Zivilcourage - Keine Frage
möglichst rasch umschifft werden. Die Angebote richten sich an die Kinder und ihre Eltern: Wenn Kleinkinder aus benachteiligten Familien das soziale Miteinander im Kindergarten erleben, entwickeln sie sich im weiteren Verlauf ihres Lebens nachweislich besser. Wer in einer Ganztagsschule bis zum Nachmittag lernt, hat weniger Zeit kriminell zu werden. Spezielle Trainings unterstützen die Eltern dabei, die Erziehung ihres Nachwuchses zu meistern. Allerdings gibt es bei all diesen Angeboten ein grundsätzliches Problem, für das es bislang keine Lösung gibt. Die Programme erreichen oft diejenigen nicht, die sie am nötigsten bräuchten.
Das Projekt » Pro Kind « soll verhindern, dass Kinder sozial schwacher Frauen in den gleichen Teufelskreis wie ihre Mütter geraten. Sozialarbeiterinnen und Hebammen begleiten die Frauen bereits während der Schwangerschaft und bis mindestens zum zweiten Geburtstag des Kindes. Die Gesundheitshelferinnen beraten die Frauen in Fragen der Erziehung und können so verhindern, dass die Mütter sich frühzeitig überfordert fühlen.
Mit Maßnahmen der sekundären Prävention kümmern sich die Verantwortlichen um Heranwachsende, die verhaltensauffällig sind und randalieren, für ihre kriminellen Taten bislang jedoch nicht verurteilt wurden. Weil junge Menschen ohne Schulabschluss häufiger straffällig werden, versucht man beispielsweise die jungen Rowdys durch kürzere Unterrichtseinheiten bei Laune zu halten – und so dennoch zum Abschluss der Schule zu bewegen. Besondere Priorität haben auch Lerneinheiten, in denen die Jugendlichen lernen, miteinander in Kontakt treten und Konflikte zu lösen, ohne dass gleich die Fäuste fliegen oder das Messer gezückt wird. Lehrer und Sozialarbeiter müssen frühzeitig reagieren, um zu verhindern, dass sich die Straftaten allmählich hochschaukeln – und eben aus dem Dieb am Ende kein Mörder wird.
Die tertiäre Prävention versucht schon straffällig gewordene Jugendliche vor einer erneuten Tat zu schützen. Das Jugendstrafrecht bietet dafür eine Vielzahl an erzieherischen Maßnahmen: Der Richter schickt den Täter in einen Antigewaltkurs, zur Suchttherapie oder zum Sozialtraining. Arbeitsstunden und die Zahlung von Schmerzensgeld an das Opfer sind weitere Maßnahmen. Durch den Aufenthalt in einem geschlossenen Heim möglichst weit entfernt vom eigenen Kiez soll der weitere Kontakt zu kriminellen Freunden unterbunden werden. Auch psychotherapeutische Behandlungen können die Rückfallquoten – im Vergleich zum Standardvollzug – deutlich verringern.
Reicht das nicht, stehen ein mehrwöchiger Arrest oder eine mindestens sechsmonatige Gefängnisstrafe an. Diese Form der Strafe verhindert Rückfälligkeit allerdings nicht sonderlich effektiv, denn im Knast treffen die Jugendliche häufig » alte Bekannte « .
Anfang Mai 2010 eröffnete in Vechta das erste geschlossene Heim für kriminelle Kinder in Niedersachsen. Bis zu sieben Kinder werden von zwölf Mitarbeitern betreut; ein Therapieplatz kostet 300 Euro pro Tag und Kind. Die Kosten übernehmen die Jugendämter. Betreiber ist das Caritas-Sozialwerk Lohne. Die Sicherungsanlagen sind eher unauffällig, abgesehen von einer hohen Mauer um das Heim.
Ambulante Sanktionen können weitere Straftaten demnach besser verhindern als Haftstrafen. Denn häufig entwickeln sich die Jugendlichen erst im Gefängnis zu richtigen Problemfällen. Eines erreichen weder ambulante noch geschlossene Maßnahmen: die begangene Straftat wieder wett, das Leid des Opfers rückgängig zu machen.
Folgender Fakt ist bei aller Dramatik allerdings ebenfalls zu berücksichtigen: Auch wenn ihre Biographie » typisch « ist und die Jugendlichen eine ganze Anzahl von Risiken aufweisen, wird nur ein kleiner Teil von ihnen tatsächlich (dauerhaft) straffällig. Es sind also nicht die Umstände, die darüber entscheiden, ob jemand zum Täter wird oder nicht. Es sind die jungen Menschen selbst, die ihre Zukunft entwickeln.
6.2 | Relevante Gesetze für Opfer, Helfer und Nichthelfer
Es gibt verschiedene Gesetze, die Opfer von Straftaten und Helfer für ihr Leid entschädigen. Als Laienhelfer haben Sie keine Anzeige zu befürchten, wenn Sie nicht ausreichend oder falsch geholfen haben. Wohl aber, wenn Sie nichts getan haben: Nichthelfer können strafrechtlich wegen unterlassener Hilfeleistung belangt werden. Der Täter wird nach den Regeln von Zivil- und Strafrecht verurteilt. Mithilfe des Strafrechts verfolgt der Staat alle
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