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Zitronentagetes

Zitronentagetes

Titel: Zitronentagetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Orlowski
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Arbeit. Führen Sie sich bitte das Zäpfchen ein, sonst bin ich gezwungen …«
    »Geben Sie schon her.«
    Als sie sich nicht vom Fleck rührte, hob er den Blick.
    »Bitte, können Sie mich nicht irgendwie zur Toilette bringen ?« , bat er leise und sah beschämt auf seine Bettdecke.
    »Okay, ich hole einen Rollstuhl, wenn Sie mir versprechen, jetzt das Zäpfchen in Ihren Allerwertesten zu schieben.«
    »Habe ich eine Wahl?«, nörgelte er undeutlich.
    Einmal mehr fühlte er sich wie ein nutzloses Wrack. Die Schwester hielt ihr Versprechen und bugsierte ihn gemeinsam mit Zimmerman auf die Toilette. Dann ließen sie ihn gnädigerweise allein. Das ungestörte Vergnügen nützte ihm wenig. Sein Beinstumpf lag bleischwer auf der Toilettenbrille und schmerzte höllisch. Marc hielt die Luft an und klammerte sich an den Haltegriffen fest. Noch immer weigerte er sich, auf den Stumpf zu sehen, starrte stattdessen stur auf die Tür. Du musst dich wegdenken, hatte Miss-guter-Ratschlag gesagt. Konnte ihm irgendjemand verraten, wie er das, verdammt noch mal, anstellen sollte? Niemand hatte eine Ahnung von dem, was er durchmachte. Die ganze schlaue Mischpoke sollte ihm am Arsch lecken. Tja, vielleicht würde das ja seinen Darm anregen, überlegte Marc mit einer seltsamen Art von Galgenhumor. All die bisher verabreichten Mittelchen taten es jedenfalls nicht. Nicht mal Luft ablassen ging, dabei würde ihm das bestimmt einige Erleichterung verschaffen. Vor ein paar Wochen war er noch in Oakland an einem Bungee-Seil befestigt vom Sky Tower gesprungen. Wer hätte gedacht, dass er einmal über solche Dinge brüten müsste. Brüten – was für ein herrliches Wortspiel – zum Totlachen. Aber das Lachen blieb ihm im Halse stecken. Vielmehr musste er sorgsam darauf achten, nicht in Tränen auszubrechen. Dieser Toilettengang strengte ihn mehr an als alle seine bisherigen sportlichen Aktivitäten zusammen. Ihm wurde schwindlig, kalter Schweiß brach aus und bildete kleine Perlen auf seiner Stirn. Der Raum begann vor seinen Augen zu tanzen.
    »Marc.«
    Noch nie war er dankbarer gewesen, Zimmermans Stimme zu hören. »Kannst du mir helfen, bitte?«
    »Du bist genauso bleich wie dein Hemd.«
    »Mir ist nicht gut.«
    Der Assistenzarzt packte ihn erstaunlich kraftvoll unter die Arme und zog ihn hoch. Die Schwester drückte von hinten den Rollstuhl gegen seine Kniekehle. »Langsam hinsetzen.«
    Schwankend kam er, mit Curtis’ tatkräftiger Unterstützung, der Aufforderung nach. Sie hievten ihn wieder ins Bett.
    »Warst du wenigstens erfolgreich?«
    »Was?« Er stand ein wenig auf der Leitung.
    Zimmerman nahm selten ein Blatt vor den Mund. »Konntest du einen richtigen Schiss hinlegen?«
    Himmel, hilf! »Nein.« Es war zum Heulen.
    Der Arzt tastete seinen Bauch ab, der bretthart und äußerst druckempfindlich war.
    »Aua, hör schon auf damit. Ich bin müde.«
    »Okay. Aber ich mache mir ernsthaft Sorgen. Das können wir so nicht lassen. Für einen Einlauf ist dein Kreislauf momentan zu labil.« Zimmerman überlegte einen Augenblick. »Ich sollte mit Elizabeth Tanner telefonieren und mich mit ihr besprechen.«
    »Tu das.«
    »Andererseits es ist der Weihnachtsabend, und daher versuche ich, mir vorzustellen, wie sie vorgehen würde. Du musst von den Bauchschmerzen befreit werden.«
    »Gute Idee.«
    »Ich werde dir für die Nacht ein Darmrohr legen. Wenn die Winde abgehen, bringt das schon mal Entspannung. Hilft das nicht, gibt dir die Nachtschwester eine Spritze in der Frühe.«
    »Also noch mehr Nadeln.«
    »Wäre doch gelacht, wenn wir diesem Darm nicht auf die Sprünge helfen. Als letztes Mittel bleibt morgen Vormittag der Einlauf – na, dann fröhliche Weihnachten.«
    »Ich will jetzt schlafen.«
    »Natürlich, es dauert nicht lange.«
    Marc war froh, dass sich der Raum wenigstens nicht mehr um ihn drehte. Was Curtis zur Krankenschwester sagte, war ihm herzlich egal. Lasst mich einfach alle in Ruhe. Es wäre viel besser gewesen, wenn er diesen Unfall nicht überlebt hätte. Doch nun lag eine junge Frau an seiner statt in der kalten Erde. Wie ein Blitz durchzuckte ihn die furchtbare Wahrheit. Er hatte plötzlich das Gefühl, ins bodenlose Dunkel zu stürzen. Sein Atem stand schwer wie Blei in seiner Brust und drohte, ihn zu ersticken. Die Schwester drehte ihn auf die linke Seite – er ließ es geschehen. Jetzt spürte er Hände an seinem … seinem Hintern. Er glotzte nur, das durfte doch nicht wahr sein. »Aua.« Marc zuckte

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