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ZITRONENLIMONADE (German Edition)

ZITRONENLIMONADE (German Edition)

Titel: ZITRONENLIMONADE (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marleen Reichenberg
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Dusche begeben. Und wenn ich dann
realisierte, dass ich davon Lichtjahre entfernt war, breitete sich ein
unangenehmes Gefühl in der Magengegend aus und meine Stimmung sank
sekundenschnell in den tiefsten Keller.
    Sobald ich aber "aufgestanden"
war, geduscht und mich angezogen hatte und zum Frühstück rollte, war dieser
Anflug wieder verschwunden und mein üblicher Optimismus brach durch. Und so
beschloss ich nach meiner letzten Physiotherapiestunde bei Franzi, die mir
versichert hatte, ihre Kollegen in der allgemeinen Physiotherapie-Abteilung
seien allesamt ebenso kompetent wie sie, mich trotz allem auf die neue Station zu
freuen. Ich war jedoch wild entschlossen, deren irreführenden Namen konsequent
zu ignorieren und niemals   laut auszusprechen.

Kapitel Sechzehn
     
    Mithilfe einer jungen Lernschwester,
die meine Sachen trug, zog ich in den ersten Stock um. Vorbei war es mit der
Krankenhausatmosphäre:
    Vorne befand zwar eine Art Empfang,
aber dann ging es einen hellen freundlichen Flur nach hinten, von dem
Kiefernholztüren in die einzelnen Zimmer führten. Jedes Zimmer hatte ein großes
Blechschild mit Namen der Region auf dem Türblatt. Ich las "Höri",
"Bodman", "Salem" und zu meinem großen Entzücken stand auf
meiner Tür "Mainau". Das Zimmer würde ich bestimmt nie verwechseln!
    Mein Zimmer war noch größer als das
letzte und wirkte beinahe wie ein normales Hotelzimmer. Einzig die Notrufknöpfe
im Badezimmer und am höhenverstellbaren Bett deuteten auf eine überwachte
Station hin, gaben mir aber auch Sicherheit.
    Und ich hatte tatsächlich von meinem
kleinen Balkon aus einen wundervollen Blick über den großen Klinikpark hinweg
auf eine winzig kleine Ecke des Bodensees, dessen silbrige Oberfläche im
Sonnenlicht glitzerte!
    Das Pflegepersonal ließ mich, nachdem
sie sich versichert hatten, dass ich weitgehend selbstständig war, in Ruhe.
Lediglich morgens und abends jeweils um sieben sah jemand zu mir herein.
Wahrscheinlich, um sich zu vergewissern, dass ich mit meinem Renngefährt nicht inzwischen
das Weite gesucht hatte…
    Nächstes Privileg: Ich durfte ab jetzt
zu jeder Mahlzeit in den großen Speisesaal fahren. Gespannt rollte ich
denselben Gang entlang, den wir damals bei meiner Ankunft passierten.
    Der Speisesaal konnte es durchaus mit
dem eines First-Class-Hotels aufnehmen, nur die Gäste waren alle irgendwie
"lädiert", die meisten davon sichtbar, weil sie entweder einen
Rollstuhl, Gehwagen oder Krücken bei sich hatten. Nur ganz wenige liefen frei
und ohne zu hinken.
      Als ich kurz im Eingang verharrte, um mich zu
orientieren, kamen mir unwillkürlich diverse Gerichtsurteile in den Sinn, die
alle mit Klagen von Urlaubern zu tun hatten, welche sich durch den Anblick von
Behinderten in ihrem Hotel in ihrer Urlaubsatmosphäre drastisch gestört
fühlten.
    Es war schon Wahnsinn, eine solche
Klage von der Gerichtsbarkeit überhaupt anzunehmen, von noch größerem Kranksein
im Hirn zeugte es aber, sich über Behinderte als "Urlaubs- und
Erholungshindernis" aufzuregen. Wir alle hier im Saal hatten auf
schmerzliche Weise erfahren müssen, wie schnell man vom Gesunden zum
Behinderten mutieren konnte!
    Sollte ich behindert bleiben - der
Himmel wusste, dass es das Letzte war, was ich wollte - aber sollte dies der
Fall sein und ich   würde auf einen derart
bescheuerten Zeitgenossen stoßen, der sich durch behinderte Mitmenschen gestört
fühlte, dann würde ich diesen verklagen, weil ich mich durch sein normales
Aussehen und seine blöde Art diskriminiert fühlte!
    Entschlossen fuhr ich in den beinahe
vollbesetzten Raum hinein. Glücklicherweise stand in der Nähe des Eingangs eine
Frau, die eine Liste in der Hand hielt und den Neuzugängen ihre Plätze zuwies.
Ich landete an einem Sechsertisch, war davon die dritte Rollstuhlfahrerin und
wurde von den beiden anderen fröhlich empfangen:
    " Jetzt sind wir zur Hälfte
Rollifahrer! Hallo, ich bin Frank", begrüßte mich der junge blondgelockte
Mann zu meiner Rechten. Der dritte im Bunde saß mir gegenüber, ein älterer
beleibter Herr in einem elektrisch gesteuerten Gefährt mit hoher Rückenlehne.
Er hatte ein freundliches Gesicht voller Lachfältchen. Herr Klamber war
Siebzig, saß schon seit zehn Jahren aufgrund eines Schlaganfall im Rollstuhl,
hatte noch diverse andere Beschwerden, ließ sich aber nicht unterkriegen.
    Man erlebte ihn nur gut gelaunt und
immer mit einem lustigen Witz auf den Lippen. Er trug entscheidend zu dem
entspannten

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