Zonta-Norm regelwidrig
hingeben, daß es ZONTA gelingen könne, die Soghmoler vernichtend zu schlagen. ZONTAs Reserven waren begrenzt, während die Soghmoler, wie wir glaubten, auf dem Mars eine beachtliche Streitmacht postiert hatten, von der sie nach Belieben Verstärkungen abziehen konnten.
ZONTAs Verhalten uns gegenüber war vollends rätselhaft. Wir lagen sozusagen auf einem silbernen Tablett vor dem Rechner. Er brauchte sich nur zu bedienen. Er brauchte nur eine Handvoll Roboter zu schicken, um uns abservieren zu lassen. Konnte es sein, daß er mit den Soghmolern zu sehr beschäftigt war, um unsere Anwesenheit überhaupt wahrzunehmen? Oder fürchtete er sich vor einer mit hochenergetischen Waffen geführten Auseinandersetzung in so unmittelbarer Nähe seines Kontrollzentrums? Wir wußten es nicht, und vielleicht würden wir es auch nie erfahren.
Anderthalb Stunden nach meiner Meldung an Kiny Edwards meldete ich mich aufs neue bei ihr. Der Kampf in den Tiefen der Marsfestung tobte mit unverminderter Wucht. Wenn die Soghmoler mich vorhin nicht geortet hatten, dann bestand berechtigte Hoffnung, daß sie es auch jetzt nicht tun würden.
»Ich habe auf Sie gewartet, Oversir!« antwortete Kiny auf meinen Anruf. »Professor Aichs Meldung liegt schon seit einiger Zeit vor!«
»Besagt sie etwas?« fragte ich impulsiv. Gespannte Neugierde hatte mich erfaßt.
»Sie ist von höchster Bedeutung, Oversir«, antwortete Kiny. »Außerdem spielt der Zeitfaktor eine Rolle. Darf ich durchgeben?«
»Fang an, Mädchen!« drängte ich.
Wort um Wort übertrug sie den Text der ebenfalls im Hash-Kode abgefaßten Meldung vor. Ich war nicht so geschickt wie Kiny, ich konnte nicht entziffern, während ich niederschrieb. Nur einige Begriffe waren mir von der Hand geläufig, und was sie enthielten, versetzte mich in Aufregung.
Kinys Meldung war kürzer als die meine. Nach vierzehn Minuten war die Übertragung beendet.
»Ich melde mich wieder!« sagte ich hastig. »Ende!«
Allison und Steamers konnten ihre Ungeduld kaum zügeln. Gemeinsam machten wir uns daran, die Meldung zu enthashen. Das Bild, das dabei vor unseren Augen entstand, war verblüffend. Als die gesamte Botschaft schließlich im Klartext vor uns lag, lasen wir:
»Marsvogel – Corvus Corax Martialis, ein extinkter Vertreter der marsianischen Vogelwelt, rabenartig, früher heiliges Symboltier der prähistorischen marsianischen Religion. Charakteristisch: Heftiges Rütteln (Flattern) beim Balzflug. Balzzeit begann mit dem Beginn der südlichen Schneeschmelze, die mit einer Schwenkung der vorherrschenden Windrichtung von Süd nach West einhergeht (der Südwind flieht). Der Marsvogel wird daher zum Frühjahrsverkünder. Symbol wurde auch dann beibehalten, als zu Beginn der historischen Zeit genaue Bestimmung des Frühlingspunktes nach den Regeln der Astronomie möglich wurde. In diesem Jahr fällt der Frühlingspunkt nach Erdkalender und Washingtoner Zeit auf 10. Oktober 2010, 14:33:47 Uhr. Ende.«
Wir starrten einander an. Steamers war der erste, der sich rührte. Er blickte auf den Chronometer, den er am linken Ärmel seiner Schutzmontur trug.
»Heute haben wir den zehnten Oktober zwo-null-eins-null«, sagte er mit düsterer Stimme. »Die genaue Zeit ist dreizehn Uhr acht Minuten fünfzig Sekunden Eastern Standard Time … jetzt!«
14.
Die ersten Minuten nach der Entschlüsselung der Botschaft waren wir mehr oder weniger wie vor den Kopf geschlagen. ZONTAs letzte Äußerung, die ich als den Ausdruck akuten Wahnsinns gelesen hatte … in Wirklichkeit ein wichtiger Hinweis! Uns ebenso zugegangen wie den Soghmolern. Warum?
Und vor allen Dingen: ein
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