Zonta-Norm regelwidrig
wurden plötzlich noch einmal so groß und weit, wie ich sie vorhin gesehen hatte. Die bronzefarbene Haut seines Gesichts wurde mit einemmal wächsern bleich. Mit einem leisen Seufzer wandte er den Kopf zur Seite.
Knossis, der Soghmoler, war tot.
Nishimura starrte mich ratlos an.
»Ein posthypnotischer Block, nehme ich an«, sagte ich. »Sobald der Träger des Blocks erkennt, daß er versagt und seine Aufgabe nicht gelöst hat, wird der Block wirksam und ruft den Tod hervor.«
Steamers wußte mehr über solche Dinge.
»Es gibt verbürgte Fälle aus Zentralafrika, neunzehntes und frühes zwanzigstes Jahrhundert, in denen der Schamane einem Stammesmitglied, das sich vergangen hatte, mitteilte, es werde sterben. Der Tod trat gewöhnlich wenige Stunden oder Tage später ein, ohne daß von außen auf den Mann – oder die Frau – eingewirkt worden wäre, auch wenn es sich um völlig gesunde Leute handelte.«
Nishimura nickte verdrossen.
»So muß es wohl gewesen sein«, brummte er. »Von primitiven Völkern verstehe ich das auch. Aber von den Soghmolern …?«
»Es muß nicht sein, daß sie Primitivität auf dieselbe Weise definieren wie wir«, gab ich zu bedenken.
»Der Marsvogel, Sir!« sagte Steamers plötzlich.
Ach ja, der Marsvogel. Ich blickte hinaus auf die Ringstraße. Die Energiespiralen waren erloschen. Die Soghmoler hatten den Versuch aufgegeben, auf diese Weise an ZONTA heranzukommen. Ich fragte mich, wie sie sich den Verlust der Patrouille wohl erklärten.
»Steamers, das wird problematisch«, erklärte ich dem Psychologisten. »Wenn ich jetzt mit der ›1418‹ telepathische Verbindung aufnehme, wissen die Soghmoler sofort, wo wir uns befinden.«
Ein dumpfes Grollen war plötzlich zu hören. Ich fühlte, wie der Boden zitterte. Wir blickten auf. Sekunden später fauchte aus einem der Korridore, die auf die Ringstraße mündeten, eine Staubwolke.
»Nukleare Explosion!« bemerkte Framus G. Allison trocken. »Das bedeutet, daß sich die Soghmoler und ZONTAs Roboter ernsthaft in den Haaren liegen.«
»Glaubst du wirklich, daß sie in einer solchen Lage noch an das Suggestor-Gerät denken?« fragte Hannibal.
Allison war dabei, ein weiteres Meßgerät auszupacken. Es handelte sich um einen Dosisratenmesser, der die radioaktive Belastung der Atmosphäre ermittelte.
»Noch nicht kritisch«, meldete er. »Aber wenn sie noch ein paar Bomben loslassen, werden wir die Monturen schließen müssen.«
Eine zweite Erschütterung rollte durch den Boden. Irgendwo in den Tiefen der alten Mondfestung tobte ein mörderischer Kampf. Hannibals Vermutung hatte etwas für sich: In einer Situation wie dieser hatten die Soghmoler anderes zu tun, als nach unseren telepathischen Signalen zu horchen.
»Also schön, Reg, Sie bekommen Ihren Willen!« sagte ich. »Lassen Sie mich ein wenig abseits gehen.«
Nach wenigen Sekunden der Konzentration bekam ich Verbindung mit Kiny. Ich hatte mich entschlossen, trotz allem jede Vorsicht walten zu lassen. Falls die Soghmoler unsere Unterhaltung automatisch aufzeichneten, durften sie auch später keine Gelegenheit erhalten, ihr zu entnehmen, daß ich in Wirklichkeit nicht Nang-Tai war, und vor allen Dingen sollten sie nicht erfahren, daß wir uns über den flatternden Marsvogel und den fliehenden Südwind Gedanken machten.
»Hier Nang-Tai-Flaggschiff, Oversir!« meldete sich Kiny Edwards.
Ich spielte den Leutseligen, das heißt: Ich gab mich so, wie ich mich Kiny gegenüber normalerweise gegeben haben würde. Das, glaubte ich, konnte ich mir leisten, ohne mein Geheimnis preiszugeben.
»Paß auf, Kleines!« sagte ich.
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