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Zone One: Roman (German Edition)

Zone One: Roman (German Edition)

Titel: Zone One: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colson Whitehead
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unschönere Säuberungsaktion als für einen einzigen Raum in einem Bürogebäude üblich. Vier tollwütige Infizierte in einem Zimmer, das war, zumal nach der monströsen Strecke der Marines, bei einem Einsatz gegen Irrläufer eine ungewöhnliche Abweichung von der Norm. Nichts, womit Mark Spitz nicht fertigwurde, aber er verwünschte die Vorstellung, dass monatelanges Erledigen von Irrläufern seine Fähigkeiten beeinträchtigt hatte.
    Es gab die üblichen Skels, und dann gab es noch die Irrläufer. Die meisten Skels waren in Bewegung. Sie kamen, um einen zu fressen – nicht komplett, sondern nur einen hübschen Bissen da oder dort, genug, um einen anzustecken. Wenn man ihnen die Füße abschnitt, die Beine abhackte, krallten sie sich wild schnappend mit ihren gesplitterten Fingernägeln vorwärts und sahen zu, dass sie einen Knöchel erwischten. Diese Sorte hatten die Marines größtenteils eliminiert, bevor die Sweeper eintrafen.
    Die Irrläufer dagegen bewegten sich nicht, und damit wurden sie zum geeigneten Ziel für zivile Einheiten. Sie bildeten eine Aufeinanderfolge rätselhafter Tableaus, die funktionsgestörten Irrläufer und die Orte, an denen sie – in der Zone und außerhalb davon – herumzugeistern beliebten. Eine Armee von Schaufensterpuppen, die Gliedmaßen von einer unergründlichen Hand zurechtgeschoben. Die ehemalige Seelenklempnerin saß, von der Seuche blind, im obligatorischen Sessel, die Füße auf der Couch, und wartete mit neutralem, aufmerksamem Gesicht auf den Patienten, der sich verspätet hatte, für immer verspätet, und die Gründe dafür aufzudröseln würde den Großteil einer Sitzung beanspruchen, die niemals stattfinden würde. Der Patient kam nicht, war ziemlich unpünktlich, war tot, rannte mit einem Beil durch einen Sumpf, von Monstern verfolgt. Der pockennarbige stellvertretende Geschäftsführer des Schuhgeschäfts kauerte vor dem Fußmessgerät, erstarrt, ohne Kunden, die linken Schuhe seines reichlichen Angebots auf kleinen Plastiksimsen an den Wänden des Ladens ausgestellt. Der Vitamin-Shop-Verkäufer im Stillstand zwischen den Regalen, ausgelaugt inmitten des Überflusses, der Fläschchen mit alten Heilmitteln und Placebokapseln. Die Besitzerin des Blumenladens, die Finger in die Erde eines Topfs gesteckt, den sie für eine Stadtpflanze vorgesehen hatte, eine, die so unverwüstlich war wie die Kunden des Ladens, denn war nicht jeder Bürger auf der großen Insel eine Art robustes Zimmerexemplar, das nicht viel Sonnenlicht brauchte? Ein in die Farben der jamaikanischen Flagge gehüllter Mann, bei den neuen Bongs herumlungernd, der Crème de la Crème des Headshop-Zubehörs, regenbogenfarbene Kolben, nach neuesten Vorstellungen von Luftzirkulation, Ansaugmenge, Zug perforiert. Kein Rauch, kein Feuer. Der penetrante Verkäufer im trostlosen Unterhaltungselektronikbereich mitten im Verkaufsgespräch innehaltend, als psychoanalysierte er einen skeptischen Bauerntrampel, der schlicht und einfach – jetzt und für alle Zeit – nicht im Raum war, nicht im Geschäft, um irgendetwas anzuschaffen, ob groß oder klein. Ein Mann, gebückt vor einem Spiegel, der auf der Glastheke eines Sonnenbrillengeschäfts stand, sich mit den Fingern an den Bügeln einer unsichtbaren Brille festhaltend. In der Düsternis der Umkleidekabine eine Frau mit einem Hochzeitskleid in den Armen, unaufhörlich einen Urmoment der Erwartung nachvollziehend. Ein Mann, der die Haube von einem Kopierer abnahm. Sie rührten sich nicht, wenn man auf sie stieß. Sie bekamen nicht mit, dass man da war. Sie sahen sich weiter ihren jeweiligen Film an.
    Eines Morgens stieß Mark Spitz auf irgendeinen gehirngelöschten armen Teufel, der an der Bratstation der großen Hamburger-Kette stand, und musste ihn aus prinzipiellen Erwägungen erschießen. Sich aus der Fülle eines Lebens für den Dienst an der Bratstation zu entscheiden.
    In ihren Häusern waren sie sicher. Viele dieses Typs warteten natürlich vor dem Fernseher darauf, dass der Strom wiederkam, das Problem gelöst wurde und das Programm da weiterging, wo es aufgehört hatte. Hatten ja alle Zeit der Welt. Ihr Leben war eine Endlosschleife wiederholter Gesten gewesen; jetzt wurde ihre Existenz auf diesen einen, ewigen Moment verengt. Im Bad, vollbekleidet vor dem genoppten Duschkopf mit verschiedenen Strahlfunktionen. Wie sie einen gerillten Staubsauger-Aufsteckkopf auf die knittrigen Vorhänge und deren bekanntlich schwer erreichbare Stellen richteten. Unter

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