Zonta-Norm regelwidrig
Hinweis worauf? Was würde in dem Augenblick geschehen, den das Flattern des Marsvogels und das Fliehen des Südwinds bezeichnete? Es konnte sich doch nur darum handeln, daß der Zugang zu ZONTAs Kontrollzentrum geöffnet wurde. Aber war er darum ungefährlicher zu begehen? Oder öffnete sich da lediglich eine Falle, in der sich derjenige fing, der ZONTAs mysteriöse Botschaft hatte enträtseln können?
Schließlich war es Framus G. Allison – wer hätte es auch sonst sein sollen? –, der mit der ersten brauchbaren Hypothese aufwartete.
»Versetzen Sie sich in die Lage des Rechners«, sagte er. »Er wird mit zwei Parteien konfrontiert, die einander feindlich gegenüberstehen, von denen er aber jede nach den bisher angewandten Kriterien für marsquotenberechtigt halten muß. Wie löst er diesen Konflikt?«
Wir hatten eine Ahnung, worauf er hinauswollte. Aber wir unterbrachen ihn nicht. Dies war die Stunde seines Triumphs – die wievielte allerdings, das wußten wir nicht.
»Bedenken Sie weiterhin«, fuhr er fort, »daß marsquotenberechtigt und erbberechtigt annähernd synonyme Begriffe sind. Dem Erbberechtigten stehen dieselben Rechte zu wie dem Marsquotenberechtigten. ZONTA allerdings legte in diesem Augenblick der Gewissensnot besonderen Wert auf die Floskel ›erbberechtigt‹. Wenn er entscheiden wollte, welche von den beiden Parteien wirklich erbberechtigt war, das heißt den höheren Grad der Erbberechtigung besaß, dann mußte er beiden Parteien eine Aufgabe stellen, die sie nur lösen konnten, wenn sie wirklich mit der marsianischen Mythologie vertraut waren.«
Er blickte sich triumphierend um.
»Da haben Sie es!« posaunte er. »Eine einfache, schlichte Prüfung in marsianischer Mythologie. Wer das Flattern des Marsvogels und das Fliehen des Südwinds in Beziehung setzen kann zu einem bestimmten Zeitpunkt, der hat die Prüfung bestanden und wird ins innerste Heiligtum des Marsrechners vorgelassen!«
»Was geschieht«, wollte Hannibal wissen, »wenn beide Parteien die Aufgabe lösen?«
Allison zuckte mit den Schultern.
»Wie soll ich das wissen? Ich bin schließlich kein Prophet. Wahrscheinlich hätte ZONTA eine weitere, schwierigere Prüfung ansetzen müssen.«
Mit wurde dabei noch etwas anderes klar. Seitdem wir hier am Rande der Ringstraße lagerten, hatte ZONTA gegen uns keine Feindseligkeiten mehr unternommen. All die Gründe dafür, die ich mir vorhin hatte durch den Kopf gehen lassen, trafen in Wirklichkeit nicht zu. Die Wahrheit war, daß ZONTA, nachdem wir die Peripherie des Kontrollzentrums erreicht hatten, nur noch auf den kritischen Augenblick wartete, in dem sich herausstellen mußte, ob wir seinen Spruch verstanden hatten oder nicht. Aus purem Zufall hatten wir hier stundenlang untätig gelegen und somit ZONTA wohl den Eindruck vermittelt, daß wir genau wüßten, worum es ging. Hätten wir vorzeitig versucht, in den Kontrollblock einzudringen, wären wir wahrscheinlich vernichtet worden.
Die Szene löste sich in Einzeldiskussionen auf. Plötzlich war die Spannung gewichen. Jeder machte sich seine eigenen Gedanken und arbeitete weiter an dem Bild, das Framus G. Allison gezeichnet hatte.
Nur einer war mit der ganzen Sache überhaupt nicht einverstanden: Kenji Nishimura. Ich sah, wie er Allison auf die Seite nahm, und hörte ihn sagen:.
»Von einem müssen Sie sich unbedingt lösen, Herr Kollege. Ein Computer besitzt kein innerstes Heiligtum, und noch viel weniger wird er von Gewissensnot geplagt. Diese Vermenschlichung von elektronisch-positronischen Maschinen …«
Vierzehn Uhr fünfzehn.
Die
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