ZITRONENLIMONADE (German Edition)
hin, dass
ich für den Rest meines Reha-Aufenthalts Frau Dörflinger als Therapeutin
behalten durfte, sicherte mir der Cheftherapeut, der die Einteilungen vornahm,
zu, sich darum zu kümmern.
"Wir
sind immer bestrebt, dass das persönliche Verhältnis zwischen Therapeut und
Patient stimmt, ansonsten werden wenig Fortschritte erzielt", sagte er.
"Und was Peter angeht, der gibt sein Bestes, hat aber erst vor kurzem von
Masseur auf Physiotherapeut umgeschult (Aha, daher diese ausgedehnten
Fußmassagen, hatte also nichts mit Fetischismus zu tun).Ihm fehlt einfach noch
die Erfahrung, deshalb auch diese Schulung."
Froh
darüber, dass ich für Peter nicht länger als Erfahrungsobjekt herhalten musste,
verkniff ich mir die berechtigte Frage, wieso man ausgerechnet so einen
Frischling auf junge Patienten, die unbedingt wieder auf die Füße kommen möchten
und hochmotiviert sind, los ließ! Es gab hier sicher viele, die froh wären,
wenn sie in den Therapien nicht gefordert würden, so wie Irene beispielsweise,
das wäre die perfekte Patientin für Peter! Er könnte ihre Füße massieren und
sie ihm währenddessen ihre gesamte Leidensgeschichte schildern.
Der
Donnerstag brachte eine unangenehme Überraschung für mich. Ich wurde morgens an
die Rezeption gerufen und erhielt einen Einschreibebrief meines Arbeitgebers
ausgehändigt. Nachdem ich den Empfang schriftlich beim Postboten quittiert
hatte, fuhr ich schnell zurück in mein Zimmer, bevor ich den Umschlag ungeduldig
aufriss. Mir wurde abwechselnd heiß und kalt,
als ich das sachlich und kalt formulierte Schreiben überflog:
"Sehr
geehrte Frau Salten,
Sie
sind bei uns als Leiterin der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit beschäftigt.
Leider ist Ihnen seit ein paar Monaten krankheitsbedingt die Ausübung ihrer
Arbeit nicht möglich. Im Augenblick sind Sie berufsunfähig geschrieben. Unseren
Informationen nach ist es nicht absehbar, ob und wann Sie wieder in der Lage
sein werden, für uns tätig zu sein. Unabhängig davon ist eine konzernbedingte
umfassende Umstrukturierung der Abteilung für Öffentlichkeitsarbeit geplant.
Wir können Ihnen nicht garantieren, dass dabei Ihr Arbeitsplatz in der bisherigen
Form weiter erhalten bleibt. Selbstverständlich wird Ihnen, sofern Sie dazu
bereit und gesundheitlich in der Lage sind, unabhängig davon jederzeit eine
Ihnen zumutbare Stelle bei vollen Bezügen in unserem Konzern frei gehalten.
Sollten Sie mit diesen veränderten Bedingungen nicht einverstanden sein, bieten
wir Ihnen im Falle einer freiwilligen Kündigung Ihrerseits eine Abfindung in
Höhe eines halben Jahresgehalts an. Wir bitten Sie, dieses großzügige Angebot
unsererseits in Erwägung zu ziehen und erwarten Ihre Mitteilung über eine
Entscheidung bis zum 15. April dieses Jahres.
Wir
wünschen Ihnen alles Gute sowie eine rasche und bestmögliche Genesung.
Hochachtungsvoll
Zeitler
Personalabteilung
Schon
während des Lesens übersetzte ich dieses gestelzte Business-Kauderwelsch in
Klartext, der da lautete:
"Sehr
geehrte Frau Salten,
schon
seit Monaten haben Sie die Unverschämtheit, bei voller Gehaltsfortzahlung wegen
Ihres Schlaganfalles Ihrer Arbeit als Leiterin der Öffentlichkeitsarbeit nicht
nachzukommen. Uns ist durch zuverlässige Quellen zu Ohren gekommen, dass Sie in
Ihrem jetzigen nutzlosen Zustand vermutlich nie mehr dazu in der Lage sind.
Ihre bisherige Stellvertreterin erledigt Ihren Job schon seit Ihrer
Krankschreibung, so dass Sie für uns entbehrlich sind und wir deshalb Frau
Siefert offiziell als Ihre alleinige Nachfolgerin einsetzen - damit sparen wir
einen Arbeitsplatz ein - und dies als Umstrukturierungsmaßnahme nach außen
verkaufen.
Da uns gesetzlich für eine Kündigung
Ihrerseits keine Handhabe zur Verfügung steht, müssen wir Ihnen
zähneknirschend anbieten, irgendeine für
Sie machbare untergeordnete Tätigkeit in unserer Firma zu Ihren früheren
Gehaltskonditionen bereit zu stellen. Aber da wir Sie früher oder später doch
irgendwie nach draußen mobben werden, wäre es das Beste, Sie kündigen von sich
aus, um uns und Ihnen Scherereien zu ersparen. Dafür bekommen Sie dann auch
Schweigegeld, weil diese saftige Abfindung uns allemal billiger kommt als uns
weiterhin mit Ihnen zu belasten…"
Mit
zitternden Händen ließ ich das Blatt Papier in meinen Schoß fallen und starrte
blind nach draußen in den Park, in dem schon die ersten Frühlingsblumen ihre bunten Köpfe aus den Beeten
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