ZITRONENLIMONADE (German Edition)
Bett,
deshalb konnte er den Anruf nicht persönlich entgegen nehmen. Kurz spielte ich
mit dem verlockenden Gedanken, ihm ein paar deftige Ausdrücke aufs Band zu
sprechen, bevor ich dann doch schweigend und behutsam den Hörer auflegte. Was
fiel diesem verdammten Betrüger ein? Es war immer noch unsere gemeinsame
Wohnung! Alle Bekannten, die jetzt anriefen, würden erkennen, dass wir nicht
mehr zusammen waren! Damit hatte er klare Verhältnisse geschaffen und ich Idiotin
hatte immer noch die Hoffnung genährt, er käme irgendwann zur Vernunft.
Kapitel Zweiunddreißig
Wieder
flennte ich den gesamten Abend lang und riss mich nur zusammen, als Mama anrief,
um zu sagen, dass sie wieder daheim in Ludwigsburg angerkommen waren. Ich
schützte Müdigkeit vor, ließ meinen Vater grüßen und hielt das Gespräch kurz,
um danach hemmungslos weiter heulen zu können. Mist, nicht mal theatralisch auf
mein Bett werfen konnte ich mich, stattdessen saß ich mit dem Rollstuhl davor
und lag nur mit dem Oberkörper auf der Zudecke.
Um
der Stille in meinem Zimmer zu entkommen, schaltete ich das Radio ein. Passend
zu meiner Stimmung sang die unverwechselbare Stimme von Herbert Grönemeyer von
"Flugzeugen in meinem Bauch".
Normalerweise
stand ich nicht auf "Grölemeyer", der seine Lieder oft derart
hektisch heraus quetschte, dass man nur mit Mühe den Inhalt verstand. Aber in
diesem Song sprach er klar und deutlich.
Zum
allerersten Mal in meinem Leben realisierte ich den Text dieses Liedes, der
keineswegs, wie der Titel vermuten ließ, von Verliebtheit handelt, sondern puren
unverfälschten Liebeskummer ausdrückt. Er sang davon, dass er mies behandelt
wurde, seine Liebste aber noch nicht vergessen konnte. Trotzig ging es dann
weiter mit: Aber auch das gelingt mir noch!
Jawohl,
besser hätte ich es auch nicht sagen können! Genau, ich brauchte niemanden, der
mich quälte, mich benutzte, und auch niemand, der nie da war, wenn man ihn
brauchte! Der gute Herbert musste Mark persönlich kennen gelernt haben, so wie
er ihn beschrieb! Den Refrain, in welchem er sein Herz von ihr zurück verlangt,
da sie seine Liebe nicht verdient, konnte ich am Ende dieses Liedes auswendig
und sang ihn trotzig mit, als ob Mark vor mir stehen würde:
Tja,
bis auf die unwesentliche Tatsache, dass Mark bereits die Fliege gemacht hatte,
war dies genau mein Lied.
Und
ich hoffte wirklich, dass es auch für mich leichter werden würde. Momentan fühlte
ich mich eher, als trüge ich die Last der ganzen Welt auf meinen Schultern. Und
wieder hätte ich vom Schicksal gern gewusst, was um Himmels willen ich denn
Schlimmes verbrochen hatte, um derartig abgestraft zu werden.
Die
Gehirnblutung und deren Folgen war ja wohl schon hart genug, mein Job und damit
meine Existenzgrundlage waren ebenfalls flöten gegangen und drittens (Ich hoffe
stark, auch Sie fallen nie wieder auf das Sprichwort:" Alle guten Dinge
sind drei!" rein) und zu guter Letzt war ich als Partnerin gegen ein
jüngeres und wesentlich rasanteres Modell ausgetauscht worden. Ich hatte es
gründlich satt, ständig ausgeknockt zu werden. Von wegen Stehauffrau!
Oder
war es gar keine Bestrafung, sondern eine irrtümliche Universumsbestellung
gewesen? Die überzeugten Anhänger solcher Konstrukte behaupten ja gerne, eine
Bestellung ans Universum würde immer prompt ausgeliefert, wenn man sie klar und
prägnant im Kopf formuliert und gleich wieder vergisst. Wahrscheinlich hatte ich
irgendwann vor meiner Gehirnblutung einen kurzen Blackout gehabt, in welchem mir
langweilig war, einen Augenblick, in welchem ich mir ein bisschen mehr
Aufregung in meinem Leben wünschte. Dieser Wunsch wurde dann von himmlischen
Quelle-Service aufgeschnappt und die hatten es besonders gut mit mir gemeint
und gleich mein gesamtes Leben auf den Kopf gestellt! Ich wollte von meinem Rückgaberecht Gebrauch
machen und zwar sofort! Ein winziges zartes Stimmchen in mir, welches wohl
meinen Optimismus und mein positives Denken verkörperte, meldete sich:
Moment,
du sitzt zwar im Rollstuhl und hast gerade viel Pech, machst aber durchaus
beachtliche gesundheitliche Fortschritte. Du hast eine Familie und liebe
Freunde, die sich um dich kümmern und deine finanzielle Situation ist im Vergleich
zu vielen anderen sehr gut. Immerhin steht dir die Hälfte deiner Wohnung zu,
das dürften schon mal runde 200.000 Euro sein, darüber hinaus erhältst du noch
eine satte Abfindung. Viele Menschen verdienen in ihrem ganzen Leben
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