ZITRONENLIMONADE (German Edition)
ich ihre volle Unterstützung.
"
Okay, Frau Salten, dann probieren wir es doch mal mit einem Hemistock, ich
unterstütze sie auf Ihrer betroffenen Seite", schlug sie vor und schon
stand ich an einem der Barrengestelle und hielt mich krampfhaft fest, während
sie diesen "Hirtenstab" holte. Sie drückte mir den in meine linke
Hand. " So, mit dem stützen sie sich jetzt bei jedem Schritt auf, ich
halte Sie an der rechten Seite." Das klang in der Theorie leicht, aber
durch meine massiven Gleichgewichtsstörungen war es mir auch mit ihrer
Unterstützung nicht möglich, einen richtigen Schritt zu machen. Sobald ich mich
nur noch auf diesen instabilen schwankenden Stab stützte, drehte sich in meinem
Kopf alles, die Sicht verschwamm mir vor Augen und ich ging fast zu Boden.
Schnell ließ mich Lisa wieder in den neben mir stehenden Rollstuhl gleiten und
ich wollte schon in Trübsal versinken, dass ich es vermasselt und Peter doch Recht gehabt hatte. Aber seine
Kollegin schmiss die Flinte nicht so schnell ins Korn.
"
Hm, das mit dem Stock ist noch zu früh. Aber trauen Sie sich, zwischen den
Barren zu üben? Da haben Sie auf beiden Seiten festen Halt." Freudig nickte
ich. Klar, das hatte ich ja bei Peter auch schon gemacht, nur viel zu selten! Lisa
hielt sich nicht mit Fußmassagen auf, sie half mir wieder in die Senkrechte,
indem sie meinen Rollstuhl direkt an die zwei Barren hinstellte und mich
aufforderte, so gut wie möglich allein aufzustehen. Mühsam und mit ihrer
Unterstützung schaffte ich es. Der Trick beim Aufstehen, so verriet sie mir,
war der, sich noch im Sitzen möglichst weit nach vorn zu beugen, solange bis
sich der Schwerpunkt - sprich das Gesäß - so verlagerte, dass man fast nicht mehr anders konnte, als sich mit den
Oberschenkeln hochzustemmen. Da mir
allerdings noch die nötige Kraft in den Beinen fehlte, zog ich mich zusätzlich
mit den Armen hoch.
Nach
ein paar Mal üben ging das Aufstehen, natürlich nur mit Festhalten und
Hochziehen, schon ganz gut und Lisa ließ mich mehrfach zwischen den Barren auf
- und ablaufen, während sie mir Anweisungen gab.
"
Den betroffenen Fuß niemals aus der Hüfte hochziehen, das sieht komisch aus und
gibt später massive Hüftprobleme. Nur ganz locker ab dem Kniegelenk nach vorne
fallen lassen!" Es war unglaublich,
was man beim normalen Gehen alles gleichzeitig beachten musste. Alles, was
einem sonst vom Unterbewusstsein mühelos vorgegeben wird, muss jemand, der gehen
lernen möchte, bewusst und gleichzeitig beachten. Dazu gehörte, wie ich begriff,
dieses "Nach-Vorne-Fallen lassen" aus dem Knie heraus ebenso wie die
richtige Schrittlänge und später das Abrollen des Fußes. Weil mein Fuß - wie
mir Lisa erklärte - dadurch dass die Muskulatur ungleichmäßig funktionierte, an
der Innenkante mehr als an der Außenkante durch eine Spastik ständig nach innen
gezogen wurde und ständig umknickte, verpasste sie mir noch in dieser Stunde
eine sogenannte Aircast-Schiene, die den Knöchelbereich zusammen mit meinen
Schuhen stabilisierte und unter meiner Jogginghose nicht sichtbar war. Es half
tatsächlich, ich stand viel sicherer und meine Bänder waren vor Überdehnung
geschützt. Und ich durfte heute sogar statt zwanzig Minuten volle vierzig
Minuten üben, denn Lisa erklärte mir, dass derjenige, der nach mir dran gewesen
wäre, sich über Ostern eine Grippe eingefangen hatte und sie deshalb mit mir
weiter üben könnte, wenn ich das wollte. Natürlich war ich sofort einverstanden
und weil sie so kooperativ war, wagte ich es auch gleich, nachzufragen, ob ich
denn nicht zusätzlich zur Physiotherapie noch Krafttraining im Trainingsraum
machen dürfte.
" Wissen Sie was, Frau Salten, ich rede
darüber gleich heute Abend bei der Teambesprechung mit dem Stationsarzt. Wenn
der einverstanden ist, wovon ich überzeugt bin, gehen wir morgen in den
Kraftraum und ich zeige Ihnen ein paar Übungen. Es ist immer eine Aufsicht dort
im Raum, der- oder diejenige wird Ihnen auch gerne helfen, wenn Sie etwas allein
nicht schaffen!"
Innerlich jauchzend verließ ich nach der
Stunde den Therapieraum. Schön für Peter und vor allem für mich, dass er
geschult wurde! Und dass ich endlich wieder jemanden gefunden hatte, der meine
Motivation unterstützte, anstatt sie auszubremsen! Da ich mittlerweile gelernt
hatte, wie ich mittels Armkraft und Anschieben mit dem linken Fuß im Rollstuhl
schnell vorwärts kam, flitzte ich flott durch den langen verglasten Gang,
Weitere Kostenlose Bücher