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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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fröhlichen Klima unseres Tisches bei. Augenzwinkernd kommentierte
er:
      " Jawohl, und noch eine junge Dame. Die
mag ich besonders gern um mich herum!"
    Dann gab es da noch Marianne, ein
Mädchen Mitte Zwanzig. Sie war bildhübsch, hatte lange dunkle lockige Haare,
bewegte sich aber äußerst mühsam an Krücken und mit mörderisch aussehenden
abnehmbaren Beinschienen, die ihre Füße von den Knöcheln bis hoch zu den
Oberschenkeln fixierten, vorwärts. Auch sie war heute neu am Tisch und erzählte
unbefangen, sie sei mit einem offenen Rücken auf die Welt gekommen.
    " Meinen Eltern habe ich es zu
verdanken, dass ich nicht mehr im Rollstuhl sitzen muss. Sie haben ständig nach
Spezialisten gesucht, die sich mit meiner angeborenen Krankheit auskennen und
schließlich bin ich mehrfach operiert worden, sodass ich jetzt an Krücken und
mithilfe der Schienen vorwärts komme. Ist ein ganz anderes Gefühl als mit dem
Rolli. Ich lebe selbstständig in einer kleinen Wohnung, konnte eine Ausbildung
zur Sekretärin machen und arbeite bei der Stadtverwaltung von München. Und
jetzt bin ich zu meiner jährlichen Erholungsrehabilitation hier."
    Die Fünfte im Bund war Hilke, eine
blonde Norddeutsche, die bei einem Motorradunfall ein Bein verloren hatte und
hier eine Prothese angepasst bekam, mit der sie das Laufen wieder lernen musste.
Auch sie ging an Krücken und war eine unerschütterliche Motorradbraut, die uns
allen Ernstes erklärte, sobald sie sich mit ihrer Prothese sicher bewegen
könne, würde sie wieder auf ihre Maschine steigen.
    "Ich kann´s kaum erwarten, habe
jetzt schon Entzugserscheinungen!" Ich traute meinen Ohren nicht. Bei
allem Verständnis, aber sie kam mir vor wie ein starker Raucher, dem Stück für
Stück sein Raucherbein amputiert wird und der trotzdem munter weiter qualmte.
Ob man mit zwei Arm- und zwei Beinprothesen immer noch motorradfahren konnte?
    Aber, so dachte ich mir, das ist ja
ihre Sache. Wenn ihr ihre Körperteile so wenig wert sind, dann soll sie sich -
bayerisch ausgedrückt - doch derrennen!
     
    Der Letzte meiner Tischgenossen kam
noch später als ich. Ein mittelgroßer Mann Mitte Vierzig trat - nur mit einem
Gehstock, aber dem schlurfenden Gang der Schlaganfallgeschädigten - an den
letzten freien Platz. Kurz und knapp stellte er sich vor: "Hallo
allerseits, Keller mein Name. Ich wünsche einen guten Appetit."
    Herr Keller faszinierte mich.
    Er benahm sich wie Napoleon, arrogant,
herablassend und autoritär. Wie sich heraus stellte, war er Inhaber eines
großen Versandhauses. Sein Schlaganfall, der verhältnismäßig leicht ausgefallen
war - er zog lediglich sein linkes Bein etwas nach - war für ihn eine lästige
Lappalie und hochgradig ärgerlich. Leider war er gezwungen, hier in der Klinik
drei ganze Wochen damit zu vergeuden, das sichere Laufen wieder zu lernen, wo
er doch so viel wesentlich wichtigere Angelegenheiten zu erledigen hatte.
    In der Folgezeit bedauerte ich seine
stille unscheinbare Ehefrau, die ihn oft besuchte. Wenn ich die beiden irgendwo
erblickte, führte er sich auf wie das HB -Männchen, rüffelte sie ständig oder
machte sie wegen irgendetwas nieder. Die Abschaffung der Leibeigenschaft schien
bei ihm noch nicht angekommen zu sein
    Innerlich hetzte ich dann immer: Los
Mädel, zeig´ihm endlich, was ´ne Harke ist! Und erfreulicherweise musste ich
darauf nicht lange warten: Als ich in einer Mittagspause draußen vor dem
Eingang die Sonne genoss, wurde ich Zeugin, wie sie zusammen auf dem Parkplatz
in einen großen silbergrauen Mercedes, vermutlich seinen, einstiegen. Er
notgedrungen, man sah es an seiner säuerlichen Miene, auf der Beifahrerseite.
    Sie half ihm fürsorglich, sich auf dem
tiefen Sitz niederzulassen und verstaute seinen Stock. Als sie hinter dem
Lenkrad Platz nahm, blaffte er sie wieder wegen irgendetwas an. Sie ließ den
Motor an, der kurz aufheulte, bis sie erschrocken das Gas wegnahm
    Er zuckte zusammen, dann verzog sich
sein Gesicht zu einer hässlichen Grimasse und er überschüttete sie, wie ich an
seinem verkniffenen Mund sehen konnte, mit verbalen
"Freundlichkeiten".
    Jetzt   war bei ihr - endlich - der Ofen aus. Sie
würgte mit grimmigem Gesichtsausdruck den Motor ab, zog den Schlüssel aus dem
Schloss und warf ihn ihrem keifenden Mann in den Schoß. Dann stieg sie aus,
schulterte ihre Handtasche und machte sich ungerührt von den Rufen ihres total
überraschten Gatten auf den Weg in den Ort, weg von der Klinik. Ich hätte mich
kringeln

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