Zitronentagetes
in seinem Kopf breit.
Marc konnte sich nach diesen Schilderungen alles bildlich vorstellen.
Die Lösung, dass sein alter Herr zunächst im Schwedenhäuschen wohnte, war optimal. Sein Vater wollte keine Extrawürste. Er versorgte sich selbst, immerhin war das Gästehäuschen komplett ausgestattet. Für Strom, Miete und die Nebenkosten kam er auf und seine Wäsche wusch er im Waschsalon. Marc war erleichtert, dass sie sich nicht in die Quere kamen. Manchmal sahen sie sich tagelang nicht. Beinahe führten sie ein ganz normales Leben. Wenn es nicht diese andere Sache gäbe. Auch hier hatte sein Vater ihm endlich reinen Wein eingeschenkt. Marc wusste, dass George damals mit einem zweiten Mann gearbeitet hatte. Dieser war beauftragt worden, für kleinere Mängel auf den Baustellen zu sorgen. Mittlerweile hatte sich herausgestellt, welch folgenschwere Entscheidung er damit gefällt hatte. Jenen zweiten Mann hatte Dad nie zu Gesicht bekommen. Er kommunizierte mit diesem Typen lediglich mittels eines extra dafür angeschafften Mobiltelefons. George bezahlte ihn für einige Gefälligkeiten, indem er Geld in einem Postschließfach deponierte. Die Sache eskalierte, als sich eine Gruppe von Jugendlichen auf den Baustellen herumtrieb. Wahrscheinlich veranstalteten sie dort Mutproben oder hingen einfach nur ab. Auf alle Fälle traf zumindest einer der Teenager auf Georges unbekannten Partner, als dieser wieder einmal ein paar Schellen an Baugerüsten lockerte. Um nicht aufzufliegen, erstach der Mann den Jungen. Als George kurze Zeit später zufällig von Marc erfuhr, dass Joshua Tanner mit einer Schulklasse eine Baustellenbegehung plante, war es bereits zu spät gewesen. Die Schellen auf besagter Baustelle waren längst manipuliert worden, und obendrein hatte George das Handy verloren, sodass er auch nicht mehr mit seinem Partner in Kontakt treten konnte. In der Folge stürzte das Gerüst, auf dem sich mehrere Jungen befanden, ein. Das Ergebnis: sieben zum Teil schwer verletzte Kinder und Joshua Tanner, dem nur ein Zufall das Leben gerettet hatte. Obwohl George Marc sofort informiert hatte, er solle die Begehung der Baustelle verhindern, war das nicht mehr möglich gewesen. Vor seinen Augen war sein bester Freund in die Tiefe gestürzt. Daraufhin nahm die Polizei seinen Vater fest und steckte ihn in den Knast. George hatte alles gestanden und bereute seine Tat sehr. Nach dem Grund befragt, sagte er vor Gericht aus, er habe lediglich seinem Sohn einen Denkzettel verpassen wollen. Marc sollte selbst Entscheidungen treffen, auf eigenen Füßen stehen und nicht nur im Schatten der Tanners agieren. Außerdem missfiel George Megans dominanter Einfluss auf Marc. Vor fast einem Jahr war George vorzeitig entlassen worden und einige Monate später hatte sich sein unbekannter Partner von damals zurückgemeldet. Er forderte eine angeblich offene Zahlung und drohte damit, Marc oder Rosie etwas anzutun. Marc rieb sich das Kinn. Kein Wunder, dass sein Vater in Panik geraten war. Er konnte gut nachvollziehen, dass George auf eigene Faust versuchte, der Sache nachzugehen. Ein Ex-Knacki war nicht gut angesehen bei der Polizei. Außerdem hatte George keinerlei Beweise für seine Behauptungen. Was lag demnach näher, als sich mit Rafe Masterson zu treffen? Den Sicherheitsexperten, den Marc damals angeheuert hatte, um die Vorfälle auf den Baustellen aufzuklären. Rafe hatte als studierter Bauingenieur, Statiker und einer anschließenden Laufbahn beim FBI die besten Referenzen für diesen Job gehabt. Er arbeitete undercover als Bauarbeiter für Tanner & Cumberland Construction und deckte nach und nach die Sache auf. Allerdings hatten Marc, Josh und Rafe angenommen, dass der Fall mit der Messerstecherei abgeschlossen war. So hatte niemand von ihnen ahnen können, wie gefährlich die Begehung einer Baustelle für die Schüler werden würde. Der unsichtbare Partner verschwand und tauchte ab. Jetzt war er also wieder da. Wäre es möglich, dass der Kerl hinter seinem Unfall steckte? Georges Äußerung war nicht aus der Luft gegriffen.
Marc beschloss, noch einmal mit seinem Anwalt zu sprechen. Im Grunde war ihm jedes Mittel recht, um nicht in den Knast zu müssen. Aber mit einem fiesen Schurken, dem man die Schuld in die Schuhe schieben konnte, ginge es ihm besser als mit einer psychisch kranken Frau, die Selbstmord verübt hatte. In dessen Folge ihr Ehemann Versicherungsbetrug beging. Was für eine verfahrene Kiste. Egal, wie es geschehen war: Der
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