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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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schon erzählt.«
    »Ja, nun«, meinte er. »Aber so ein Fresko …«
    »Sie meinen, das könnte ich nicht schaffen?« Obwohl er die Augen auf seine Kaffeetasse gesenkt hatte, spürte er ihren forschenden Blick in seinem ganzen Körper. »Vielleicht haben Sie recht. Immerhin war mein Vater der gleichen Ansicht. Lass das mal einen richtigen Künstler machen, Lillylein.« Ihre Tasse klirrte hell, als sie sie zurück auf die Untertasse stellte. Schwarzer Kaffee schwappte über den Rand und sammelte sich in einem glänzenden See auf dem Unterteller.
    »Ich wollte Sie nicht kränken«, sagte er. »Verzeihen Sie mir bitte die dumme Äußerung.« Er hatte seine Tasse ausgetrunken,während sie gerade einmal einen kleinen Schluck genommen hatte.
    »Es ist schon recht. Aber wenn es Sie nicht stört, dann würde ich gerne hier bleiben und Ihnen bei der Arbeit zusehen. Ich kann gewiss noch etwas lernen.«
    »Sicher«, sagte er und stand dabei auf, aber es war eine Lüge. Es störte ihn doch, es irritierte ihn zutiefst, wenn sie ihm bei der Arbeit zusah. Er wusste, dass er sich nicht richtig konzentrieren konnte, wenn sie da saß und ihn anschaute, ihre rätselhaften, lauernden Katzenaugen auf seinen Händen und nicht nur auf seinen Händen, er spürte es ganz genau, dass sie nicht nur auf seine Hände schaute.
    »Es ist aber ein langweiliges Geschäft, das ich heute vor mir habe. Das Übertragen der Rasterpunkte auf die Wand«, meinte er, während er wieder auf die Leiter stieg.
    »Es ist nicht langweilig, wenn Sie es machen«, sagte Lilly, und obwohl er sie dabei nicht ansah, hatte er den Eindruck, dass sich ihr langer geschmeidiger Körper langsam dehnte – wie ein Raubtier vor dem Sprung.
     
    Sie blieb bis zum Mittagessen, danach hatte sie ihre Gesangsstunde, und später ging sie aus. Aber am nächsten Morgen war sie wieder da. Sie trug ein schwingendes weißes Kleid, das den runden Ansatz ihrer Brüste zeigte und ihre Knöchel, wie ein Bauernmädchen, nur sehr viel raffinierter. Sie setzte sich an den runden Tisch am Fenster, und die Morgensonne malte goldgelbe Flecken und Kreise auf ihr kurzes blondes Haar.
    Er stieg auf die Leiter und drehte ihr den Rücken zu. Sollte sie ihm doch zuschauen, was kümmerte es ihn, sie interessierte ihn nicht, redete er sich selbst zu, wider seine innersten Gefühle.
    Er hatte so viele Frauen gehabt. In den dreizehn Monaten, die er nach der Trennung von Maria in Paris verbracht hatte, hatte er kaum eine Nacht allein geschlafen. Er hatte sie nie richtig verstanden, die kleinen Tänzerinnen, Schauspielerinnen, Barmädchen, die ihn begleiteten, weil er ihnen ein warmesAbendessen spendiert hatte und ein paar Drinks. Sein Französisch war so schlecht, aber das kümmerte ihn nicht, er brauchte es kaum. Die Mädchen, die er mit in seine schmutzige Absteige nahm, wussten auch ohne viele Worte, was er von ihnen wollte. Was sie von ihm wollten, verstand er nicht, aber es war ihm auch egal, nach ein, zwei Nächten sah er sie ohnehin nicht wieder.
    In Berlin wurde es besser. Gleich in seiner ersten Woche hatte er Pechstein kennengelernt, der wie er selbst neu in Berlin gewesen war. Über Pechstein hatte Ludwig auch die anderen getroffen, Kirchner, Heckel, Schmidt-Rottluff, Mueller, und die Dichter und Musiker und Schauspieler, die er immer hatte treffen wollen. Er hatte wieder angefangen zu malen. Hin und wieder ging er mit einer Mary oder Mimi oder Mitzi nach Hause oder nahm sie mit zu sich. Aber egal, ob sie bei ihm waren oder nicht, immer dachte er an Maria, bevor er einschlief.
    Ansonsten entglitt sie ihm immer mehr. Weil er sie wieder und wieder malte, konnte er sich ihre Gestalt, auch ihr Gesicht, ins Gedächtnis rufen, wann immer er wollte. Er legte sie auf sein Bett, wenn ihm danach war, setzte sie auf den Sessel am Kamin oder an eine Bar, oder er stellte sie im Theater zu den anderen Schauspielern auf die Bühne. Irgendwann jedoch war er sich nicht mehr sicher, ob es die Erinnerung an eine reale Person war oder eine Einbildung. Eines Tages würde ihm nur noch der Name bleiben: Maria.
    »Woran denken Sie, wenn Sie malen?«, fragte Lilly. Als ob sie es gespürt hätte, dass er es zum ersten Mal geschafft hatte, ihre Gegenwart zu vergessen.
    »An nichts«, gab er zurück und erschrak selbst ein wenig darüber, wie unfreundlich seine Stimme klang. Immerhin war sie die Tochter seines Auftraggebers, und Castenow zahlte gut.
    Sie lachte ihr seltsames, ein wenig raues Lachen, das so gar nicht zu

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