Zonta-Norm regelwidrig
»Ich habe ein wichtiges Anliegen, das du an Professor Aich weiterleiten sollst. Ich brauche seine Antwort auf dem schnellsten Wege, hörst du? Die Soghmoler können unsere telepathischen Sendungen abhören, das nur so nebenbei. Meine Anfrage kommt also in Hash-Kode, und Aichs Antwort übermittelst du mir auf dieselbe Weise. Ich werde deine Antwort übrigens abrufen. Du darfst auf keinen Fall von dir aus mit mir in Verbindung treten. Ich muß einen günstigen Augenblick für die Übermittlung abwarten. Ist das klar?«
»Alles klar, Oversir«, antwortete Kiny gehorsam.
Ich hatte mir den Text meiner Meldung vorher zurechtgelegt. Hash-Kode ist ein recht verwirrendes Verfahren, bei dem Wörter oder Wortteile durch andere Bedeutungen ersetzt werden und die Beziehung zwischen Originalwort und Ersatzwort sich ändert, je nachdem, wo im Text das Originalwort erscheint. Die Methode bietet ein Höchstmaß an Sicherheit gegen Entschlüsselung durch Unbefugte; aber zum Anwenden des Hash-Kodes ohne umfangreiche Vorbereitung bedarf es des Gehirns eines Rechenkünstlers, und damit war ich leider nicht ausgestattet.
Ich begann zu senden. Indem ich mich auf die vorher zurechtgelegten Begriffe des Hash-Kodes konzentrierte, vermied ich es, mehr als unumgänglich notwendig an den eigentlichen Text meiner Botschaft zu denken. Falls die Soghmoler unsere Unterhaltung abhörten und zu entschlüsseln versuchten, würden sie meine Gedanken zum Geheimnis des Marsvogels mit übrigen Störgeräuschen vermischt finden und nicht aussortieren können.
Als ich geendet hatte, meldete sich Kiny nochmals.
»Darf ich sicher sein, daß ich Sie richtig verstanden habe, Oversir?« fragte sie mit einer deutlich wahrnehmbaren Spur von Mißtrauen.
»Ganz sicher, Kleines!« beruhigte ich sie.
Sie hatte offensichtlich schon während des Empfangs zu enthashen begonnen und einen Teil meiner Meldung bereits entziffert. Wenn man bedachte, um welch verworrene Dinge es ging, konnte man ihr nicht übelnehmen, daß sie zurückfragte, ob sie auch wirklich alles richtig empfangen habe.
Die telepathische Verbindung wurde unterbrochen. In der hohen Halle vor ZONTAs Zentrum herrschte gespannte Stille. Ich hatte insgesamt zwanzig Minuten gebraucht, um meine Meldung abzusetzen – mehr als genug Zeit für die Soghmoler, meine telepathischen Impulse zu registrieren und anzupeilen. Selbst im Zustand höchster Konzentration hatte ich jedoch bemerkt, daß die Explosionen, die irgendwo aus dem sublunaren Gelände hinter uns kamen, fortdauerten. Anscheinend wehrte sich ZONTA mit Krallen und Klauen gegen die angreifenden Soghmoler, und es war zu hoffen, daß im Aufruhr des Kampfes meine Telepathiesendung nicht bemerkt worden war.
Es ließ sich schwer abschätzen, wann Josua Aichs Antwort bei uns eintreffen würde. Aich war eine der Personen, die General Reling ständig zur besonderen Verfügung hielt. Kontakt mit ihm aufzunehmen, konnte also nicht schwierig sein. Die Frage war lediglich, ob an der Marsvogelsache überhaupt etwas dran war, und wenn ja, ob Aich die Materie kannte oder erst in seinen Unterlagen nachforschen mußte. Eine Stunde, schätzte ich, war die minimale Antwortzeit. Wahrscheinlich aber würden wir länger warten müssen.
Es waren unangenehme Minuten, die wir verlebten. Die Mammutschlacht zwischen ZONTA und den Soghmolern, die ganz eindeutig auch unter Einsatz nuklearer Waffen geführt wurde, dauerte an. Wir hatten unsere Wachtposten zurückgezogen, da die radioaktive Verseuchung der Korridore ständig zunahm. Niemand wollte sich so ganz der Hoffnung
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