Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
Vom Netzwerk:
Maria kaum in die Augen sehen können, als sie sie damals gefragt hatte, ob sie für sie Hüte dekorieren wollte. »War es wirklich Mira, die Ihnen meinen Namen genannt hat?«, hatte sie mehrmals gefragt. Die Tatsache, dass ausgerechnet Mirabella sie empfohlen hatte, schien sie noch mehr zu faszinieren als die Aussicht auf eine neue Beschäftigung. Es war ja auch wirklich nicht nachvollziehbar, Mirabella und Hilde waren so unterschiedlich. Mirabella so kühl und beherrscht und Hilde ein angstschwitzendes Nervenbündel.
    Die Arbeit hatte Hilde jedoch vollkommen verändert. Mit jedem Hut und jedem Schmuckstück, das ihr gelungen war, hatte sie an Selbstvertrauen gewonnen, und jetzt war sie es, die die verschüchterte Elfie anwies und anleitete und ihr gut zusprach, wenn sie sich eine Sache nicht zutraute.
    Meine Mädchen, dachte Maria mit einem gewissen Stolz. Dann aber fiel ihr wieder ein, dass Hilde und Elfie eben nicht ihre Mädchen waren, sondern nur ihre Angestellten. Mirabella war ihr Mädchen, und Mirabella verachtete sie.
     
    Sie war schon auf dem Nachhauseweg, als sie sich an die Verabredung erinnerte. Am Morgen hatte Gudrun angerufen, nicht bei Maria, die kein Telefon hatte, sondern im Goldenen Krug auf der anderen Straßenseite. Gudrun rief immer im Goldenen Krug an, wenn sie Maria sprechen wollte. Dem Wirt passte das nicht, hinterher schimpfte und tobte er immer. »Ich bin kein Fernsprechamt, und das muss endlich aufhören. Sagen Sie das Ihrer Bekannten.« Aber beim nächsten Anruf schickte er doch wieder nach Maria.
    »Ich muss dich sprechen«, hatte Gudrun gesagt. »Ich muss dich etwas fragen.« Doch dann war der Vertreter von Tietz gekommen und hatte seine bisherigen Bestellungen fast verdoppelt,und die angelieferten Glasperlen waren die falschen. Zu allem Überfluss hatte Elfie einen fertig gepackten Karton vom Tisch gestoßen, und danach war sie so außer sich über das Missgeschick, dass sie stundenlang überhaupt nichts mehr zustande brachte. Und zum Schluss der Brief in der Manteltasche. Darüber hatte sie Gudrun ganz vergessen.
    Ob sie noch im Salon war? Es war gerade einmal acht, und Gudrun arbeitete meist bis tief in die Nacht hinein. Sie würde zu Fuß in die Hohe Straße gehen, beschloss Maria. Der Abend war mild und trocken, und die frische Luft würde ihr gut tun.
    Die Malzfabrik Ruthemeyer & Söhne auf der Cavallerie-Straße war die Grenze. Davor drängten sich die Mietskasernen eng und grau und bescheiden aneinander, dahinter nahmen die Häuser Haltung an und präsentierten ihre frisch verputzten Fassaden mit Stolz und Selbstbewusstsein. Davor empfand man den süßen Malzgeruch als frisch und appetitlich, dahinter roch er billig, künstlich, durch und durch fehl am Platze. Lange würde es die Malzfabrik hier bestimmt nicht mehr geben, dachte Maria, die einflussreichen Anwohner würden bald durchsetzen, dass die Produktion in ein weniger elegantes Stadtviertel verlegt wurde.
    »Da bist du ja schon«, sagte Gudrun, als sie die Tür öffnete. Sie hatte ein Maßband um den Hals geschlungen wie eine lange Halskette, an ihrem Handgelenk trug sie ein Nadelkissen. »Ich habe noch eine Kundin zur Anprobe hier, aber sie geht gleich. Setz dich, ich komme sofort.«
    Maria nahm auf einem samtbezogenen Stuhl Platz, während Gudrun im Hinterzimmer verschwand. Als sie die Tür öffnete, drang ein Schwall warmer Luft in den Vorraum. Durch den Türspalt sah Maria eine dicke Dame, sie trug ein weißes Mieder, aus dem ihre roten Oberarme und Schenkel hervorquollen, und wirkte ungeduldig.
    »Ich mache uns einen Drink«, sagte Gudrun, als die Dame gegangen war. Sie warf Oliven in zwei Gläser und schüttete Gin darüber. Einen Schuss Vermouth. Dann zündete sie sich eine Zigarette an.
    »Das Geschäft scheint gut zu gehen.« Maria stellte ihren Cocktail zur Seite. Martini war ihr zu ölig und süß, sie hätte lieber ein Glas Wein getrunken, aber Gudrun trank keinen Wein, höchstens Champagner.
    »Es ist kaum noch zu bewältigen. Iris … Frau Pressmann hat mich so erfolgreich in ihrem Kreis eingeführt, dass mir die Damen nun förmlich die Türe einrennen. Ich komme kaum noch nach mit der Arbeit.«
    »Bei uns ist es dasselbe. Ich suche dringend ein weiteres Mädchen, das mir zur Hand geht.«
    Gudrun nickte und runzelte die Stirn, als dächte sie darüber nach, wer dafür in Frage käme, aber dann wechselte sie das Thema. »Es ist gut, dass du gekommen bist«, sagte sie. »Ich wollte dich etwas fragen.«
    Maria

Weitere Kostenlose Bücher