Zodiac - Auf der Spur eines Serienkillers
für spätere Labortests aufbewahrt. Grundsätzlich wird kein Kleidungsstück weggeworfen, solange ein Fall nicht abgeschlossen ist. Auch eventuelle Gegenstände in den Taschen werden genau katalogisiert.
Die Leiche wird auf den Obduktionstisch gelegt, wobei die Schulterblätter auf einem Holzblock ruhen, sodass der Brustkorb hochgehoben wird und der Kopf nach unten geneigt ist. Von der Decke hängt ein Mikrofon herab, in das der Gerichtsmediziner während seiner Arbeit spricht, um jeden seiner Schritte festzuhalten und alle Wunden eingehend zu beschreiben.
Der Pathologe diktierte dem Gerichtsmediziner John Lee:
Der Tote war ein gut entwickelter, wohl genährter junger Mann von weißer Hautfarbe, etwa im angegebenen Alter. Der Kopf ist symmetrisch und mit schütterem dunklem Haar bedeckt, das ausgeprägte Geheimratsecken zeigt.
Auf der rechten Seite des Kopfes befindet sich eine große, unregelmäßig gezackte Wunde, offensichtlich das Eintrittsloch einer Pistolenkugel. Die Wunde liegt direkt vor dem oberen Teil des rechten Ohrs. Sie misst vertikal vier Zentimeter und horizontal zwei Zentimeter.
Die Haut ist unterhalb der Wunde über einen Bereich von zwei Zentimetern geschwärzt. Die Kugel ist bis zum linken Jochbogen vorgedrungen.
Der Bereich der Wunde wurde entfernt und unter dem Mikroskop auf Pulverrückstände hin untersucht. Der Pathologe machte sich Notizen auf schematischen Darstellungen eines männlichen Körpers aus verschiedenen Perspektiven.
Bei einer Obduktion wird ein Y-förmiger Schnitt in Brust und Unterleib vorgenommen. Dabei wird ein dreieckiger Teil des Brustkorbes entfernt. Wenn der Hals und Rachen des Toten untersucht ist, entfernt der Gerichtsmediziner Herz und Lunge, um sie zu untersuchen. Danach werden auch Nieren, Bauchspeicheldrüse, Leber, Milz und Magen-Darm-Trakt herausgenommen und seziert. Eine Blutprobe wird genommen und die Blutgruppe festgestellt. Schließlich werden auch noch die Genitalien untersucht.
Das Kleinhirn wird durch die Injektion von Formaldehyd fixiert, und der Pathologe öffnet den Schädel mit einer elektrischen Kreissäge, wobei er sorgfältig darauf achtet, dass das Gehirn nicht verletzt wird. Die Schädeldecke wird aufgeklappt und ihre Innenseite begutachtet. Danach wird das Gehirn herausgenommen, gewogen und in verschiedene Abschnitte unterteilt, um eventuell vorhandene Anomalien feststellen zu können.
Danach ist es Aufgabe des Assistenten, die Eingeweide und Organe wieder in den Körper einzufügen und auch das entnommene Stück des Brustkorbs wieder an seinen Platz zu setzen. Er vernäht den Y-förmigen Schnitt und geht dabei vom Schambein zur Brust hin vor. Anschlie ßend wird die Leiche mit einem Schwamm gewaschen, mit einer schwarzen Gummidecke verhüllt und in den Kühlraum zurückgebracht.
Wann immer es eine Kugel zu entfernen gilt, muss mit größter Vorsicht vorgegangen werden, weil sich anhand der Abdrücke des Laufs auf der Kugel die verwendete Waffe identifizieren lässt. In den meisten Fällen ritzt der Gerichtsmediziner sein Zeichen an der Spitze der Kugel ein.
In Stines Fall wurde eine zersplitterte Bleikugel entfernt. Die vier Metallteile wurden in einen durchsichtigen Umschlag gesteckt, der versiegelt, vom Rechtsmediziner signiert und mit einer Angabe versehen wurde, wo die Kugel gefunden worden war.
Diagnose: Schusswunde am Kopf.
Todesursache: Gehirnverletzung durch Pistolenkugel.
Stines Taxi wurde in einen gut gesicherten Raum gesperrt, wo es in den nächsten beiden Tagen von Labortechnikern unter die Lupe genommen würde. Das Blut, das im Wagen gefunden wurde, war ausschließlich von Stines Blutgruppe, nämlich null Rhesus negativ.
Stine wäre in drei Monaten dreißig Jahre alt geworden. Er hatte das San Francisco State College besucht und war nachts Taxi gefahren, um sein Studium zu finanzieren. Im Januar hatte er seine Doktorarbeit in Englisch fertig stellen wollen. Er hatte in der Highschool-Zeitung mitgearbeitet und war später für das Turlock Journal tätig gewesen. Der kräftige, achtzig Kilo schwere und einen Meter achtzig große Mann hatte mit seiner Frau in einer Wohnung in einem alten viktorianischen Haus in der Nähe des Golden Gate Park gelebt. Das junge Ehepaar war noch kinderlos gewesen.
Knapp fünf Wochen zuvor war Stine bereits von zwei Bewaffneten aufgehalten worden. Zwölf Tage vor seiner Ermordung war ein anderer Yellow-Cab-Fahrer überfallen worden. Ob es sich dabei vielleicht um eine Generalprobe für den
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