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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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Trage und forderte Max auf: "Los geht´s." Als wir aus
dem Zimmer heraus rollten, winkte mir das diensthabende Personal zu - die
meisten hatten sich schon von mir verabschiedet - und riefen mir gute Wünsche
hinterher.
    Im Nu waren wir im Aufzug und dann ging
es in schneller Fahrt durch endlose Krankenhausflure. Ich war froh über die
Gurte, bei dem Tempo, das Andi und Max vorlegten, wäre ich ungesichert schon
längst von der Bahre runter gerutscht….Hoffentlich bezähmten die ihren jugendlichen
Geschwindigkeitsrausch, wenn wir auf der Straße sein würden. Ich war stolz auf
meine winzigen, hart erarbeiteten, gesundheitlichen Fortschritte und wollte mich
keinesfalls durch zwei Schnelligkeitsjunkies der Gefahr aussetzen, in einen
Unfall verwickelt zu werden und neue Einschränkungen davontragen.  
     
    Durch eine Art Schleuse gelangten wir
in einen Innenhof des Krankenhauses, der von hohen grauen Mauern umgeben war. Die
frische Luft roch nach Schnee. Auf meinem Gesicht spürte ich die beißende
Kälte, die mir in die Wangen schnitt, fröstelte unwillkürlich, und war froh um
die Decken auf meinem Körper. Und da stand auch mein Transportfahrzeug. Aber
nicht der übliche Sanitätskastenwagen, den ich erwartet hatte, sondern
lediglich ein beigefarbener Mercedes Variant mit Blaulicht oben drauf. Passte
die Bahre dahinten überhaupt rein? Mein Sarkasmus meldete sich.
    Hätte das Auto eine dunkle Farbe,
könnte es glatt als Leichenwagen durchgehen. Die Scheiben waren in der unteren
Hälfte aus Milchglas, so dass andere Verkehrsteilnehmer nicht ins Innere sehen
konnten. Nun ja, wäre durchaus möglich gewesen, dass ich vor vier Wochen in
einem derartigen Gefährt meine letzte Fahrt angetreten hätte…
    Aber wie gesagt, die nächste Dimension
wollte mich ja mangels bestandener Bewährungsprobe noch nicht aufnehmen. Also
gab ich mich optimistisch und ging davon aus, dass meine beiden Fahrer mich
unbeschadet in der Reha abliefern würden. Mittlerweile war ich mit der
Rolltrage im Kofferraum des Wagens verstaut worden und ich passte rein, wenn
auch nur knapp. Der Kofferaumdeckel fiel am Fußende mit lautem Knall zu, Andi
und Max stiegen ein und los ging es. Gottseidank fuhr Andi, der hatte
wenigstens ein bis zwei Jahre mehr Fahrpraxis, hoffte ich zumindest!
     
    Im Nu steckten wir im morgendlichen
Münchner Berufsverkehr fest. Da ich erhöht lag, konnte ich durch die klare
obere Hälfte der Fenster nach draußen sehen. Überall um uns herum standen Autos
oder fuhren im Schritttempo;   kleine
wendige und große schnittige Wagen, und selbst durch die geschlossenen Scheiben
hindurch hörte ich den Motorenlärm und Hupgeräusche von denen, die glaubten,
sie kämen durch Lautstärke schneller voran.
    Ich vertrieb mir die Zeit damit,
Autoaufkleber zu lesen, von "Folgen Sie mir nicht, ich habe mich auch
verfahren"   bis "Bitte Abstand
halten, so gut kennen wir uns ja nicht"   und beneidete sämtliche Verkehrsteilnehmer aus ganzem Herzen. Die hatten
heute Morgen alle selber aufstehen, sich duschen, anziehen, frühstücken und
dann in ihre Wägen steigen können, um zur Arbeit zu fahren.
    Ich hätte alles drum gegeben, in meinem
eigenen Auto im Stau auf dem Weg zur Arbeit fest zu sitzen, anstatt hier mit zwei
Wildfremden, hilflos wie ein Paket verschnürt, liegend und halbseitig gelähmt
unterwegs zu einer Rehabilitationsklinik zu sein.
    Warum in Dreiteufelsnamen guckten die
anderen Fahrer alle so grimmig und griesgrämig vor sich hin? Die hatten
überhaupt keinen Grund dazu. Wenn hier einer Trübsal blasen durfte, dann nur
ich! Fällt ihnen was auf? Wieder dieser typische Krankenegoismus. Man geht
automatisch davon aus, dass alle anderen keine Probleme haben oder die im
Vergleich zu den eigenen völlig nichtssagend sind. Eindeutig das Melli-Syndrom!
Ich tat mir entsetzlich leid, hatte Angst vor der neuen Klinik und fühlte mich wie
eine Hochstaplerin. Was wollte ich bitteschön in einer Rehaklinik? Ich konnte
ja noch nicht mal für länger als anderthalb Stunden in einem Rollstuhl sitzen…..Ich
konnte meine Taschen nicht auspacken, ich konnte gar nichts ohne Hilfe! Jetzt werd´
bloß nicht kindisch, schimpfte ich mich innerlich. Dennoch bedauerte ich
zutiefst, das Angebot meiner Mutter abgelehnt zu haben, mich an den Bodensee zu
begleiten oder mich dort zu erwarten. Überheblich wie ich war, hatte ich ihr
erklärt, ich würde durchaus allein klar kommen und mich, sobald ich da wäre,
telefonisch bei ihr melden.
    Andi und Max

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