ZITRONENLIMONADE (German Edition)
schön, um wahr zu sein.
Selbst jetzt nach sechs Jahren war sie,
was seine partnerschaftlichen Qualitäten
anging, immer noch skeptisch, ließ sich aber ihm gegenüber nie etwas anmerken.
Er hatte mir allerdings schon oft in ihrer Abwesenheit erklärt, dass er mit
einer Frau wie Sabine in einer Partnerschaft nicht klar käme.
" Sie ist zu .....exaltiert",
versuchte er seine Ablehnung zu begründen. "Diese Überschwänglichkeit und
dieses Temperament wäre mir auf Dauer zu anstrengend. Und auch diese ständige
Gluckerei um ihre Familie! Ich brauche eine Frau, mit der ich vernünftig reden
kann. Gottseidank ist das mit dir problemlos möglich."
Ich war logischerweise wenig begeistert
von diesem Kompliment. „Vernünftig“ ist wohl das Letzte, was eine Frau als
Kompliment von ihrem Liebsten hören möchte!
Ich konnte ihn in dem Punkt nicht
verstehen. Sabine hatte Temperament, jawohl. Wen sie sich aufregte, war ein
Eichhörnchen auf Speed eine lahme Schnecke gegen sie... Aber als totaler
Gefühlsmensch war ihre Liebe zu ihrer Familie und ihren Freunden riesengroß -
sie wäre jederzeit für die, die ihr am Herzen lagen, durchs Feuer gegangen. Zudem
wickelte sie mit ihrer zierlichen mittelgroßen Figur, den langen schwarzen Locken
und den riesigen grünen Augen, die sie nach Bedarf unschuldig naiv aufriss,
einen Großteil der männlichen Bevölkerung um den kleinen Finger
Ich versicherte ihr, dass Mark in jeder
freien Minute - wobei er, wie ich nur zu
gut wusste, davon sehr wenige hatte - bei mir am Bett saß und mich aufmunterte.
Sabine zog drohend die fein gezupften Augenbrauen zusammen.
"Das will ich ihm auch geraten
haben. Der kann dem lieben Gott täglich auf Knien dafür danken, dass er dich
zur Frau bekommt."
Ich lächelte sie gerührt an. Sabine war
mir schon in der Grundschule gegenüber völlig loyal und ehrlich gewesen und hatte
mich seelisch aufgebaut, wenn meine Mitschüler mich mit einer ihrer gnadenlosen
Bemerkungen über meine damals schon beachtliche Körpergröße (Leuchtturm, Scheinriesin
etc.) fertig machen wollten.
Sie erzählte mir von unseren gemeinsamen
Freunden und richtete von allen liebe Grüße und Genesungswünsche aus, bis mir
auf einmal die Augenlider schwer wurden. Es strengte mich immer noch sehr an,
wenn ich mich konzentrierte und sprach. Sabine bemerkte es sofort und sprang
auf.
"Süße, ich lasse dich jetzt
schlafen, du musst wieder zu Kräften kommen. Ich komme wieder. Denk dran: Du
bist eine Kämpferin, du gibst niemals auf. Ich freue mich schon auf unsere
nächste Shoppingtour durch die Fußgängerzone!"
Als ich wieder allein war, schossen mir
- aber nur fast - die Tränen in die Augen. Shoppingtour! Ich wäre ja schon
glücklich gewesen, endlich mein Bett verlassen zu können, um selbst auf die
Toilette zu gehen! Es war interessant, zu sehen, wie bescheiden man innerhalb
kürzester Zeit werden konnte.
Stattdessen musste ich froh sein, wenn
es mir in der Physiotherapie gelang, meinen rechten Arm ein paar Zentimeter von
der Bettdecke zu heben oder die Finger der rechten Hand leicht zu bewegen. Stellen
Sie sich vor, Ihr rechter Arm wäre vom Schultergelenk ab mit Bleigewichten
beschwert und völlig gefühllos; die Hand eingeschlafen und taub, dann haben Sie
eine blasse Ahnung davon, wie sich die Übungen anfühlten.
Allein die Konzentration auf diese
Bewegungen verlangte mir alles ab und wenn Karina mich nach den Übungen wieder alleine ließ, war
ich meist so fertig, dass ich sofort einschlief. Die ständige Müdigkeit, die
ich verspürte, war ohnehin überwältigend, sie fühlte sich an wie die totale
Erschöpfung nach einer extremen körperlichen Anstrengung. So musste sich ein
Marathonläufer am Ziel fühlen, wenn sein Runner´s High abgeklungen ist, stellte
ich mir vor.
Dennoch schlief ich nie mehr als zwei
Stunden am Stück, auch nachts nicht. Klar, mir fehlte jegliche Bewegung, zudem
drehte sich alles im Kopf, wenn ich still da lag.
Ich war mir sicher, wäre ich in der Lage
gewesen, mich hinzustellen oder auch nur aufzusetzen, dann wäre ich vor lauter
Schwindelgefühlen zu Boden gegangen. Aber auch das sei nach einer derartigen OP
normal, erklärte mir Prof. Hieber. Mein ganzes Gleichgewichtsgefühl war durch
die Lähmung außer Kontrolle geraten. "Wenn Sie erst mal mobiler sind, wird
sich auch das geben, ebenso die Müdigkeit. Sie haben eine lebensgefährliche
Erkrankung, einen Hubschrauberflug sowie
eine zehnstündige Gehirn-Operation
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