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Zitronentagetes

Zitronentagetes

Titel: Zitronentagetes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Orlowski
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möchtest du nicht weiter auspacken?« Sie griff in die Keksdose. »Ich hoffe, du bist mir nicht böse, Marc. Als ich das letzte Mal hier war, hast du noch viel geschlafen und ich habe deinen Wohnungsschlüssel genommen.« Ihre Blicke trafen sich. »Ich dachte, es wäre gut, wenn jemand in deinem Apartment nach dem Rechten sieht. Die Pflanzen mussten gegossen werden und ich habe die Räume durchgelüftet. Alles Angebrochene aus dem Kühlschrank habe ich weggeworfen. Ach, und der Briefkasten platzte auch fast. Es liegt alles auf dem Tischchen neben der Wohnungstür. Die Briefe von der Versicherung habe ich dir mitgebracht. Das hat eventuell Eile, was meinst du?« Es war unverkennbar gewesen, dass keine Frau mehr in dem Apartment wohnte. Dies hatte sie schnell erkannt, bereits, bevor sie sich im Bad und im Schlafzimmer darüber vergewissert hatte. Nirgends fanden sich Hygieneartikel für Damen, Tiegelchen oder Kosmetika und auch keine weiblichen Kleidungsstücke. »Du hättest mir sagen können, dass Amy … nicht mehr da ist«, sagte sie nach kurzem Zögern.
    »Ich möchte nicht darüber reden, Mom.«
    »Ihr habt euch getrennt.«
    »Mom, bitte.«
    »Schon gut, klären wir das ein anderes Mal. Wie gefällt dir der Pullover?«
    »Sehr schön, danke .« Marc zog ein weiteres Päckchen hervor. »Jetzt ist es doch genug, Mom.«
    »Du musst dich in Zukunft schön warmhalten, wo du doch nicht mehr so … beweglich bist wie früher.«
    Er fuhr zurück, als hätte sie ihn geschlagen.
    »Eine Decke? Ich bin kein alter Mann.«
    Seine heftige Reaktion hatte sie nicht erwartet. »Junge, versteh doch.« Sie wollte ihn in die Arme schließen, doch er hob abwehrend die Hand. Fürchtete er, dass ihre mütterliche Wärme ihn zusammenbrechen ließ? Und dann könnte er womöglich nicht mehr aufhören zu weinen.
    Ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Ich bin immer für dich da, Marc. Wir schaffen das, glaub mir. Du denkst jetzt sicher, es geht nicht weiter, aber das tut es. Das tut es immer irgendwie.« Sie nahm seine Hand und streichelte sie sanft. »Weißt du, ich habe mir Folgendes überlegt: Wenn sie dich so weit hergestellt haben, dass du entlassen werden kannst, ziehst du wieder nach Hause – zu mir. Ich kann für dich sorgen, all das erledigen, wozu du nicht in der Lage bist, und dir jederzeit helfen. Mit ein paar baulichen Veränderungen erleichtern wir dir die Zugänge zu allen Räumen und …«
     
    *
     
    Er wollte das alles nicht hören und hätte sich am liebsten die Ohren zugehalten. Es war rührend, dass sie sich so für ihn ins Zeug legte, aber ihre Fürsorge erdrückte ihn. Sie hatte recht, er musste sich Gedanken machen. Doch er wollte so eine Zukunft nicht, nicht solch ein Leben als … Krüppel. Krüppel waren in dieser Gesellschaft nutzlos. Er würde immer auf die Hilfe anderer angewiesen sein.
    »Marc, hörst du mir überhaupt zu ?«
    Er zwang sich zu einem Lächeln. »Entschuldige.«
    »Sieh mal, du brauchst eigentlich das Apartment nicht mehr. Mit dem Geld vom Verkauf ist der Umbau kein Problem, und es bleibt bestimmt noch etwas über. Ich könnte gleich nach den Feiertagen einen Makler beauftragen. Sicher können wir Angelina Rickman vertrauen, was meinst du?«
    Ihm schwirrte der Kopf. Es war alles zu viel auf einmal. Der Gedanke, umsorgt zu werden, tat gut, wenn nicht … Was? Was störte ihn so sehr? War es nicht schön, zu beobachten, wie gut es seiner Mutter ging, wenn sie eine Aufgabe hatte? Wenn sie sich ganz und gar um ihr Kind kümmern konnte. Sie brauchte das anscheinend mehr als alles andere. Ihm war klar, dass er nicht allein zurechtkommen würde. Aber das Apartment aufgeben? Vielleicht sollte er den Einzug in sein Elternhaus als Übergangslösung in Betracht ziehen. Er ahnte allerdings, dass Konflikte bereits vorprogrammiert waren. Es würden genau die gleichen sein wie früher. Wenn er ihr das sagte, würde er ihr wehtun und das hatte sie nicht verdient. Er wollte nicht derjenige sein, der ihr Lächeln zerstörte.
     
    *
     
    »Mir ist langweilig«, maulte Kevin und sah sie finster an. »Alle sind nur beschäftigt, Weihnachten mit der ganzen Familie zu feiern. Das ist total öde.«
    Flo musterte ihn.
    »Ryan ist mit seinen Eltern und seiner kleinen Schwester auf Tanner House.«
    Sie wusste, dass die Tanners und die O’Brians zusammen das Fest begingen. Sogar Bertha war eingeladen, da sie für die O’Brians als Ersatzoma fungierte. Und gleich morgen früh flogen die O’Brians nach Aspen,

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