Zone One: Roman (German Edition)
laufen. Jetzt würde es nicht mehr lange dauern.
Sein Mechanismus klickte und kam ins Stottern. Wieder einmal im Haus eines Fremden, die nächste Bleibe in dem endlosen Viertel, das ihn seit seiner ersten Nacht auf der Flucht gefangenhielt. Ihre unterschiedlichen Grundrisse und Bauweisen konnten ihn nicht täuschen; Kamin oder kein Kamin, hohes Kellergeschoss oder Hohlblock-Abstellraum mit Entwässerungspumpe, er bewegte sich durch eine einzige infernalische Trabantenstadt ohne Ausgang, mit eng beieinanderliegenden Sackgassen und blind endenden Straßen, die auf kaputtes Land führten. Er lud sich selbst in die Häuser ein, um die Nacht dort zu verbringen, und sie waren leer oder voller Toter. So einfach war das. Er konnte diese Fremden ebenso wenig retten wie sie ihn. Seine Gastgeber waren ihm so fremd wie die draußen zusammengelaufene, schmutzige Meute, die nun an den Fenstern und Türen krallte und heißhungrig Zugang suchte. Die Kreaturen würden Zugang finden. Um ihn herum seufzte das Haus und ergab sich dem Vorgang des Sterbens.
Mark Spitz ging seine Waffe und seinen Rucksack holen. Tad hielt am Treppenabsatz inne. Er übersetzte sich den Ausdruck auf Mark Spitz’ Gesicht und eilte nach oben, um seinen Hausgenossen zu helfen. Der Boden grollte und bebte. Die Hölle ließ endlich die Maske fallen und tat sich auf, um sie zu verschlingen. Er kalkulierte: Der Lärm würde die meisten Skels auf die Vorderseite locken, aber einige würden den nächstgelegenen Eingang ansteuern. Bestimmt war der Hintergarten noch voll von ihnen. Der erste Stock ging überhaupt nicht. Eines der Esszimmerfenster zersplitterte. Die wimmelnde Veranda. Er kämpfte gegen den Drang an, die Verteidigungslinie dort zu verstärken. Sinnlos, sie noch retten zu wollen. Sie waren bestimmt schon an den anderen Fenstern, selbst wenn es ihm tatsächlich gelänge, den Tisch dorthin zu wuchten. Allein schaffte er es ohnehin nicht. Das Schiff war leckgeschlagen. Oben kämpften sie schon. Ein Plan: sich in ein Schlafzimmer im ersten Stock zurückziehen und sich dort verbarrikadieren, während sich das Erdgeschoss mit Skels füllte. Sie wären binnen Minuten auf der Treppe, und dann wäre er in dem winzigen Raum eingeschlossen. Auch wenn die meisten ins Haus kämen, würden immer noch genügend im Garten bleiben, um ein Problem darzustellen, falls er aus dem Fenster sprang. Denk nach: Die Veranda brennt. Eine Sekunde lang stellte er sich sich selbst unter dem Fernsehhubschrauber vor, während die Leute in günstigerem Wetter von zu Hause aus zusahen. Er stand auf dem Dach, die braunen Fluten umströmten das Haus. Warum müssen diese Bauerntölpel ausgerechnet da ein Haus bauen, wo sie doch wissen, dass das ein Überschwemmungsgebiet ist, und warum bauen sie es ständig wieder auf? Er sagt: Weil diese Katastrophe unser Zuhause ist. Ich bin hier geboren.
Die Teekannen aus Keramik, die in einer Reihe auf dem Kaminsims standen, hüpften angesichts der Erschütterungen zu Boden. In Massachusetts gibt es keine Erdbeben. Im verfluchten Connecticut auch nicht, aber diesem Territorium traute Mark Spitz ohne weiteres zu, dass es eine Möglichkeit fand, dem geologischen Geschehen aus schierer Bosheit ein Schnippchen zu schlagen. Nein, die Monsterfahrzeuge näherten sich. Die Vibrationen stiegen durch seine Füße in ihm auf. Er erreichte die Küche, und das Trommelfeuer begann. Die Kugeln schlugen aus allen Richtungen ein, zerfetzten Vertäfelungen und Nippes, die mühsam erkämpfte Beute Hunderter von Internet-Versteigerungen, schleuderten Splitter und Scherben in die Luft wie die Konfetti-Eingeweide von Knallfröschen. Ein Lampenschirm aus Pebble-Glas zerlegte sich in Puzzleteile, die toten Birnen des Leuchters zerplatzten, und hinter den Holztüren des Hi-Fi-/ TV -Schranks kam endlich der darin versteckte, gewöhnliche Flachbildfernseher, jener verlorene Schatz, zum Vorschein. Mark Spitz warf sich zu Boden. Jenseits der Wände blaffte eine Frau Befehle. Sie war die Autorität. Das Gewehrfeuer verstummte. Ging weiter. Mark Spitz drehte sich auf den Rücken. Glas und Trümmer wirbelten durch die Luft, die langen, dreizinkigen Gabeln und übergroßen Schöpfkellen hüpften von ihren Haken. Die Küche war ruiniert, dachte er. Er betrauerte die Küche, die behäbige deutsche Cappuccino-Maschine, den Entsafter im Retrostil mit seinen kühlen Quecksilberkonturen, den längst verödeten Eisspender des Edelstahlkühlschranks. Bisschen reparaturbedürftig, braucht
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