ZITRONENLIMONADE (German Edition)
fünfzehn Jahren immer noch
keinen Freund zu haben. Sabine hatte schon mal heimlich mir gegenüber bemerkt,
sie sei echt gespannt, ob Sandra immer noch so gut beim Kartenspielen sei,
sollte sie tatsächlich doch irgendwann einmal liiert sein!
Zu meinem Bedauern musste ich die
Begeisterung meiner Besucher dämpfen. "Ich würde ja gern, aber dazu
braucht man zwei gesunde Hände und meine Rechte ist einfach noch nicht gut
genug, um Karten - selbst wenn ich sie links halte - zu nehmen oder abzulegen,
geschweige denn, zu sortieren." Aber den Einwand ließen die Kinder nicht
gelten. Der für einen Mann überaus praktisch veranlagte Robin schob kurzerhand
das Tischbrett vom Nachtkästchen in meine Richtung und erklärte:
"Du brauchst die Karten nicht in der Hand
zu halten. Leg sie einfach vor dich hin und mach alles mit links, das kannst du
doch! Wir gucken auch nicht, Indianerehrenwort." Genauso machten wir es
und erstaunlicherweise war ich nach fünf Runden unangefochtener Sieger mit den
wenigsten Punkten! Sandra jubelte lauthals los: "Hurra, endlich bin ich mal die Letzte! Das heißt,
ich habe gute Chancen bei Florian!" Ein kurzer Blick hin zu ihren Eltern
verriet mir, dass sie das Spielerglück ihres Töchterchens vorgezogen hätten. Beide schauten leicht belämmert drein.
Besonders Alex, der sich als Vater wohl schwerlich mit männlicher Konkurrenz bei
seiner Tochter abfinden konnte .
Obwohl ich den leisen Verdacht, sie
hätten mich absichtlich gewinnen lassen, nicht abschütteln konnte, nahm ich es
als gutes Omen für meine endgültige Heilung.
Ich konnte, nachdem sie gegangen waren,
lange nicht einschlafen, weil es meine letzte Nacht hier im Krankenhaus war und
ich grübelte, wie ich mich morgen um diese Zeit fühlen würde.
Kapitel Elf
Irgendwann
musste mich dann aber doch der Schlaf übermannt haben, denn als ich die Augen
aufschlug, dämmerte draußen ein grauer Februartag. Der Morgen verflog im Nu.
Ich durfte nochmal duschen und bekam erstmals seit ich hier war, kein Nachthemd,
sondern ein T-Shirt und meinen von Mark mitgebrachten Jogginganzug drüber
angezogen. Klingt ganz unspektakulär, war aber für meine Begriffe ein
Riesenaufwand.
Die Hose wurde mir von Mirjana im
Liegen angezogen, sie zog sie über mein lebloses rechtes Bein und musste mir
dann die rechte Hüfte anheben, um die Hose hochziehen zu können. Auch mit dem
T-Shirt und der Jacke hatte ich erhebliche Schwierigkeiten, da der rechte Arm
sich ebenfalls sperrte. Mirjana musste mir auch bei den Oberteilen helfen. Ich
erkannte resigniert, dass einfach mal so schnell in die Klamotten schlüpfen augenblicklich
bei mir nicht drin war.
Kaum war mein Frühstück abgeräumt,
klopfte es auch schon energisch an meiner Zimmertür. Zwei Sanitäter fuhren eine
Rolltrage ins Zimmer. Da ich noch nicht stundenlang im Rollstuhl sitzen konnte,
wurde ich liegend in die Reha-Klinik befördert. Wieder `Balsam` für mein
angeschlagenes Selbstwertgefühl. Meine beiden Chauffeure grüßten artig. Himmel,
sahen die jung aus. Der Schmächtigere hatte einen ganz zarten Flaumbart und
sogar noch Pickel im Gesicht! War der denn schon achtzehn? Mit meinen dreißig
Jahren kam ich mir asbach-uralt vor. Da sie Sanitäter waren, mussten sie den
Führerschein gemacht haben, fragte sich bloß, wie viele Monate die Prüfung
zurück lag….
Obwohl ich meine körperlichen Einschränkungen hasste, war ich froh, am
Leben zu sein und hatte mir viele Fähigkeiten wieder mühsam antrainiert. Und
jetzt sollte ich mich diesen zwei Grünschnäbeln für eine zweistündige Fahrt,
noch dazu über eine gefährliche Autobahn, anvertrauen? Der Stämmigere und wohl
auch etwas Ältere der beiden - ich schätzte ihn bei näherem Hinsehen auf
immerhin etwa Dreiundzwanzig - begrüßte mich:
"Grüß Gott Frau Salten. I bin der
Andi und dös is der Max. Mir bringat sie jetzt in´d Reho. San´s fertig?" Auf
mein Nicken hin - oh ja, ich war im wahrsten Sinne des Wortes fertig und wünschte
mir inständig, die Fahrt schon hinter mir zu haben - hoben mich die beiden ohne
viel Federlesens vom Bett auf die schmale Trage hinüber und gurteten mich über
Brust und Beinen fest. Jetzt wusste ich endlich, wie sich ein Rollbraten fühlte. Andi warf noch zwei dicke orangefarbene
Vliesdecken über meinen Körper.
"Damit´s ned so koid is, san bloß minus
zwoa Grod draußa," erklärte er
freundlich, ergriff meine fertig gepackten Taschen, stellte sie auf ein Gestell
am Fußende der
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