ZITRONENLIMONADE (German Edition)
sondern alle spielen die Symptome herunter. Mark
musste doch sehen, dass ich von einer völligen Genesung noch meilenweit
entfernt war! Ich lächelte mühsam.
„ Danke Schatz, für die Klatschblätter.
Mal sehen, ob ich schon in der Lage bin, die zu lesen. Aber ich glaube nicht,
dass mit meiner Gesundung so schnell geht, wie du meinst.“
Er zog sich einen Stuhl an mein Bett, setzte
sich und sah mich durchdringend an. Seinen „Röntgenblick“ hatte ich das immer scherzhaft
genannt. Den setzte er immer auf, wenn er mit mir was Ernstes besprach oder mir
etwas erklärte. Ich kam mir dann immer vor wie eine Zehnjährige, die ins Bett
gemacht hat.
Bei seinen folgenden Worten spürte ich,
wie der abgeklungene Ärger von vorhin massiv wieder in mir hoch stieg.
„ Liebling, du bist aus der Intensivstation
draußen. Jetzt beginnt das normale Leben wieder. Wo bleibt dein Biss? Natürlich
bist du in deiner Beweglichkeit und deiner Sprache noch eingeschränkt, aber das
gibt sich doch. Du musst einfach nur üben, üben, üben! Du kannst den ganzen Tag
lang auf deine Gesundung hin arbeiten und musst dich auf nichts anderes
konzentrieren. Lass jetzt in deinen Bemühungen ja nicht nach. Bleib konsequent,
dann siehst du, wie schnell die Ergebnisse kommen!“
Ich hörte wohl nicht richtig?
Unterstellte er mir hier etwa mangelnden Ehrgeiz oder Faulheit? Was dachte er
eigentlich, was ich hier den ganzen Tag machte? In scharfem Tonfall, trotzdem
noch um Geduld bemüht, entgegnete ich:
„Hey, es ist nicht ganz so einfach, zu
üben, wenn sich auf meiner rechten Seite wenig bis gar nichts rührt. Mein
rechtes Bein spüre ich überhaupt nicht, wie soll ich da üben? Ich komme nicht
allein aus dem Bett, kann nicht mal ins Bad gehen, und mein rechter Arm und die
Hand lassen sich nur mühsam und sehr eingeschränkt bewegen und fühlen sich an,
als ob sie gar nicht zu mir gehören würden! "
Vor lauter Erregung stotterte ich stark.
Er hob die Hand.
„ Langsam, Schatz, sprich langsamer und
deutlich.“
Zum Teufel, war er mein Therapeut oder
mein Vater? Jetzt reichte es mir endgültig, meine Beherrschung war dahin.
„Verdammt noch mal!“ brüllte ich, so,
laut ich konnte. Und vor lauter Zorn sprach ich diesmal klar und deutlich:
“Hör auf, mich zu belehren. Ich bin
kein Kind. Ich weiß selbst, was ich alles üben muss. Und glaub mir, manchmal
packt mich angesichts dessen, was ich noch alles vor mir habe und wieder lernen
muss, das kalte Grausen."
Ich schluckte. "Vor allem, da ich ja
nicht weiß, ob wirklich alles wieder so wird wie früher oder ob ich behindert
bleibe.“
Da, jetzt war es raus, das unheilvolle
Wort, welches ich bisher im Zusammenhang mit meinem Zustand tunlichst vermieden
hatte. Behindert, das waren im Normalfall immer nur die anderen! Leider gehörte
ich seit etwa zwei Wochen unfreiwillig dieser Fraktion an. Insgeheim wollte ich
eine Bestätigung von ihm haben, dass er mich liebte, egal in welchem Zustand
ich war. Das war leider die falsche Taktik: Mark wirkte gekränkt.
„Christina, bitte. Ich wollte dich nicht beleidigen
oder belehren. Aber die letzten beiden Tage waren ziemlich stressig für mich
und heute hatte ich im Büro noch dazu die ganze liegengebliebene Arbeit wieder
aufzuholen.“
Und jetzt musst du armer Kerl noch
deine hysterische halbgelähmte Freundin im Krankenhaus besuchen, anstatt dich
wie üblich im Fitness-Studio nach der Arbeit entspannen zu können, dachte ich
mir gehässig, sprach es aber nicht aus. Irgendwie kam ich mir schäbig vor,
meine schlechte Laune über meinen Zustand, für den er ja wirklich gar nichts
konnte, an ihm auszulassen. Aber ich konnte ja ebenfalls nichts dafür, also
warum hatte ich das Gefühl, mich bei ihm entschuldigen zu müssen, dass er nach
zweitägiger Abwesenheit mal wieder für eine Stunde bei mir vorbeischaute und
ich immer noch keine nennenswerten Fortschritte gemacht hatte?
Mark übte sich weiterhin in Großmut,
Verständnis und Geduld. Versöhnlich tätschelte er meine rechte Hand.
„Christina, ich liebe dich, das weißt
du doch. Ich wünsche mir doch genau wie du, dass du möglichst bald hier raus
kommst und wir wieder zusammen in unserer Wohnung leben können.“
Tja, das würde noch ein kleines
Weilchen dauern, angesichts der Tatsache, dass unsere schicke gemeinsame Penthouse
Wohnung keineswegs behinderten- oder rollstuhlgerecht eingerichtet war.
Man erreichte sie zwar über den Lift,
stufenlos von der Tiefgarage aus,
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