ZITRONENLIMONADE (German Edition)
zu
erinnern, die ich früher leidenschaftlich gerne gemacht hatte und jetzt nicht
mehr tun konnte. Ich versuchte. meine melancholische Stimmung abzuschütteln -
immerhin war ich zuhause!
Aber
als wir mit dem Aufzug oben angekommen waren und Mark unsere Wohnungstür
aufschloss, kam ich mir wieder wie im falschen Film gelandet vor. Ich stand mit
meinem Rollstuhl im Türrahmen und blickte auf unser makelloses Wohnzimmer mit
den schwarzen Rolf-Benz-Möbeln, die um einen niedrigen asymmetrisch geformten
weißen Carrara - Marmortisch herum angeordnet waren, auf die niedrigen
Sideboards, über denen zwei Andy-Warhol-Drucke an der weißgekalkten Wand hingen,
und unsere chromglänzende Bulthaupt- Küchenzeile, die nur durch eine
schwarzweiße Theke mit dazu passenden hohen Barhockern (tja, auf die würde ich
zumindest die nächste Zeit nicht sitzen können, da käme ich gar nicht erst hoch) vom Wohnbereich getrennt war. Hinter dem
dreieckigen offenen Kamin schlängelte sich die filigran wirkende Wendeltreppe
aus Stahl und ohne Geländer nach oben zur Galerie. Ich hätte unseren Innenarchitekten und auch mich
selbst ohrfeigen können. Schon jemand, der sich lediglich das Bein gebrochen hatte,
käme diese Treppe niemals hoch. Alles wirkte edel, makellos und…unpersönlich.
Steril und kalt war der richtige Ausdruck! Und die gesamte Einrichtung war absolut behindertenuntauglich! Nur auf Show und schönen Schein ausgerichtet.Komisch,
bisher hatte ich diese Wohnung als mein und Marks Zuhause betrachtet. Ich hatte
sie als stylish und sehr geschmackvoll empfunden. Jetzt jedoch fragte ich mich
insgeheim, wie eine Wohnung aussähe, die ich alleine eingerichtet hätte. Auf
jeden Fall gemütlicher und weniger kühl als diese hier. Mark hatte eine sehr
subtile aber nachhaltige Art, andere in seinem Sinn zu beeinflussen…
Er
riss mich aus meinen kritischen Betrachtungen.
"
Willst du nicht reinkommen? Ich habe extra unsere Putzfee vorgestern kommen
lassen, damit alles sauber ist." Ich rollte langsam durch das Zimmer,
wobei ich immer wieder vorsichtig um Möbelecken oder Teppichkanten herum
manövrierte, bis hin zu der großen Glasschiebetür, die auf unsere weitläufige
Dachterrasse hinausführte. Der graue Himmel sowie der strömende Regen
verschleierten die Sicht auf die Münchener Innenstadt völlig. Unsere Korbmöbel
waren unter einer Plane verborgen und die Pflanzkübel mit den durchgängig
winterharten und pflegeleichten Buchspflanzen wirkten langweilig und trostlos.
Warum hatte ich hier keine blühenden Blumen, Wannen mit Wildgrasmischung oder
Kräutern gepflanzt, die diesen Dachgarten beleben würden? Weil ich bisher nie
der Gartentyp mit dem grünen Daumen war und auch gar nicht auf die Idee
gekommen wäre, meine Zeit mit Gärtnern zu vergeuden, gab ich mir selbst die
Antwort. Für Mark und mich standen unsere Jobs völlig im Vordergrund. Bei ihm
war es immer noch so, aber ich wie ich feststellte, hatte ich mich durch meine
Krankheit nicht nur körperlich verändert.
Ich hätte diese Vorzeigewohnung sofort gegen
das Haus von Sabine eingetauscht, auch wenn dort immer ein gewisses Chaos
herrschte. Sie und Alex waren auch geschmackvoll eingerichtet, aber überall lagen
Kinderklamotten, Spielzeug oder Zeitschriften herum. Am Kühlschrank klebten
Kinderzeichnungen und im Wohnzimmer prangte eine riesige Fotowand mit
Familienbildern. Im Frühjahr und Sommer war ihr Garten ein üppiges Blumenmeer. Man
sah wenigstens, dass dort Menschen wohnten und lebten und dass sie sich
wohlfühlten!
Mark
kramte während meiner philosophischen stummen Betrachtungen im Kühlschrank und
kehrte mit einer Flasche Champagner sowie zwei langstieligen Gläsern an den
Couchtisch zurück. "So, jetzt trinken wir erst mal auf deine vorläufige
Rückkehr!" Schwungvoll entkorkte er den edlen Tropfen, schenkte ein und
reichte mir mein Glas.
Ich
zögerte, bevor ich es entgegennahm. "Mark, würde es dir was ausmachen, mir
zu helfen, dass ich mich auf einen der Sessel umsetzen kann? Ich sitze so
ungern in diesem Rollstuhl, vor allem hier zuhause."
Ich
hatte meinen Stuhl bereits vor einen der - überaus niedrig erscheinenden -
Sessel platziert und Mark half mir beim Umsetzen, nachdem er mein Champagnerglas auf dem Tisch abgestellt hatte.
Es war alles so verdammt kompliziert und mühsam und ich fasste es immer noch
nicht, dass ich mich nicht einfach wie alle anderen frei bewegen konnte,
sondern ständig Hilfe brauchte. Als ich saß, wäre ich
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