Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
Vom Netzwerk:
ihre Bluse auf und ihr Mieder, sie hörte ihn stöhnen, aber vielleicht war sie es auch selbst, die stöhnte. Sie dachte nicht mehr an Vater, Mutter, Geschwister, sie hätte alles mit sich machen lassen, aber er ließ plötzlich von ihr ab. Er zog seine Hände aus ihrer Bluse und war weg.
    Sie traf ihn in derselben Nacht in einer Scheuer hinter der Stöckenburg, und in der nächsten Nacht noch einmal und zwei Nächte darauf wieder. Sie war voller Begierde und ohne Hintergedanken. Ihren Plan dachte sie sich erst später aus, einige Monate, nachdem sie sich kennengelernt hatten.
    Als sie das erste Mal zu ihm kam, lag er im Heu, das bereits leicht faulig roch, weil es aus dem letzten Sommer war. Sie zogsich langsam vor ihm aus, alles, das Kleid und die Strümpfe, das Mieder und den Unterrock, dabei sah sie ihn an und spürte seine Augen auf ihrem Körper. Erst als sie ganz nackt war, ging sie zu ihm, und dieses Mal war sein Lächeln nicht spöttisch und herablassend, sondern nervös.
    Er musste sie zu nichts zwingen, sie gab ihm alles freiwillig.
    Nach dieser ersten Nacht war er verrückt nach ihr. Wenn sie sich zufällig irgendwo trafen, im Städtle, auf dem Markt, in der Kirche, dann saugten sich seine Blicke so gierig an ihr fest, dass sie Angst bekam, alle würden es mitbekommen. Aber niemand bemerkte etwas, nicht einmal ihr Vater.
    Es war viel mehr zwischen ihnen als Leidenschaft und Begehren. Er liebte sie, und sie liebte ihn. Nur deshalb kam sie auf diesen dummen Plan.
    Sie wussten beide, dass ihre Geschichte keine Zukunft hatte. Er war fünfundzwanzig und der Sohn eines Großbauern, sie war siebzehn und die Tochter eines Pächters. Er brauchte eine Frau, die zu ihm passte. Statt sich also mit ihr zu verloben, traf er sie weiterhin heimlich und schlief mit ihr. Danach schlich sie wieder zurück zum Hof und kroch auf Zehenspitzen in ihr Bett, damit ihr Vater nichts mitbekam und sie grün und blau schlug.
    Du willst mich und ich will dich, dachte Maria. Und wenn du dich nicht traust, mich zu nehmen, dann muss ich dir eben helfen.
    Sie wusste genau, welche Tage die gefährlichen waren, also quälte sie ihn vorher eine Woche lang mit Ausflüchten, dann traf sie sich mit ihm. Danach war sie schwanger.
    Sie teilte es ihm im August mit, er zog sich gerade die Hose an, und sie hakte ihre Strümpfe an den Strumpfbändern fest, denn es war eine kühle Nacht. »Ich erwarte ein Kind von dir«, sagte sie.
    Er war so erschrocken, dass ihm die Worte fehlten. Er setzte sich auf einen Holzbalken und schüttelte den Kopf, immer wieder. »Wie konnte das nur …«, stammelte er. »Warum habe ich bloß …«
    Sie zog ihr Mieder über der Brust zusammen und fühlte sich plötzlich nicht mehr verführerisch. Ihr war kalt. Sie wollte zu ihm gehen, aber sie wusste, dass er sie jetzt nicht wollte, also blieb sie stehen.
    »Es war zu erwarten«, sagte er nach einer Weile. »Keine Angst, ich lasse dich nicht im Stich.« Seine Stimme klang dabei aber nicht liebevoll, sondern mühevoll beherrscht. Das hast du dir also so gedacht, sagte sein Blick. Sie berührten sich nicht, als sie sich voneinander verabschiedeten.
    Ein paar Tage später begann Maria zu bluten. Mitten in der Nacht wachte sie auf, weil ihr Leib sich zusammenzog, dann spürte sie die warme Lache zwischen ihren Beinen. Sie kroch auf allen vieren zur Kommode und holte zwei Laken, die sie zwischen ihre Schenkel legte. In Sekunden sogen sie sich voll mit dickem roten Blut, sie wrang sie über einem Eimer aus und benutzte sie von neuem. Fremde, heiße Finger wühlten in ihrem Leib und suchten nach dem Kind, und als sie es endlich fanden, rissen sie es aus ihr heraus. Das Blut floss lautlos, und sie biss sich in ihre Hand, um nicht laut zu loszuheulen.
    Mit dem Morgengrauen war alles vorbei. Er war sehr ruhig und erleichtert, als sie es ihm sagte. Danach trafen sie sich niemals wieder.
    Manchmal begegneten sie sich natürlich zufällig, wie jetzt, da er ihr im Zirkuszelt gegenübersaß. Aber dann wichen sich ihre Blicke aus.
    »’ochvärrärtes Publikum«, tönte der Zirkusdirektor nun wieder. Die Pferde waren längst aus der Manege getrabt. Auch die Pudel, die Luftakrobaten und die Spaßmacher mit ihren großen Schuhen hatten ihre Auftritte beendet. »Ich prräsäntierrre Ihnän nun … Meistärr Nicolas und Madame Argent!« Glaubte man der Ankündigung des Direktors, so war der Mann mit dem hohen schwarzen Hut auf dem Kopf, der jetzt mit seiner Gehilfin unter Applaus und

Weitere Kostenlose Bücher