Zitronentagetes
achtlos zur Seite.
Sein Körper zeigte ihm den Weg und er schlang die Arme um Victoria. Er küsste sie, wie er noch nie geküsst hatte, und vergaß dabei alles andere. Sein harter Penis drängte sich gegen ihre Hüfte.
Vicky schob ihre Hände in sein Haar, strich über seinen Rücken und schob ihn schließlich sanft von sich. »Marc?«, flüsterte sie. »Marc!«, lauter jetzt.
Er öffnete die Augen und blinzelte.
»Das … das geht nicht.«
Ungläubig sah er sie an. »Was?«
Sie trat einen Schritt zurück, dann noch einen.
Die Erektion pochte unter dem Reißverschluss seiner Jeans.
»Du willst mit mir schlafen.«
Es klang nicht, als würde sie fragen. Ihre Worte verwirrten in. Sprach man es denn so offen aus? Er hatte geglaubt, man tat es einfach.
»Hattest du bereits Sex?« Vicky gab ihm keine Chance, ihrem Blick auszuweichen.
Er hatte das Gefühl, vor lauter Lust gleich zu platzen. Sein Mund war genauso trocken wie seine Kehle, die lediglich einen krächzenden Laut von sich gab. So schüttelte er vorsichtshalber nur den Kopf.
Vicky lächelte ihn an. Statt kokett wie sonst, war das Lächeln eher nachsichtig. Es gefiel ihm ganz und gar nicht. »Und du hast mich ausgewählt für dieses einschneidende, wichtige Ereignis.«
Nur seine Augen antworteten ihr.
»Dass du mir so viel Vertrauen entgegenbringst – ich fühle mich sehr geehrt.«
Was faselte sie da von Ehre – er wollte sie endlich bumsen, verdammt.
»Es tut mir sehr leid«, sagte sie sanft.
Hä? War das etwa ein Nein? »Ich liebe dich«, warf er verletzt ein.
»Ich liebe dich doch auch. Aber es ist mehr wie die Liebe unter Geschwistern.«
»Ich bin nicht dein Bruder.« Er war jetzt mehr als aufgebracht.
»Das weiß ich. Was soll ich machen? Es fühlt sich für mich aber so an. Bitte sei mir nicht böse. Seit wir Kinder waren, gehst du hier ein und aus – ich kann nicht mit dir schlafen. Das wäre einfach nicht richtig.«
Eine blödere Zurückweisung hatte er noch nie gehört. Damals hatte Marc gedacht, er würde sterben vor unerwiderter Liebe. Wie dumm er gewesen war. Er hatte sie nicht geliebt, er hatte überhaupt noch niemanden auf die Art geliebt. Auch Amy nicht, wie ihm plötzlich aufging. Möglicherweise war er nicht fähig dazu.
Immerhin hatte er damals noch Erektionen bekommen, heute konnte er davon nur träumen. Andererseits brauchte er ja überhaupt keine.
Marc hätte gern mit jemandem darüber gesprochen. Josh oder gar Tyler schieden aus, sie waren zu jung. Ein erfahrener Mann, wie … Dad wäre vielleicht besser geeignet.
Er hatte Durst, wollte aber die Prothese nicht extra anschnallen und humpelte mit einer Krücke in die Küche. Im Kühlschrank fand er eine Packung Orangensaft. Er nahm sich ein Glas, goss es halb voll und füllte es mit Wasser auf. Er leerte es in einem Zug.
Sein T-Shirt war nass. Dieses Schwitzen machte ihn noch verrückt. Er wollte sich ein zweites Glas nachfüllen und neben sein Bett stellen. Zu dumm, dass er nicht vorher daran gedacht hatte. Es war nicht leicht, das Glas zu balancieren, wenn er eine Gehstütze benutzte. Wie befürchtet verkleckerte er einiges auf dem Fußboden. Wieder in seinem Zimmer zog er sich das verschwitzte Shirt über den Kopf und warf es auf den Boden. Er nahm sich ein frisches und kroch zurück ins Bett, doch an Schlaf war nicht zu denken. Schließlich griff er nach dem Handy.
»Hallo?«, sagte sein Vater am anderen Ende.
»Ich bin’s .«
»Marc, ist was passiert? Geht’s dir nicht gut?«
»Ich … weiß nicht.«
»Soll ich kommen?«
»Weiß er überhaupt, wie spät es ist?«, hörte Marc Jenny fragen.
Hatte Amy nicht erwähnt, dass die beiden getrennte Schlafzimmer hätten? Womöglich hatte er sie bei einem Tête-à-Tête gestört.
»Nicht nötig, nein«, beantwortete er rasch die Frage. Dad hätte sich wirklich hinters Lenkrad gesetzt und wäre losgefahren – eine Fahrzeit von zwei Stunden völlig außer Acht lassend. Diese Tatsache erstaunte ihn. Er schielte auf die Uhr, es war bereits nach elf. »Wir reden später – ein anderes Mal«, murmelte er in den Hörer.
»Ist wirklich alles in Ordnung, Marc?«
Nein, nichts. »Ja.«
Er erwachte, als es draußen noch dunkel war. Marc hatte miserabel geschlafen. In seinem Bein pochte ein dumpfer Schmerz. Bevor er die nächste Tablette einwarf, musste er unbedingt frühstücken, sonst würde ihm nur wieder übel werden. Er kannte das schon. Daher widerstand er der Versuchung, einfach im Bett zu bleiben, und
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