Zodiac - Auf der Spur eines Serienkillers
einen leicht übergewichtigen, harmlos aussehenden Mann erwartet, den man sich beim besten Willen nicht als Serienmörder vorstellen konnte - aber bei diesem Mann hatte man sofort das Gefühl, dass er gefährlich war. Seine Augen lagen im Schatten seiner buschigen Brauen; er trug immer noch seinen blonden Bürstenschnitt. Der Mann war stämmig gebaut, aber durchaus muskulös, vor allem im Bereich von Hals, Schultern und Armen.
Ich ging mit meinen Jungs auf ein Glas Limonade in einen 7-Eleven-Laden in der Nähe. Mein jüngerer Sohn fand ganz unten in der Flasche als kleine Überraschung einen Ring.
Es war ein Ring mit einem der Symbole des astrologischen Tierkreises, des Zodiac, darauf.
Sonntag, 9. März 1980
Ich fuhr noch einmal nach Santa Rosa, um mich mit dem Parole Officer zu unterhalten, unter dessen Schutzaufsicht Starr stand. Er wusste über Starrs Aktivitäten seit seiner Haftentlassung Bescheid.
»Wohnt er immer noch bei seiner Mutter?«, fragte ich.
»Ja, ich muss sagen … es ist schon eine seltsame Situation. Ich habe mit ihm über seine Mutter gesprochen. Das ist eines der wichtigsten Themen in der Therapie und in der Art und Weise, wie er mit seinem Leben umgeht.
»Glauben Sie, dass Starr seine Mutter hasst?«, fragte ich.
»Ja, ganz bestimmt. Sie hat über seinen Vater anscheinend immer gesagt: ›Dieser verdammte Mistkerl ist dauernd fort. Er kümmert sich nicht um die Familie und um mich. Die Männer sind doch alle gleich. Nichts als Arschlöcher - einer wie der andere.‹ Und zu ihrem Sohn hat sie gesagt: ›Du bist genau wie alle anderen Männer. Keine Spur anders.‹<
Nachdem er das jahrelang zu hören bekommen hatte, war er nicht mehr imstande, eine normale sexuelle Beziehung mit einer Frau einzugehen. Wenn ihn seine Mutter heute fragt: ›Warum bist du bloß so?‹, dann sagt er darauf: ›Ich bin eben verpfuscht. Und schuld daran bist du. Du hast aus mir das gemacht, was ich heute bin.‹ Und dann hat sie Schuldgefühle, aber sie unternimmt nichts, um ihn an irgendetwas zu hindern, was er tut.
›Bob‹, sagte ich einmal zu ihm, ›man hat Sie im Verdacht, der Zodiac-Killer zu sein.‹
›Ich weiß‹, antwortete er nur.
›Und, was sagen Sie dazu?‹, fragte ich weiter.
›Ich finde das unfair.‹<
›Wirklich?‹<
›Ja.‹<
›Haben Sie die Berichte gelesen?‹
›Ja, ich weiß, was sie da geschrieben haben. Das sind alles Lügen‹, behauptete Starr.
›Na ja, wer würde schon zugeben, dass er der Zodiac ist?‹
Wissen Sie, Robert, ich habe einmal einen sehr wahren Satz über Kinderschänder und geistesgestörte Triebtäter gehört: ›Was einen scharf macht, macht einen nun mal scharf.‹ Und dabei spielt es keine Rolle, ob man einmal für vier Jahre nach Atascadero (Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher) wandert, auch wenn sie einem nach der Entlassung sagen, dass man geheilt ist. Man ist vielleicht imstande, den Trieb zu unterdrücken, aber er ist trotzdem noch da.«
Dienstag, 11. März 1980
In Vallejo erfuhr ich noch etwas mehr über Starr.
1965, also bevor die Mordserie begann und bevor es einen Zodiac gab, ging Starr einmal mit zwei Freunden namens Kenn und Bill (Namen geändert) auf die Jagd. Dabei kam es zu folgendem Gespräch, wie in einem Polizeibericht vom Juli 1971 nachzulesen ist:
»Ich würde lieber Menschen jagen als Tiere«, verriet Starr seinen Freunden. »Menschen sind doch das einzig wahre Wild, weil die Jagd auf sie am gefährlichsten ist. Ich würde sie nachts mit einem elektrischen Visier und einer Taschenlampe jagen.«
»Aber warum willst du so was tun?«, fragte Kenn schockiert.
»Weil ich es will«, antwortete Starr und starrte seinem Gegenüber fest in die Augen. »Und nicht nur das. Ich würde Briefe an die Polizei und die Zeitungen schreiben und ihnen erzählen, was ich tue. Und ich würde mich Zodiac nennen.«
Ich bekam noch einige andere Geschichten über Starr und sein Leben in Vallejo zu hören. 1973 stand in einem ärztlichen Bericht über ihn, dass er »grundsätzlich zur Gewalt neigt und gefährlich ist« und dass er »fähig wäre, jemanden zu töten.« Der Arzt vermutete, dass Starr »fünf verschiedene Persönlichkeiten« habe. Als Starrs Parole Officers ihn zum ersten Mal zu Hause in Santa Rosa besuchten, hatte er Kinder aus der Nachbarschaft bei sich, die die Beamten mit roten Flaggen zur Einfahrt lotsten. »Ein weiteres Beispiel für seinen etwas seltsamen Humor«, stellte einer der Officers fest.
Starrs
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