Zitadelle des Wächters
sich auf dem Absatz herum und hatte in einer blitzartigen Bewegung auch schon die Pistole in der Hand – genauso wie der alte Furioso es ihm vor vielen Jahren beigebracht hatte. Er richtete die Waffe auf drei Gestalten, die anmutig im Dickicht unter herbstfarbenen Bäumen standen.
Drei wunderschöne Frauen hielten sich ganz ruhig unter den Bäumen auf und machten den Eindruck, als hätten sie auf ihn gewartet.
„Einen schönen Tag, mein Herr“, sagte eine Frau. „Ich heiße Hera.“ Sie war die größte von den dreien und hatte blaugrüne Augen und kastanienbraunes Haar, das sehr lang, voll und glänzend war. Ihr Gesicht war feingeschnitten und trug ein einladendes Lächeln. Sie war eine wirklich schöne Frau. Hera trug ein langes, praktisch durchsichtiges Gewand, durch das er ihren Körper, erkennen konnte: straff, trotzdem geschmeidig und alles in allem wohlproportioniert.
„Ich heiße Varian Hamer“, sagte er und ließ die Waffe wieder sinken, steckte sie jedoch nicht wieder ein. „Was tut Ihr hier? … Ich dachte … ich glaubte, ich sei allein hier …“
„Das ist doch ganz egal“, sagte Hera. „Wir sind nur hierhergekommen, um Euch um einen kleinen Gefallen zu bitten.“ Hera zeigte auf ihre beiden Begleiterinnen, die jetzt vortraten. Sie beugten zierlich das Haupt und verloren dabei für einen kurzen Moment ihren starren Blick. „Das sind Athene und Aphrodite.“
Varian verbeugte sich vor den Frauen und faßte sie kurz ins Auge. Athenes Haare waren rabenschwarz, und sie trug relativ schwermütige Züge: mandelförmige, braune Augen, eine wohlgebräunte Haut, ein voller, sinnlicher Mund und eine leicht gebogene Nase. Ihre Wangenknochen standen hoch und traten hervor. Sie trug ein ebensolches transparentes Gewand, durch das ihre wogenden Hüften und großen Brustwarzen sichtbar wurden. Aphrodite war zwar nicht weniger aufregend, sah aber ganz anders aus: goldblondes Haar, himmelblaue Augen, lange Wimpern, eine kecke, kurze Nase und ein kleiner, zarter Mund, sanft geschwungen wie der Bogen eines Jägers. Sie trug wie die beiden ersten Frauen ein Gewand, das nichts verheimlichte, und stand ihnen, was die Formen anging, in nichts nach. Tatsächlich konnte sich Varian nicht daran erinnern, jemals zuvor drei Frauen auf einem Fleck gesehen zu haben, die allesamt so perfekt waren und doch so verschiedene Beispiele für weibliche Schönheit darstellten.
„Wir haben ein Problem“, sagte jene, die Athene hieß.
„Ja“, sagte Aphrodite. „Wir waren auf einem Bankett, das einige Freunde von uns gegeben haben …“
Varian wollte sie unterbrechen und sie danach fragen, woher sie kamen, wessen Bankett das gewesen sei und wieso sie hierhergekommen waren … Aber er konnte einfach nichts sagen. Es war so, als hätten sie einen unspürbaren Einfluß auf ihn.
„Und dort gab es eine besondere Aufgabe“, sagte Hera und griff in ihr Gewand, aus dem sie eine hervorragende Skulptur hervorholte – einen goldenen Apfel. Varians Kennerblick war entzückt von der kunstvollen Ausarbeitung des goldenen Apfels, und er hielt Hera für eine Art Zauberin – sie hatte die Skulptur irgendwo in ihrem Gewand getragen, aber dieses war so transparent, so fein und so eng anliegend … wo hatte sie die Skulptur bloß vorher versteckt?
„Eine besondere Aufgabe?“ sagte er schließlich.
„Ja“, sagte Athene. Das dunkle Haar fiel sinnlich über ihr Gesicht. „Die Skulptur wurde mit einer kurzen Nachricht gefunden, die verfügte, daß der Apfel der schönsten Frau auf dem Bankett gebühre.“
„Eigentlich“, sagte Aphrodite, „hieß es dort, der reinsten. Alle beanspruchten die Skulptur für sich, bis in der Endausscheidung nur noch drei übriggeblieben sind.“
„Ich fürchte, da komme ich nicht ganz mit“, sagte Varian. Er hielt immer noch die Pistole in der Hand. Er weigerte sich eigentlich, sie wegzustecken, denn er traute der Geschichte der Frauen nicht so recht – er hielt sie eher für Homologs des Wächters. „Könntet Ihr mir denn vielleicht sagen, was das für ein Bankett war und wo Ihr hergekommen seid? Ich war nicht darauf gefaßt, hier auf jemanden zu treffen, wißt ihr …“
Hera lächelte. „Es war das Bankett vom König Peleus und der Thetis. Natürlich hat es auf dem Olymp stattgefunden. Aber wir haben wenig Zeit und erbitten Eure Hilfe.“
„Ja, das tun wir“, sagten Athene und Aphrodite gleichzeitig.
Varian war verwirrt, und irgendwie hatten die Frauen ihn eingeschüchtert. Er hatte
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