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Zitadelle des Wächters

Zitadelle des Wächters

Titel: Zitadelle des Wächters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas F. Monteleone
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sie mit einer großen Glastasse zurück, die mit einer kräftigen, schwarzen Flüssigkeit gefüllt war. Heißer Dampf wirbelte und stieg von der Kaffeeoberfläche hoch, als Varian die Tasse an den Mund setzte und einen großen Schluck nahm. „Die Nacht ist kühl, kühler als ich angenommen habe. Du hast Glück gehabt, daß ich mich gerade an den Docks aufhielt“, sagte er zu Tessa.
    „Machst du das oft? Alleine dort herumzulaufen?“
    „Nein, aber heute nacht quälte mich ein Gedanke. Der Gedanke an einen seltsamen … Mann, den ich traf, bevor ich nach Mentor segelte. Die Worte dieses Mannes wollen mir, seit ich ihn getroffen habe, nicht mehr aus dem Kopf gehen. Wenn ich am Wasser spazierengehe, kann ich besser nachdenken.“
    Tessa sagte einige Minuten lang gar nichts, und auch die anderen schwiegen. Sie beobachtete Varian, wie er in dem wuchtigen Sessel saß und aus der großen Tasse trank. Er war kein Riese, aber er wirkte durch seine ganze Körperhaltung, durch die Art, wie er sich bewegte und redete, größer als er war. Varian war eine Führernatur, einer der nachdachte, eine wirkliche Anomalität in einer Welt, der es gerade an diesen beiden Eigenschaften zu fehlen schien. Tessa ließ ihre Gedanken weitertreiben zu Themen, die im Moment lebenswichtiger für sie waren. Dann sprach Varian sie an und riß sie aus ihren Grübeleien.
    „Was ist los? Worüber zerbrichst du dir den Kopf?“
    „Oh, ich habe mich gefragt, was nun aus mir werden soll …“ Sie haßte sich im gleichen Moment dafür, das ausgesprochen zu haben. Es ließ sie so erbärmlich hilflos erscheinen, so als unbeholfenes Frauenzimmer. Und, Gott noch mal, wie sehr haßte sie dieses Image.
    „Kannst du kämpfen?“
    „Kämpfen?“
    „Kannst du mit Waffen umgehen?“ Varian wirkte ernst. Er schien nicht der Mann zu sein, der es genoß, andere auf den Arm zu nehmen.
    „Nein, eigentlich nicht.“
    „Verstehst du etwas von der Seefahrt, von der Bedienung der Takelage?“
    Tessa lachte. „Nein, woher denn auch. Eyck ist als Land nicht gerade für seine maritimen Anstrengungen berühmt.“
    Varian zuckte die Achseln. „Es ist nicht für viel berühmt.“
    „Genau, jetzt hast du den richtigen Eindruck von Eyck bekommen. Ich habe nicht in sehr vielen Dingen eine Ausbildung erhalten. Eine Zeitlang habe ich die Schule besucht und wollte Dolmetscherin werden … anscheinend habe ich eine Begabung für Sprachen, aber mein Vater … er hat mich von der Schule genommen, weil ich nach dem Tod meiner Mutter auf der Farm arbeiten sollte. Ich habe versucht, eigenständig weiterzulernen, aber eine große Leuchte bin ich auf diesem Gebiet sicher nicht geworden. Zumindest halte ich mich nicht dafür.“
    „Sprachen, was? Das sind wertvolle Kenntnisse, wenn man sie beherrscht, obwohl jeder G’rdellianisch sprechen kann.“
    „Nesporanisch und Avestesisch sind beinahe Dialekte des G’rdellianischen, denn sie sind dieser Sprache sehr ähnlich. Ich bin davon überzeugt, sie wurzeln alle in einer Sprache. Das gleiche gilt für das Odoän, das Scorpinneskisch und das Shudrisch – alle entstammen der gleichen Sprache, da bin ich mir sicher.“
    Varian nickte. „Ich verstehe auch hier und da ein paar Brocken, und ich komme sehr viel herum. Aber ich weiß, was sie bedeuten.“ Er hielt einen Moment inne und zündete sich die Pfeife an. Dann fragte er: „Und wie wäre es als Aushilfe in der Kombüse? Das würdest du doch können, oder?“
    „Kochen? Na klar, mein Vater …“ Sie sprach nicht mehr weiter. Die Erinnerung an diesen gemeinen alten Bock ließ sie innerlich erschauern. „Warum fragst du danach?“
    „Du kannst nicht dorthin zurück, wo du hergekommen bist. Du hast keine Fähigkeiten, um dir ein eigenes Leben aufzubauen. Du brauchst Hilfe. Alcessa würde dich sicher gerne hier aufnehmen, so lange du das möchtest, und vielleicht könntest du eines Tages auch Arbeit finden oder dich auf einer der hiesigen Universitäten einschreiben. Du befindest dich zumindest in der glücklichen Lage, dich in einer der angenehmsten Städte der Welt aufzuhalten. Du weißt doch, was man allgemein über Eleusynnia sagt: ‚Was immer ein Mann auch begehrt, er kann es in der Stadt des Lichts finden …“
    „, … vom höchsten Ideal bis zur niedrigsten Perversion’“, beendete Tessa den Spruch.
    „Oh, davon hast du also auch schon gehört“, gab Varian lächelnd zurück. „Nun, es stimmt.“
    „Ja, das weiß ich. Ich habe auch schon daran gedacht, in

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