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Zitronentagetes

Zitronentagetes

Titel: Zitronentagetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Orlowski
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Puzzlespiel vollkommen im Dunkeln. Um nicht alles zu vergessen, fuhr George sofort in die Pension und machte sich Notizen. Er verglich alle Angaben mit denen von Rafe Masterson. Sie griffen ineinander, auch wenn hier und da lediglich Spekulationen angeführt wurden. Alles in allem war das Bild aber stimmig. Er fand nicht die geringste Spur, die ihn zu seinem Anrufer führte. Fast hätte George an seinem Verstand gezweifelt, wenn Marc ihm nicht von seinem merkwürdigen Telefonat berichtet hätte. Erneut ruhelos, war George schließlich nach Hause gefahren. Er wollte nicht mehr in der Defensive verweilen, sondern diese Sache ein für alle Mal klären. Dazu musste er Gespräche mit seinem Sohn und seiner Frau führen. Erst an der Haustür begriff er, dass es mitten in der Nacht war. Alle Welt schlief, während er in seinen eigenen vier Wänden umhergeisterte. Eine Hand bereits am Knauf der Schlafzimmertür entschied er sich dagegen. Er musste Rosie sehen. Mit ihr waren Licht und Hoffnung in die Familie gekommen. Kurz war ihm bewusst geworden, wie leicht jemand ihr kleines Leben auslöschen könnte. Mit schnellen Schritten und hämmerndem Herzen betrat er ihr Kinderzimmer. Plötzlich konnte er es keine Sekunde länger aushalten, ohne einen Blick auf ihre Pausbäckchen zu werfen. Der Schmerz traf ihn so unerwartet, dass seine Beine keinen Halt mehr fanden.
    »George«, rief Jenny, woraufhin Rosie erwachte und erschrocken zu weinen begann. Sofort tröstete ihre Mom sie. George rappelte sich auf und trat ebenfalls an das Kinderbett. Die Kleine strahlte ihn an, legte sich wieder brav hin und gehorchte ihrer Mutter. Als endlich Ruhe eingetreten war, zog Jenny ihn mit sich auf den Flur. »Hast du den Verstand verloren?«, zischte sie. »Wie kannst du mich so in Angst und Schrecken versetzen? Du … Idiot.«
    Er hatte es wahrlich nicht anders verdient.
    Etwas Warmes, Feuchtes lief in seinen Kragen. George ertastete eine Beule an seinem Hinterkopf. An seinen Fingern klebte Blut.
    Als er es aussprach, hob Jenny den Kopf. »Na und? Selbst Schuld.«
    Diese Kaltblütigkeit hätte er seiner Frau nicht zugetraut. Dennoch schien sie einen Funken Mitleid mit ihm zu haben und presste ein Geschirrtuch auf die Wunde. Besondere Vorsicht ließ sie dabei nicht walten. Was aus ihrer Sicht nur allzu verständlich war. Er verkniff sich einen Protest und biss die Zähne zusammen.
    »Ich glaube, das muss genäht werden«, sagte sie.
    »Hast du einen Spiegel zur Hand?«
    »Nein.«
    »Auch gut.«
    »Fahr zur Notaufnahme.«
    »So eilig wird es schon nicht sein.«
    »Dann formuliere ich es anders: Ich möchte, dass du gehst. Sofort.«
    Er stammelte Erklärungen, brachte Entschuldigungen für sein unbedachtes Handeln vor. Sie blieb hart. »Jenny, wir müssen reden.«
    »Das sagt der Richtige.«
    »Ich verstehe deine Verärgerung.«
    »Mach jetzt nicht auf älter, weiser, verständnisvoller. Ich möchte endlich wissen, was hier gespielt wird.«
    »Das wirst du auch. Ich muss lediglich zuerst mit Marc sprechen. Und dann liefere ich dir alle Erklärungen. Vertrau mir, Jenny.«
    Langsam schüttelte sie den Kopf. »Das kann ich nicht.«
    »Liebes …«
    »Nein, komm mir bloß nicht so, sonst fange ich vor Wut an zu kreischen. Zur Abwechslung sage ich jetzt, wo es langgeht.«
    »Nur zu«, gab er nach.
    »Du lässt das hier …«, während sie redete, verstärkte sie kurz den Druck auf seine Wunde am Hinterkopf, dass er meinte, vor Schmerz zu schielen. Er gönnte ihr dennoch den kleinen Triumph. »… versorgen. Packst im Anschluss deine Sachen und gehst.«
    »Wohin?«
    »Mir egal.«
    »Nett.«
    »Halt den Mund. Am liebsten würde ich dir eine reinhauen.«
    »Schade, dass Marc dich so nicht sehen kann. Der hätte seine helle Freude daran.«
    »Lass deinen Sohn aus dem Spiel. Er war zur Stelle, als ich ihn brauchte.«
    »Ja, seine Loyalität hat ihn schon immer ausgezeichnet. Weiß der Himmel, wo er das herhat. Meinst du es ernst?« Sie wussten beide, worauf er anspielte.
    »Ja. Ich brauche einfach Zeit, George.«
    Er seufzte tief. »Wie lange?«
    »Kann ich nicht sagen, beim besten Willen.«
    »Verstehe.«
    »Übrigens: Findest du es nicht merkwürdig, dass du erst mit Marc und dann mit deiner Frau reden möchtest? Korrigiere mich, aber ich denke: Umgekehrt wird ein Schuh draus. Oder willst du mir weismachen, dass er ältere Rechte hat?«
    »Na ja …« George hielt es für klüger, das Gespräch hier zu beenden. Ein dumpfer Schmerz machte sich wummernd

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