ZITRONENLIMONADE (German Edition)
waren wir auf gleicher Höhe und ich hatte das untrügliche Gefühl, dass er
sich genau aus diesem Grund hingesetzt hatte.
"
Diese Trainingsgeräte haben mir aus einer beginnenden Depression heraus geholfen", erklärte ich
wahrheitsgemäß. "Mein Physiotherapeut hat mich mit seinen ständigen Warnungen, ich dürfe keinesfalls zu früh
laufen und mich auch sonst nicht belasten, fast in den Wahnsinn getrieben. Mit
den Hanteln bin ich zumindest in der Lage, meinen Oberkörper so zu trainieren,
dass ich ins Schwitzen komme. Nochmals vielen Dank fürs Besorgen."
"Keine
Ursache. Ich kann Bewegungsdrang sehr gut nachvollziehen. Wenn ich stundenlang
am Schreibtisch sitze, brauche ich danach unbedingt einen Ausgleich. Ich gehe Joggen,
im Sommer schwimmen oder laufe einfach nur eine rasche Runde um den Block, das
macht den Kopf frei und ist gut für die Figur!" Mit einem raschen Blick auf mich setzte er
hinzu: "Figurmäßig haben Sie Bewegung allerdings nicht nötig, das ist wohl
mehr fürs seelische Wohlbefinden, habe ich recht?" Ich nickte zustimmend.
Er hatte es auf den Punkt gebracht. Ein Tag, an dem ich das Gefühl hatte, mich
körperlich betätigt zu haben, war für mich ein guter Tag. Nur leider war mir
dies in den letzten Wochen fast überhaupt nicht möglich gewesen,
umständehalber, konnte man sagen!
"Genau,
Sie haben´s erfasst, im Gegensatz zu Peter, meinem Physiotherapeuten. Der ist
auch ein Bewegungsfanatiker, treibt dauernd Sport bis zum Umfallen, erzählt mir
ständig davon und kann gleichzeitig überhaupt nicht nachvollziehen, dass ich
mich ebenfalls bewegen möchte und dafür sogar in Kauf nehme, mir, wie er immer
meint, eine "falsche Gangart" anzugewöhnen. Dauernd bremst er mich
aus. Aber glücklicherweise ist er seit heute auf einer zweiwöchigen
Fortbildung. Seine Ersatzkollegin hat mich gleich vierzig Minuten lang aus dem
Rollstuhl raus geholt und ich durfte Gehübungen machen. Ich muss möglichst bald
wieder laufen können, egal ob mit Gehwagen oder Krücken, denn ich komme zuhause
unmöglich mit diesem verdammten Stuhl klar."
Die
Lachfältchen um seine intensiv strahlenden Augen herum vertieften sich erneut. Sie
waren grün mit braunen Sprenkeln drin, die Augen meine ich natürlich! Verschwörerisch
beugte er sich nach vorne und grinste mich an. "Aha, deswegen die
beschwingte Fahrt über den Gang. Na, dann wollen wir doch hoffen, dass Peter möglichst
lange fort auf seiner Fortbildung bleibt. Bearbeiten Sie doch diese fähige
Frau, dass sie Sie als Patientin bis zur Entlassung behält, dann müssen Sie
sich nicht mehr mit dem Zauderer herum ärgern!" Verblüfft starrte ich ihn
an. So ein patentes Kerlchen!
"
Sie meinen, das würde gehen? Auf die Idee bin ich noch gar nicht
gekommen!"
Sein
Gesicht wurde ernst. " Natürlich geht das. Sie sind hier der Patient, Sie
zahlen dafür, dass man Sie wieder für den Alltag fit macht. Und wenn Ihr
bisheriger Therapeut Sie nicht optimal fördern kann, haben Sie jedes Recht
dazu, ihn zu wechseln! Reden Sie sobald wie möglich mit ihrer Ersatzkraft oder
gleich dem Cheftherapeuten darüber und lassen Sie durchblicken, dass Sie diesen
Peter keinesfalls mehr akzeptieren werden. Sie müssen nur entschlossen genug
auftreten, dann klappt das. Etwa so", er machte ein übertrieben grimmiges
Gesicht und schob sein markantes Kinn entschlossen nach vorne.
Ich
konnte nicht anders und lachte lauthals los.
"
Da kommt einem ja das Fürchten, wenn Sie so böse dreinschauen. Ich weiß nicht,
ob das bei mir auch so eine Wirkung haben wird, aber ich werde trotzdem sofort
zurück in die Physiotherapie-Abteilung fahren und die Sache klären. Tausend
Dank für den Tipp!"
Ich
drehte meinen Stuhl in die richtige Richtung und rief ihm über die Schulter zu:
"Grüßen Sie ihre Mutter von mir." Aber so schnell entkam ich ihm
nicht. "Werde ich machen", er war blitzschnell aufgestanden und stand
wieder vor mir. "Aber Sie müssen mir unbedingt berichten, ob das mit der
neuen Therapeutin geklappt hat! Ich habe ein paar Tage Urlaub und bin jetzt
täglich bei Mutter, da laufen wir uns hoffentlich öfter über den Weg."
Im
Wegfahren stellte ich fest, dass mir diese Begegnung nochmals Auftrieb
verschafft hatte. Der hatte tatsächlich mit mir geflirtet, wollte mich sogar
wieder sehen und für ein paar Minuten hatte ich völlig vergessen, dass ich im Rollstuhl
saß!
Kapitel Fünfundzwanzig
Meine
Glückssträhne für diesen Tag hielt an. Auf mein energisches Verlangen
Weitere Kostenlose Bücher