ZITRONENLIMONADE (German Edition)
Ebenfalls ein Oldie von Queen, bzw. Freddy
Mercury: „The Show must go on“. Der Song hatte gerade eine besondere Bedeutung
für mich, denn auch meine „Show“ sollte weitergehen! Die Musik stimmte mich
fröhlich und sorgte dafür, dass ich meist ausgeglichen und in stabiler
Gemütsverfassung war.
Mittlerweile sprachen mich auch alle
direkt an, wenn sie zu mir kamen und entweder antwortete ich flüsternd oder
krächzend, oder ich gab Ja und Nein Zeichen - mittlerweile sogar mit
meiner "gelähmten" rechten Hand, in dem ich den Zeigefinger
unter viel Konzentration hob oder senkte oder die Finger mühsam zu einer Faust
zusammen drückte.
Von Karina bekam ich einen kleinen
blauen Igelball, den ich ständig in der rechten Hand halten und so oft es ging,
zusammen drücken musste. Wenn sie nach dreißig anstrengenden Minuten
Bewegungstherapie mein Zimmer verließ, war ich fix und fertig und schlief meist
gleich ein.
Der Chefarzt der Neurologischen
Station, Prof. Hieber, der mich operiert hatte, sah den Ball bei der nächsten
Visite. Lachend deutete er darauf.
"Frau Salten, wenn Sie in der Lage
sind, mir diesen Ball mit ihrer rechten Hand an den Kopf zu werfen, entlasse
ich sie auf der Stelle aus der Intensiv- in die Normalstation."
Mein Lächeln fiel ziemlich kläglich
aus. Ich war ja schon froh, wenn sich die Fingerspitzen meiner Hand bewegten!
Aber ich spürte selbst, dass diese Beweglichkeit täglich ein klein wenig zunahm.
Am nächsten Tag erwartete mich eine
Überraschung. Nach dem Mittagessen, welches ich mittlerweile serviert bekam -
der Zugang für die künstliche Ernährung war entfernt worden - und mit der
linken Hand mühsam mein Essen in mich hinein löffelte, kam Schwester Anna zu
mir. "Frau Salten, da möchte jemand zu Ihnen...." Eigentlich hatte
ich Mark eingeschärft, er sollte all unseren Bekannten sagen, dass ich keinen
Besuch erhalten dürfe. Ich wollte nicht, dass mich irgendjemand in diesem
Zustand zu Gesicht bekam. Es reichte schon, wenn ich mich wie ein auf der
Straße überfahrener Blumenkohl fühlte, sehen musste mich in diesem Zustand aber
niemand von unseren Freunden. Sie sollten mir schreiben, wenn sie unbedingt
Kontakt zu mir wollten. Ich würde mich telefonisch oder schriftlich melden,
wenn ich mich wieder dazu in der Lage fühlte. Gerade war ich also dabei, der
Schwester klar zu machen, ich wolle niemanden sehen, als......
" Hallo, Süße, Du glaubst doch
nicht im Ernst, dass mich irgendjemand davon abhalten könnte, persönlich zu dir
zu kommen?" Zuerst erblickte ich einen riesigen Strauß bunter
Frühlingsblumen im Türrahmen, dahinter tauchten das aparte Gesicht und die
zierliche Figur meiner Sandkastenfreundin Sabine auf. Sie schüttelte ihre
schwarze glänzende Mähne und kam auf mein Bett zu. "Schwester, hätten Sie
vielleicht eine Vase?" Schwester Anna nahm den Strauß an sich und
verschwand, nicht ohne laut ihre Bewunderung für die schönen Blumen kund zu
tun.
"Chris, was machst du für Sachen?"
Sabine verdrehte ihre ausdrucksstarken grünen Augen." Entschuldige, ist
eine dämliche Frage, natürlich sucht sich kein Mensch freiwillig eine Gehirn-Operation aus," lächelte sie
mitfühlend.
"Du siehst ein bisschen fertig
aus, ist ja auch kein Wunder. Aber mit ein bisschen Schminke kriegst du das
schon wieder hin. Finde ich klasse, dass du dein Haar noch hast, dauert
verdammt lang, bis so eine Mähne wächst. Nur gewaschen werden müsste es mal
wieder“, sprudelte sie in der für sie typischen Art und Weise unbekümmert
heraus. Ich liebte sie dafür. Keine Sentimentalitäten, sie verhielt sich genauso
wie immer, gnadenlos ehrlich und direkt, aber gleichzeitig mitfühlend und
herzlich.
Seit sie den Raum betreten hatte, fühlte
ich mich auf unerklärliche Weise meinem früheren (vor dem Schlaganfall) Ich
etwas näher. Zum Glück war Sabine durch ihre Heirat mit Alex, einem
Innenarchitekten, vor elf Jahren von Ludwigsburg ebenfalls nach München gezogen,
sodass wir uns oft trafen.
Schwester Anna hatte den Strauß in
einer großen Vase arrangiert, die sie nun gut sichtbar für mich auf das
Tischchen am Ende des Bettes stellte. Sabine warf ihr ein
strahlendes Lächeln zu. "Sieht klasse aus, haben Sie prima gemacht, danke!
Und genau der richtige Platz, damit Chris ihn gut sehen kann!"
Die Schwester, die ich normalerweise
nur mit einem ernsten leicht verkniffenen Gesichtsausdruck kannte, verzog ihre
schmalen Lippen zu einem offenen Lächeln und ließ uns
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