich, und Tes­sa zuck­te auf ih­rem Stuhl zu­sam­men. Fast schi­en es, als ha­be sie Angst, in die Die­le zu se­hen, wo er stand. Er blieb ste­hen, um sei­nen Man­tel ab­zu­le­gen und sei­nen Waf­fen­gür­tel zu öff­nen. Va­ri­an leg­te al­les über einen Stuhl in der Die­le. Er ver­such­te zu lä­cheln, als er das Zim­mer be­trat.
    „Wo bist du ge­we­sen?“ frag­te Al­ces­sa. „Un­ser neu­er Gast hat sich um dich Sor­gen ge­macht.“
    „Sie soll­te sich lie­ber um sich selbst Sor­gen ma­chen. Ich war drau­ßen, um fest­zu­stel­len, wer die­se Ba­star­de wa­ren, die dich ver­folgt ha­ben.“
    „Da hät­test du bloß mich zu fra­gen brau­chen. Ich hät­te dir sa­gen kön­nen, um wen es sich da­bei ge­han­delt hat.“ Tes­sas Stim­me krächz­te, und sie schäm­te sich des­we­gen.
    „Aber viel­leicht hät­te ich dir kei­nen Glau­ben ge­schenkt“, sag­te Va­ri­an. „Auf die­se Wei­se konn­te ich mich selbst über­zeu­gen. Üb­ri­gens brauchst du dir kei­ne Sor­gen dar­über zu ma­chen, daß noch je­mand von der Sil­ber­mäd­chen Nach­for­schun­gen über dich an­stellt …“
    „Wie­so das?“ Tes­sa fühl­te, wie al­les in ihr sich bei der blo­ßen Er­wäh­nung des Schiffs­na­mens ver­krampf­te.
    „Ich ha­be ein paar Freun­de in der Ha­fen Ver­wal­tung. Du bist in den Lis­ten als töd­li­ches Op­fer ei­nes See­un­glücks re­gis­triert. Zu­sam­men mit den Bur­schen, die dich im Lang­boot ‚es­kor­tiert’ ha­ben.“ Va­ri­an lä­chel­te und ließ sich vor dem Feu­er nie­der. „Wie wä­re es mit ei­ner Tas­se Kaf­fee, Al­ces­sa?“
    Die mas­si­ge Frau sprang lä­chelnd auf die Fü­ße. „Für dich, mein lie­ber Va­ri­an, tue ich doch al­les!“ Und sie lach­te, als sie schein­bar mü­he­los in die Kü­che ab­rausch­te.
    We­nig spä­ter kehr­te sie mit ei­ner großen Glastas­se zu­rück, die mit ei­ner kräf­ti­gen, schwar­zen Flüs­sig­keit ge­füllt war. Hei­ßer Dampf wir­bel­te und stieg von der

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