ZITRONENLIMONADE (German Edition)
als sie mich breit grinsen sah. " Hey, was freut dich denn
so?" Ich erzählte ihr immer noch lachend von der gepiercten Mutter und
ihrer coolen Tochter und sie lachte mit. Als wir beide an der langen Schlange
bei den Kassen anstanden, konnte ich ihr die beiden leibhaftig zeigen. Sabine
war angesichts der schrillen Mutter fassungslos.
"
Ich glaube, Sandra würde mich einweisen lassen, wenn ich so rumlaufen würde.
Und ich bin deutlich jünger als die da!" japste sie.
Nachdem
wir endlich Sandras Jeans bezahlt hatten, verließen wir das Kaufhaus, denn
Sabine wollte unbedingt noch zu ihrem Lieblingsschuhladen. Sie war genauso ein
Schuh-Junkie wie ich. Das heißt, ich war ein Schuhjunkie gewesen, momentan
konnte ich froh sein, wenigstens mit meinen
Baseballklettverschluss-Stiefeletten einigermaßen klar zu kommen. Erneut stellte
mich seitlich der vollgepfropften Schuhregale mit der Wand im Rücken hin, um in
dem hektischen Getümmel, welches in dem Geschäft herrschte, niemandem im Weg zu
stehen. Wehmütig sah ich zu, wie die Frauen rings um mich herum Schuhe in allen
Farben, Formen und Absatzhöhen anprobierten, sich prüfend im Spiegel betrachteten
und auf und ab schritten. Die gestressten Verkäuferinnen liefen emsig mit
Schuhkartons hin- und her. Wieder schüttelte mich der blanke Neid.
Mitten
in diesem Schuhgeschäft kam ich mir vor, als wäre ich hier, relativ unbeweglich
in meinem rollenden Stuhl, auf einem anderen Stern. Weit weg von all diesen
Frauen, für die es augenblicklich nichts Wichtigeres gab als ein neues Paar
Schuhe zu erstehen. Ich fühlte mich wie ein Kind, dass sich vor dem
Süßwarenladenschaufenster die Nase platt drückte.
Zum
Glück waren sie alle so mit sich beschäftigt, dass mich keine sonderlich
beachtete, ich war sozusagen unsichtbar…Und mir kam der geradezu ketzerische
Gedanke, dass es im Leben wahrlich Wichtigeres gibt, als ein Paar Schuhe, eine
Designertasche oder ein Stück aus dem angesagtesten Modelabel zu erstehen.
Hilfe, was war mit mir los? War ich jetzt auf dem Weg, erleuchtet zu werden?
Oder hatte es was mit der Fabel mit dem Fuchs und den Trauben zu tun? Um sich
nicht eingestehen zu müssen, dass er die Trauben nicht erreichen kann,
behauptet der Fuchs, sie gar nicht erreichen zu wollen, weil sie ihm angeblich
zu sauer sind. Lag meine mangelnde Begeisterung für Klamotten und Schuhe darin
begründet, dass ich momentan nicht in der Lage war, diese entsprechend zu
tragen? Ich stellte mir ein top gestyltes Model im Rollstuhl vor. Als dieses
vor meinem geistigen Auge über einen Catwalk rollte, wurde mir klar, dass hohe
Schuhe und schicke Klamotten Bewegung brauchen, um wirken zu können.
Modenschauen laufen ja immer unter fetziger Musikbegleitung und schwungvoller
Gangart der Models ab. Heidi Klum trimmte ihre Mädels nicht umsonst in ihrer
Show gnadenlos dazu, auf Highheels und im langen Kleid perfekt eine Treppe
herunter schreiten zu können…Meine jetzige mangelnde Begeisterung für Mode war
wohl eine Mischung daraus, dass ich das Zeug nicht entsprechend tragen konnte,
und aus der Erkenntnis, dass ich im letzten Vierteljahr auf harte Tour lernen
musste, das Gesundheit tatsächlich das höchste Gut im Leben ist.
Auch
wenn dieser Spruch normalerweise eher
von Leuten jenseits der Fünfzig zu hören ist! Aber ich war nicht so vermessen,
mir einzubilden, dass diese hehren Erkenntnisse auch nur eine der hier
anwesenden Damen sonderlich beeindrucken würden! Für die bestand das höchste
Glück momentan darin, ihre Schuhe in der richtigen Größe zu finden, so wie
Sabine, die freudestrahlend in einem Paar dunkelblauer Peeptoes mit
Zehn-Zentimeter-Absätzen auf mich zu balancierte. " Wie findest du die?
Die passen genau zu meinem blauen Bleistiftrock von Marc Cain, den ich mir
kürzlich zugelegt habe!" Die Schuhe waren wirklich toll und betonten Sabines schlanke Fesseln. "Die
sehen klasse aus, geh´zur Kasse und bezahle sie, bevor sie sich jemand anderes
krallt!"
Unsicher
kam sie näher auf mich zu. "Chris, willst du auch noch ein bisschen
gucken? Ich kann dich zum Regal mit deiner Größe fahren?" Ich lachte und
streckte meinen linken Fuß mit dem klobigen weißen Knöchelturnschuh nach vorn. " Also ich denke, dass ich
keine eleganteren Schuhe als diese finden könnte. Nein danke, geh du zur Kasse
und kauf deine Traumschuhe!"
Mittlerweile
war es nachmittags, zwei Uhr vorbei. Als wir wieder auf der Straße standen,
fragte ich Sabine, ob sie noch irgendetwas
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