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Zitronentagetes

Zitronentagetes

Titel: Zitronentagetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Orlowski
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seinem Nachtschrank ab.
    »Meidest du absichtlich meinen Blick? Du hast dich bereits dreimal geräuspert, seit du in meinem Zimmer bist. Und das ist noch keine Minute her.«
    »Tatsächlich, so lange schon.«
    »Wieso verteilst du im Namen der Klinik die Geschenke?«
    »Ist eine längere Geschichte.«
    »Wie immer bei dir. Hm, gehört offenbar zu einem deiner überreichlich gut bezahlten Jobs.«
    Sie musste nun doch kichern. »Könnte man sagen.«
    »Machst du jetzt auch noch auf Krankenschwester?«
    »Eher auf Seelsorger.«
    »Ist ja interessant. Und da haben sie dich zu mir geschickt?«
    »Nein, zu allen Patienten.«
    »War ein langer Nachmittag für dich, was?«
    »Es sind nicht so viele, die die Feiertage hier verbringen müssen.«
    »Dann kann man nur hoffen, dass du nicht pro Kopf bezahlt wirst.« Wieder versuchte sein Blick, den ihren einzufangen. »Du hast ja ganz nasses Haar.«
    »Mir ist heiß heute.«
    »Bist du krank? Fieber? Dein Gesicht ist auch gerötet.«
    »Mir geht’s gut.«
    »Was sind denn das für seltsame Flusen hinter deinem Ohr?«
    Hastig fuhr sie sich durch das Haar und entfernte die Reste der Weihnachtsmannkostümierung. »Wo bin ich denn da gewesen?«
    »Flo?«
    »Ja.« Sie konnte ihm unmöglich länger ausweichen.
    »Gib dir keine Mühe«, bat er schlicht.
    Ihre Schultern sackten nach unten. »Es tut mir leid, Marc. Ich weiß nicht, was ich sagen oder wie ich damit umgehen soll. Es ist … schrecklich.«
     
    *
     
    Seine Kehle war wie zugeknotet. Er konnte kein Wort herausbringen.
    »Kann ich irgendetwas für dich tun?«
    Das Mitleid in ihrer Stimme war mehr, als er ertragen konnte. Wenn sie ihn jetzt in die Arme nahm, würde er zusammenbrechen. Glücklicherweise wuselte sie plötzlich durchs Zimmer und zupfte die vertrockneten Blätter von seinen Blumen. Die Zudecke hing an einer Seite hinunter. Sie zog sie zurecht und achtete sorgsam darauf, ihm nicht wehzutun. »Die liebe Flo, also doch unterwegs als Florence Nightingale«, brachte er sarkastischer als beabsichtigt hervor.
    »Wenn man in Betracht zieht, dass mein Mädchenname Amsel lautet, könnte man fast an Reinkarnation glauben.«
    »Ist nicht dein Ernst.«
    »Ich kann es beschwören.« Sie hob Zeige- und Mittelfinger zum Schwurzeichen. »Und, Marc? Wie geht es dir sonst?«
    »Du meinst, mal abgesehen von diesem … diesem Handicap? Oh, prima. Das Fieber ist weg, ab heute darf ich wieder allein pinkeln und die Schwestern haben eine irre Freude daran, auf meinen Stuhlgang zu warten. Du siehst also, könnte gar nicht besser sein.«
    Sie verschränkte die Arme vor der Brust und sah ihm zum ersten Mal an diesem Tag wirklich in die Augen. »Du bist ein miserabler Lügner.«
    »Hab ich von dir gelernt.«
    »Und wie geht es nun weiter?«
    Sobald ich die Gelegenheit habe, hänge ich mich auf. »Tja, es rumpelt und pumpelt in meinem Bauch herum. Er ist aufgebläht und kneift, aber es tut sich nichts.«
    »Du willst mich absichtlich falsch verstehen. Außerdem, so schnell kannst du mich nicht schockieren. Ich weiß, es ist ätzend, auf einen Topf gehen zu müssen, wenn man im Bett liegt. Aber es bleibt einem nichts anderes übrig. Am besten, du denkst dich einfach weg in diesen Augenblicken. Leg einen Schalter in deinem Gehirn um und lass deine Gedanken fortwandern.«
    Er musterte sie nachdenklich.
     
    Flo war bereits seit einer Weile gegangen, als die Schwester wieder nach ihm sah. »Was macht Ihr Darm?«
    »Woher soll ich das wissen, er redet nicht mit mir.«
    Sie sah ihn missbilligend an.
    Zimmerman schneite herein und zückte erneut sein Stethoskop, hielt sich ansonsten nicht lange auf. Die Schwester servierte ihm eine Tasse duftenden Bohnenkaffee.
    »Weil Weihnachten ist ?«
    »Nein, manchmal wirkt der abführend.«
    Missmutig sah er sie an.
    »Was machen die Winde?«
    Sie geben wohl nie auf, was, Herzchen? Ich muss schon sagen, Ihre Gelüste sind in meinen Augen recht fragwürdig.
    Sie musterte ihn streng, als hätte sie seine Gedanken gelesen.
    Resigniert zuckte er mit den Schultern. »Es tut sich nichts.«
    »Heftiges Bauchkneifen?«
    »Herrje – ja.« Als sie verschwand, war er erleichtert, allerdings währte dieser Zustand nicht lange.
    »Hier ist ein Zäpfchen.«
    Das sehe ich. Es schien ihr auch noch Spaß zu machen. Er wollte danach grabschen und es quer durchs Zimmer werfen. »Es ist Weihnachtsabend, Herrgott.« Haben Sie nichts Besseres zu tun?, herrschte er sie in Gedanken an.
    »Mr. Cumberland, ich mache nur meine

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