Zodiac - Auf der Spur eines Serienkillers
dass die häufigsten Kombinationen aus drei Buchstaben THE, ING, CON und ENT sind. So kam er dann zu dem Schluss, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Chiffre handelte, bei der jeder Buchstabe des Alphabets durch ein Symbol oder einen anderen Buchstaben ersetzt wurde. Der Mörder hatte so viele verschiedene Symbole verwendet, dass eine Eins-zu-eins-Ersetzung nicht infrage kam. Der Lehrer musste sich seine eigene Strategie zurechtlegen; er begann nach Übereinstimmungen und sich wiederholenden Symbolmustern zu suchen. Harden saß stundenlang an seinem Tisch und suchte in dem Gewirr von Symbolen nach irgendwelchen Mustern. Wenn er es nur nicht mit so vielen Unbekannten zu tun gehabt hätte!
Was das Entziffern des Textes zusätzlich erschwerte, war die Tatsache, dass Harden nicht einmal wusste, welcher der drei Blöcke der erste war. In diesem Zusammenhang fiel mir übrigens später auf, dass der Mörder die Reihenfolge der drei Textteile sehr wohl markiert hatte - entweder als Merkhilfe für sich selbst oder als weiteren Hinweis für die Polizei. Er tat dies, indem er den Brief an den Examiner mit zwei Briefmarken frankierte, während er den Brief an den Chronicle mit drei und den an den Times-Herald mit vier Marken versah.
Nach drei Stunden harter Arbeit schloss sich Hardens Frau ihrem Mann an, um ihm zu helfen. Bettye June Harden gehört zu jenen Menschen, die niemals locker lassen, wenn sie sich erst einmal in ein Problem verbissen haben. »Sie hat eine enorme Zähigkeit und Ausdauer«, erzählte mir Harden. Obwohl sie nie zuvor mit einem Geheimtext zu tun gehabt hatte, stürzte sie sich in die Arbeit. Schließlich muss, zumindest theoretisch, alles, was verschlüsselt wurde, auch wieder zu entschlüsseln sein.
Die beiden intensivierten ihre Bemühungen und verbrachten den ganzen Tag und auch den Abend mit ihrer mühsamen Arbeit. Und als sie sich endlich zur Nachtruhe zurückzogen, knobelten sie in ihren Träumen weiter an einer Lösung des Problems.
Montag, 4. August 1969
Harden wollte am nächsten Morgen schon aufgeben, aber Bettye ließ sich nicht davon abhalten, weiterzumachen. Obwohl sie zwischendurch keine Ahnung mehr hatte, was sie eigentlich tat, arbeitete sie weiter - und schließlich schloss Harden sich ihr wieder an.
Bettye war der Meinung, dass der Mörder ein solcher Egomane sein musste, dass er bestimmt mit »Ich« begonnen hatte. Ihre Intuition sagte ihr, dass er vom Töten sprechen würde, und obwohl sie immer noch nicht wussten, welcher Teil der erste war, ging sie davon aus, dass der Text mit einem Satz wie »Ich töte gerne …« begann.
Die Lösung kam ihnen wie eine plötzliche Erleuchtung. Das Kryptogramm enthielt eine bestimmte Anzahl von doppelt vorkommenden Zeichen. Der am häufigsten doppelt vorkommende Buchstabe im Englischen ist das L. Es ist praktisch unmöglich, eine Nachricht zu verfassen, ohne Wörter zu wiederholen - also suchten die Hardens nach Zeichenfolgen aus vier Zeichen, die für das Wort »kill« stehen konnten. Immerhin bestand die Möglichkeit, dass »kill« öfter als einmal im Text auftauchte. Dementsprechend suchen übrigens jene Experten, die in Kriegszeiten für das Entschlüsseln von feindlichen Codes zuständig sind, nach Zeichenfolgen, die für das Wort »Angriff« stehen könnten.
Es ist irgendwie unheimlich und aufregend, mitzuerleben, wie ein verschlüsselter Text anfängt, seine Bedeutung preiszugeben. Die Hardens fanden schließlich heraus, dass der Mörder das Wort »kill« nur einmal verwendet hatte; zweimal kam »killing« im Text vor und je einmal die Wörter »killed« und »thrilling«. Auf dieser Basis suchten die beiden nach anderen Wörtern mit Doppel-L und entdeckten, dass etwa »will« viermal und »collecting« einmal vorkam.
Während die Botschaft vor ihren Augen nach und nach zutage trat, entdeckten sie auch die raffinierten Fallen, die der Mörder eingebaut hatte, um die Entschlüsselung schwieriger zu gestalten. So hatte er fünfzehn Mal ein verkehrt geschriebenes Q verwendet, um den Schluss nahe zu legen, dass sich dahinter der häufigste Buchstabe, das E, verbarg. In Wirklichkeit hatte er den Buchstaben E durch sieben verschiedene Zeichen ersetzt.
Der Mörder verwendete die Ersatzzeichen in einer genau festgelegten Reihenfolge, obwohl es offensichtlich zwei Zeichen im Geheimtext gab, die sowohl für das A als auch für das S stehen konnten. Die Rechtschreibung des Mörders war ziemlich fehlerhaft, wenngleich das natürlich
Weitere Kostenlose Bücher