Zodiac - Auf der Spur eines Serienkillers
mit dem doppelten Porto versehen. Auf dem Umschlag stand der Appell »Please Rush to Editor« (Bitte rasch an den Chefredakteur weiterleiten). Die Worte »AIR Mail« nahmen ein Drittel des Umschlags ein. Es war der mittlerweile sechzehnte Brief des Killers. Er hatte diesmal ein Papier verwendet, das in Kalifornien besonders geläufig war.
Wie immer begann der Brief mit den Worten: »Hier spricht der Zodiac.«
Wie ich immer schon gesagt habe
ich bin in Sicherheit. Wenn die
blauen Idioten mich jemals
erwischen wollen, dann sollten sie ihre
fetten Ärsche in Bewegung setzen &
etwas tun. Denn je länger sie nur
die Zeit vertrödeln, umso mehr Sklaven
werde ich für mein Leben nach dem Tod
sammeln. Dass sie auf meine Aktivitäten
in Riverside gestoßen sind, ist immerhin
etwas, aber sie finden immer nur das heraus,
was leicht zu erkennen ist, es gäbe noch
viel, viel mehr zu entdecken.
Der Grund, warum ich an die Times schreibe,
ist: sie lassen mich nicht auf den hinteren
Seiten verkümmern wie einige andere.
SFPD - 0 -17+
Einige Psychiater der Bay Area, mit denen Avery sprach, vermuteten, dass die Opfer, mit denen Zodiac prahlte, nur auf dem Papier existierten. »Seine immer größere Zahl von ›Sklaven‹, mit denen er sich brüstet«, meinte ein Psychiater, »ist möglicherweise nichts als Prahlerei.«
Egal ob diese Vermutung nun zutraf oder nicht, Toschi und Armstrong mussten dennoch weiter ihren mühsamen Ermittlungen nachgehen.
In der Nähe des Pacific Union College war das Auto eines Mädchens an der White Cottage Road gefunden worden; das tragbare Radio auf dem Autositz war eingeschaltet. Einundzwanzig Studenten des PUC, unter ihnen auch Bryan Hartnell, machten sich zu Fuß auf die Suche nach der Vermissten. Als es zu schneien begann und immer kälter wurde, setzte man einen Spürhund ein. Es dauerte acht Tage, bis man die Leiche in der zerklüfteten Landschaft fand. Sie lag nur rund 75 Meter von dem verlassenen Wagen entfernt in der Nähe der Howell Mountain Road unter einer Schicht von Buschwerk und Ästen und einem zerrissenen Kleidersack. Die Tote war in eine amerikanische Fahne gehüllt. An der linken Seite des Kopfes hatte sie eine blutige Wunde von einem Schlag und um den Hals eine zugezogene Drahtschlinge. Bei der Toten wurde ein Armband gefunden, das sie als Schlüsselring verwendet hatte; der Mörder hatte alle Schlüssel mitgenommen. So wie Cecelia Ann Shepard war auch dieses Mädchen in einer abgelegenen bewaldeten Gegend ermordet worden.
Obwohl mit der zwanzig Jahre alten Lynda Kanes nun schon die zweite Studentin vom PUC innerhalb von zwei Jahren ermordet worden war, versicherte Sheriff Earl Randol den Studentinnen und Studenten, dass sie nicht gefährdeter seien als andere Bürger. Randol betonte, dass es keinerlei Hinweise gäbe, dass Zodiac für dieses Verbrechen verantwortlich sei.
Man fand einen Verdächtigen in St. Helena, ein Durchsuchungsbefehl wurde erlassen, man stellte das Haus des Mannes auf den Kopf und nahm eine Reihe von nicht näher bezeichneten Gegenständen zur Überprüfung mit. Es kam jedoch nichts dabei heraus.
Montag, 22. März 1971
Nur eine Woche später traf eine gewöhnliche Vier-Cent-Postkarte beim Chronicle ein. Sie war wieder an Paul Avery adressiert und enthielt auch diesmal Zeitungsausschnitte mit Bildern sowie einzelnen Sätzen oder Wortgruppen.
Unter anderem fanden sich da Aussagen wie »Suchte Opfer Nr. 12«, »guckt zwischen den Kiefern hindurch«, »vorbei am LAKE TAHOE«, »Sierra Club« und »im Schnee herum«. Zodiac hatte die Ränder der Karte mit Löchern verziert, die mit einer Lochzange halbmondförmig ausgestanzt waren. Auf die Rückseite war eine künstlerische Darstellung aufgeklebt, bei der es sich, wie man später herausfand, um eine Anzeige für »Forrest Pines« handelte, eine Wohnanlage, die gerade bei Incline Village am Nordufer des Lake Tahoe, Nevada, gebaut wurde.
Opfer Nummer zwölf könnte demnach die fünfundzwanzigjährige Donna Lass gewesen sein, eine hübsche blonde Krankenschwester, die seit dem 6. September 1970 als vermisst galt, seitdem sie nach ihrer Arbeit vom Sahara Hotel in Stateline, Nevada, aufgebrochen war. Der Wagen der jungen Frau wurde in der Nähe ihrer kleinen Wohnung gefunden, es gab jedoch keinerlei Hinweise darauf, dass sie von jemandem angegriffen worden wäre. Alles, was fehlte, waren ihre Handtasche und die Kleider, die sie getragen hatte. Ein unbekannter männlicher Anrufer hatte Donnas Vermieter und
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