Zitadelle des Wächters
alles mit angehört“, sagte Tessa. „Kannst du denn unsere Fragen beantworten?“
Der Homolog lächelte. „Es liegt mir wirklich am Herzen, euch mit befriedigenden Antworten zu versehen, aber ich fürchte, das ist mir kaum möglich.“
„Was soll denn das schon wieder heißen?“ Stoor rieb ein Streichholz an seinem Stiefel, zündete seine Pfeife an und war kurz danach in einer scharfen, blauen Wolke verschwunden.
„Das heißt, daß ihr es kaum verstehen, zumindest aber mißinterpretieren würdet, falls ich euch jetzt schon, zu diesem frühen Stadium, alles erklärte. Ich bitte euch, Geduld mit mir zu haben. Mehr kann ich im Moment leider nicht sagen.“
„Würdest du denn wenigstens zugeben wollen, daß du für all das, was uns heute widerfahren ist, verantwortlich bist?“ Tessa stand immer noch hinter den Stühlen und bemühte sich, den Roboter nicht anzusehen. Sie war der Ansicht, ihn direkt anzusprechen käme einer Billigung seines Aussehens gleich und wäre schon der entscheidende Schritt, ihn als Menschen zu behandeln.
Der Homolog lächelte. „Wahrscheinlich wäre es dumm, nicht wenigstens das zuzugeben. Natürlich bin ich der Urheber dieser Vorkommnisse. Wer sollte es auch sonst gewesen sein?“
Varian lächelte. „Das wissen wir nicht. Du erzählst uns ja nichts.“
Der Roboter zuckte die Achseln wie ein Mensch. „Wieso? Es gibt natürlich niemand anderen.“
„Natürlich“, sagte Stoor. „Ich werde dir mal was sagen: Du hast kein Recht, so mit uns umzuspringen … warum läßt du uns nicht gehen?“
„Unter den gegenwärtigen Umständen hielte ich das für ausgeschlossen.“ Der Roboter drehte sich um und ging zur Tür. Kurz davor wandte er sich ihnen noch einmal zu. „Wahrscheinlich sollte ich euch sagen … daß alles erst angefangen hat. Aber ich vermute, das habt ihr euch schon selbst gedacht. Einen schönen Abend noch.“
Der Homolog verließ das Zimmer. Stoor griff nach seiner Pistole. Aber kurz davor hielt er inne und schämte sich wegen der Nutzlosigkeit dieses Vorhabens.
„Und was nun?“ fragte Tessa.
„Das weiß ich auch nicht genau“, sagte Varian. „Wir könnten einfach abwarten oder neue Pläne schmieden.“
„Pläne?“ Stoor hätte fast aufgelacht. „Was denn für Pläne?“
„Zum Beispiel uns eine Methode ausdenken, wie wir uns unterhalten können, ohne daß der Wächter alles mitbekommt … da würde schon so etwas Simpels helfen, wie Zettel herumzureichen, wie Raim das tut …“
„Ein bißchen arg mühselig, oder?“ Stoor paffte an seiner Pfeife.
„Ich glaube, ich kann gefahrlos sagen, daß wir jede Menge Zeit zur Verfügung haben“, sagte Tessa. Raim lachte, nickte und hielt seinen Block nebst Bleistift hoch.
„Genau“, sagte Stoor. „Also gut, wir denken uns etwas aus, das Erfolg verspricht. Aber was?“
Varian lächelte. „Gib mir den Block“, sagte er.
Neun
Das neue Kommunikationssystem schien zu funktionieren, aber ihre sonstigen Pläne wollten nicht so recht klappen.
Es schien vielmehr so, daß die vier Menschen ein integrierter Faktor in einem viel weitreichenderen Plan waren, einem Plan, der ihre unwissentliche Kooperation in einer scheinbar endlosen Reihe von Begegnungen mit seltsamen Persönlichkeiten und Problemsituationen verlangte.
Varian und Tessa stellten eines Morgens beim Erwachen fest, daß sie beide auf eine Insel verschleppt worden waren und dort von einem riesigen menschenähnlichen Wesen gefangengehalten wurden, das nur über ein Auge, mitten auf der Stirn gelegen, verfügte. Diese Illusion, falls es eine war, erwies sich als ernüchternd realistisch. Die Belästigungen und Grausamkeiten des Riesen nahmen kein Ende, bis Varian sich
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