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Zitronen im Mondschein

Zitronen im Mondschein

Titel: Zitronen im Mondschein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mayer Gina
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dirversichern. Er wird die gesamte Summe zurückhalten, und mit Recht. Wer weiß, vielleicht hast du sie am Ende geschwängert, und es muss weggemacht werden.«
    Ludwig atmete tief ein und aus, er schloss die Augen und versuchte die rote Wut zurückzudrängen, die ihm in den Kopf gestiegen war und alles ausfüllte, so dass er keinen klaren Gedanken mehr fassen konnte. Er musste sich zusammenreißen, damit er am Ende nicht noch handgreiflich wurde. Dieser verdammte Bengel, dachte er, er war ihm von Anfang an zuwider gewesen. Aber das Schlimmste war, dass der Kerl recht hatte. Ludwig würde tatsächlich keinen Pfennig von Castenow erhalten, wenn die Sache herauskam. Es gab keinen Vertrag, keine Verpflichtung, nichts Bindendes.
    »Geh zum Teufel!«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
    Er drückte die Türklinke nach unten, aber im letzten Moment hielt ihn Castenow zurück. »Halt, warte noch!« Es war derselbe herrische Ton wie bei seiner Schwester. Widerwillig hielt Ludwig inne.
    »Ich wäre unter gewissen Umständen bereit, mit mir reden zu lassen«, sagte Louis leise.
    »Was willst du denn? Nun rede doch!«, fuhr ihn Ludwig an.
    »Die Hälfte des Geldes gehört mir. Und versuch nicht, mich übers Ohr zu hauen, ich weiß, welchen Betrag ihr ausgemacht habt.«
    »Was?« Ludwig schüttelte den Kopf. »Ich verstehe kein Wort!«
    »Ich bekomme meinen Anteil von deinem Lohn, und meine Lippen sind versiegelt. Der Alte erfährt kein Wort.«
    »Du erbärmlicher Dreckskerl …« Ludwig wollte nun wirklich auf ihn losgehen, aber Louis trat einen Schritt zurück und hob die Hände.
    »Lass es dir erst einmal durch den Kopf gehen, bevor du mich niederschlägst. Immerhin gewinnen wir so beide. Und meine Schwester wird es dir gewiss danken. Auch wenn die Schweinerei natürlich aufhören muss – das versteht sich.«
    Ludwigs Gedanken rasten. Wenn ich ein echter Kerl wäre, würde ich ihn ohrfeigen und dann stehen lassen, dachte er, ich würde dieses Haus verlassen und niemals wiederkommen. Ich hätte den Auftrag überhaupt nicht annehmen sollen, ich hätte mit Pechstein zur Südsee fahren sollen. Aber nun habe ich es doch getan, und es war harte Arbeit, und ich brauche das Geld. Mit der Miete bin ich zwei Monate im Rückstand, und wenn ich nicht etwas auf die hohe Kante lege, dann werde ich im nächsten Winter genauso erbärmlich frieren wie im letzten. Hol’s der Teufel, dachte er, ich gebe ihm, was er will, und vergesse die Sache so schnell wie möglich.
    Er hob den Kopf und begegnete dem hellblauen Blick des jungen Mannes. »Wenn ich abgerechnet habe, bekommst du deinen Teil.«
    »Siehst du, das lobe ich mir. Du bist doch ein einsichtiger Bursche.« Der junge Castenow lachte hell und fröhlich, es klang wie das Lachen eines jungen Mädchens.
    Ludwig ballte seine Hände zu Fäusten, aber weil sie in den Hosentaschen steckten, konnte Castenow es nicht einmal sehen.
     
    Am 4. August 1914 erklärte England Deutschland den Krieg. Zuvor hatte Österreich-Ungarn den Krieg gegen Serbien eröffnet, woraufhin sich Russland und Frankreich auf die Seite der Serben stellten und Deutschland für Österreich-Ungarn Partei ergriff.
    Der Kontinentalkrieg, den so viele so lange erwartet, befürchtet, herbeigesehnt hatten, war da.
    Ludwig bekam am Morgen seine 1200 Mark von dem alten Castenow ausgehändigt, 600 Mark steckte er dem jungen Castenow zu, als dieser ihm wie zufällig im Flur begegnete. Im Entree traf er auf Lilly in Begleitung eines älteren Herrn. Er hatte den Arm um ihre Taille gelegt, seine Hand lag auf ihrer Hüfte. Sie trug flache Sandaletten, dadurch war sie genauso groß wie er, mit ihren üblichen hohen Schuhen hätte sie ihn ein Stück überragt.
    »Ludwig«, flötete sie erfreut und streckte ihm die Hand hin. »Darf ich dir meinen Verlobten vorstellen. Cordt von Waldesruh. Cordt, das ist Ludwig Wunder, der Künstler, der diese herrlichen Fresken angefertigt hat.«
    »Sehr angenehm«, sagte der Mann, dessen Kopfhaut rosa durch die dünnen Haare schimmerte. Er blinzelte Ludwig ein wenig misstrauisch an. Tränensäcke, stellte Ludwig fest, sie hat sich einen Kerl mit Tränensäcken ausgesucht. Er muss sehr reich sein, das ist die einzig mögliche Erklärung.
    »Vielleicht können wir Herrn Wunder auch in unserem Haus tätig werden lassen?«, überlegte Lilly, während sich die Männer die Hände schüttelten. »Wir werden nämlich ebenfalls in Charlottenburg bauen«, fügte sie erklärend hinzu und lächelte

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