Zitronentagetes
was daraus wurde. Von der Sache mit den Baustellen hatte Jenny zum damaligen Zeitpunkt allerdings keinen blassen Schimmer. Nun weißt du alles. Es soll keine Entschuldigung sein für all das, was ich angestellt habe. Aber vielleicht kannst du meine Beweggründe jetzt besser nachvollziehen. Mir tut alles so unendlich leid. Ich möchte nicht, dass zwischen uns je wieder eine tiefe Kluft herrscht. Das Leben ist verdammt kurz, Marc.«
Das hatte er längst begriffen, und so wollte er zukünftig Wichtiges, das ihm am Herzen lag, nicht mehr auf die lange Bank schieben. Georges Worte hatten ihm die Augen geöffnet. Meistens waren die Dinge nicht so, wie sie schienen. Zumindest so viel hatte er begriffen. Dass sein Vater unter der Trennung von Jenny litt, war ihm deutlich anzusehen. Er liebte die junge Frau und nach allem, was er durchgemacht hatte, verdiente er ein bisschen Glück. Vielleicht konnte er ein wenig zwischen den beiden vermitteln. Doch zunächst musste er noch einmal Scott Peterson aufsuchen. Gleich morgen.
*
»Würdest du schon Tee aufsetzen? Es gibt gleich Abendbrot«, rief Flo, als sie die Praxisräume verließ. »Meine Güte, tun mir heute die Füße weh. Im Salon war die Hölle los, ich bin hin und her geflitzt.«
Marc nahm ihr die Putzutensilien ab und küsste sie. »Der Tisch ist bereits gedeckt, ruf Kevin und setz dich einfach.«
»Hm, du bist nicht nur sexy, sondern auch unglaublich hilfsbereit. Kein Wunder, dass ich dich liebe.« Hatte er den letzten Teil noch gehört oder gab es einen anderen Grund, warum er mit keiner Silbe auf ihre Liebesgeständnisse einging? Sie machte sich wahrscheinlich zu viele Gedanken. Es lag auf der Hand, dass er sie ebenfalls liebte, auch wenn er es nicht aussprach.
»Wundere dich nicht«, sagte sie während des Abendessens zu Marc, »wenn du in deinen Unterbuxen Petersilie findest.«
Kevin grinste amüsiert, Bertha schaute auch nicht besser drein.
»Ich habe die derzeit frostigen Temperaturen genutzt und den Gefrierschrank abgetaut. Dabei habe ich das gesamte Gefriergut in den Wäschekorb gestapelt und auf die Veranda gestellt. Ein Beutel mit Petersilie muss nicht richtig verschlossen gewesen sein. Jedenfalls lagen etliche winzige Kräuterreste im Wäschekorb. Sie gingen gar nicht alle raus.«
»Das beruhigt mich. Ich hatte schon Angst, ich setze an meinen einschlägigen Körperteilen Grünspan an.«
Bertha konnte sich ihr Kichern nicht mehr verkneifen. »Um so etwas anzusetzen, kommt er viel zu oft zum Einsatz«, flüsterte sie keck, nachdem Kevin wieder nach oben gegangen war.
Flo lachte.
»Das habe ich gehört«, rief Marc aus.
»Na, wenn schon.« Bertha zuckte mit den Schultern.
*
George war gerade dabei, es sich gemütlich zu machen, als sein Handy läutete.
»Sie sollten meine Geduld nicht überstrapazieren.«
Verdammt, der Dreckskerl war offenbar nicht gewillt, aufzugeben. »Rufen Sie mich nie wieder an«, blaffte George.
»Ich rate Ihnen, meine Warnungen nicht länger in den Wind zu schlagen, sonst …«
»Freundchen, jetzt ist Schluss. Mein Sohn weiß über Sie Bescheid. Passen Sie auf, dass wir Ihnen nicht den Arsch aufreißen.« Für einen Moment schien es, als hätte er den Anrufer aus dem Konzept gebracht.
»Holzwurm.«
»Was?«
»Das ist der Code der Alarmanlage Ihres Hauses, nicht wahr?« Der Anrufer beendete das Gespräch.
Hastig drückte George auf Jennys eingespeicherte Nummer. Er wünschte, dies alles wäre nur ein Bluff.
»Sagt dir das Wort Holzwurm etwas?«
»Ich verstehe nicht?«
»Wirklich nicht?«
»Woher weißt du das, George?«
»Das spielt keine Rolle. Ruf sofort Rafe Masterson an und ändere den Code, hörst du?«
»Sag mal …«
»Dafür ist jetzt keine Zeit. Ich komme, so schnell ich kann.« Es würde nie zu Ende sein, wenn er nicht handelte.
Bevor er Hals über Kopf nach Baltimore aufbrach, mahnte er sich zur Besonnenheit. Er wollte nicht dieselben Fehler wie in der Vergangenheit machen, also setzte er Marc in Kenntnis. Sofort bot sein Sohn an, ihn zu begleiten.
»Ich glaube nicht, dass das nötig ist. Trotzdem danke.«
»Du hältst mich doch auf dem Laufenden?«
»Natürlich. Darauf kannst du dich verlassen.«
Es schneite fast ununterbrochen, der Beltway war stellenweise sehr glatt. George merkte es und drosselte die Geschwindigkeit. Er hätte müde sein müssen, immerhin war es mittlerweile nach neun, doch das Gegenteil war der Fall. Als er den Schlüssel in die Haustür stecken wollte,
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