Zitronentagetes
heute anders?«
»Wie bitte?«
»Du hast mich genau verstanden.«
»Nein.«
»Na schön, wenn es dir lieber ist, kann ich wieder gehen.«
»Nur zu! Feiere mit den Leuten, die du meinetwegen versetzt hast.«
»Okay, ist nur dumm, dass offenbar niemand Zeit und Lust hat, mit mir diesen Abend zu verbringen. Daher kam ich auf die Idee … mein Fehler, entschuldige. Soll ich dir Kartoffelsalat und Würstchen dalassen, für später vielleicht?« Der Kloß in ihrem Hals machte es ihr schwer, zu sprechen.
»Ich habe es nicht so gemeint«, sagte er leise.
»Doch, hast du. Was ist heute passiert?«
»Nichts.«
»Du lügst.«
»Na, hör mal!«
»Du lügst.«
»Lass das sein.«
»Trotzdem lügst du.«
»Was macht dich da so sicher?«
»Ich weiß es.«
»Lächerlich.«
»Wenn du meinst.«
»Diese Selbstgefälligkeit passt nicht zu dir.«
»Aha.«
»Ich habe mir heute in die Hose gemacht, gewissermaßen«, platzte er heraus. »Dieses verflixte Zäpfchen …«
Um nicht loszuprusten, rieb sich Flo hastig die Nase. Der Rest ihres Gesichts verriet sie.
»Was gibt es da zu lachen?«
Sie gluckste leise.
»Hätte ich bloß den Mund gehalten.«
Sie konnte sich kaum noch zurückhalten und stieß ein unterdrücktes Quieken aus.
»Du klingst wie ein Meerschweinchen auf Speed. Was soll das?«
Nun brach ihr schallendes Lachen endgültig aus. »Tut mir leid, entschuldige.« Sie wischte sich die Tränen fort, während er sie finster ansah.
»Ich weiß, es gehört sich nicht, aber ich musste einfach lachen. Solche Missgeschicke passieren, die darf man nicht ernst nehmen, Marc.«
»Du hast gut reden.«
»Ich darf das, immerhin bin ich die ungekrönte Königin der Fettnäpfchen.«
Jetzt verzogen sich auch seine Mundwinkel zu einem vorsichtigen Lächeln.
*
Flo gab ihm ein Küsschen auf die Wange. Er wusste nicht recht, wie er das einordnen sollte, bis ihm einfiel, dass sie eine Mutter war. Und Mütter verteilten nun mal spontan Küsschen, oder nicht?
»Ich schlage vor, wir genehmigen uns Kartoffelsalat und Würstchen. Was hast du heute gegessen?«
»Nichts.«
Sie sah ihn an. »Du sagst auch noch die Wahrheit. Also, wirklich, mein Lieber, muss ich mich denn um alles kümmern?«
»Ja, Miz Nightingale.« Marc hatte nicht gewusst, wie hungrig er gewesen war. Mit ihren selbst gemachten Köstlichkeiten im Bauch fühlte er sich tatsächlich ein wenig besser.
Sie musterte ihn intensiv. Was hatte sie denn? Ihre tränenfeuchten Augen brannten ein Loch in sein Herz. Er musste schlucken.
»Was hast du noch alles in deinem Korb, Rotkäppchen?«
»Zwei Reisemagazine für den Globetrotter unter uns, eine Rätselzeitung und für mich Gartenratgeber. So wird es niemandem langweilig, wenn uns der Gesprächsstoff ausgehen sollte.«
Das kann dir als gelernte Plaudertasche doch nicht passieren.
»Papierschlangen und Papphütchen fand ich für unsere Situation ein bisschen übertrieben. Oder hättest du gern einen kleinen Depps auf ?«
Gott bewahre.
»Wenn du dein Gesicht sehen könntest, Cowboy.«
»Hast du die Reisemagazine etwa gekauft ?« Ein unangenehmer Gedanke, bedachte er ihr Einkommen.
»Nein, geklaut. Mit ein bisschen Umsicht ist das gar nicht so schwer«, antwortete sie trocken.
»Du lieber Himmel, Flo.«
»Sieh an, du klingst ja richtig entsetzt. Dir kann man neuerdings jeden Quatsch erzählen. Was denkst du nur von mir? Sie lagen im Salon rum.«
»Dann hast du sie doch einfach genommen?«
Sie verzog ihr viel zu winziges, um sexy zu sein, Mündchen und klimperte mit den Wimpern.
»Ich wusste es. Du schaffst mich, Kleine.«
Während er das sagte, legte sie ihm die Corpora Delicti in den Schoß und blätterte oberflächlich in ihrer Gartenzeitschrift.
»Oh«, entfuhr es ihr. »Manchmal sieht man Schaum an Pflanzen, die sogenannte Kuckucksspucke. Das ist ein Schutz von Zikadenlarven gegen ihre Feinde. Er sollte nicht entfernt werden«, las sie.
»Mach ich bestimmt nicht.«
»Kaiserkronen und Madonnenlilien kann man bereits im August pflanzen. Das garantiert eine üppigere Blüte als bei im Spätherbst gesetzten Zwiebeln.«
»Wirklich?« Sein Sarkasmus prallte an ihrer Fröhlichkeit ab.
»Bei Kürbis reicht es vollkommen aus, zwei Früchte pro Pflanze zu belassen. Die restlichen weiblichen Blüten auskneifen. Aua, sehe ich etwa aus wie Kürbis?«
»Was nicht ist, kann ja noch werden.«
»Ph!« Beleidigt wies sie mit dem ausgestreckten Zeigefinger auf die Reisemagazine.
Er ignorierte es.
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