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Zopfi, Emil

Zopfi, Emil

Titel: Zopfi, Emil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spitzeltango
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Boden ist …»
    «Ich dachte, er sei im Himmel?»
    «Ach Pius …» Sie stiess ihn in die Seite.
    «Dafür habt ihr doch gebetet, oder nicht?»
    Er setzte sich auf die Bank, stützte seine Ellbogen auf den Schiefertisch. Greta zitterte beim Einschenken, hielt den Kaffeekrug mit beiden Händen. Filterkaffee, auch das eine Erinnerung an ihr Elternhaus im finstern Schwarzwald, wo sich Füchse und Volkswagen Gute Nacht sagten.
    Sie setzte sich gegenüber.
    Der Kaffee war heiss, er blies in den Dampf. «Du nimmst keinen?»
    «Mein Herz, weisst du.»
    Pippo wusste. Jetzt kam die Geschichte, die er immer wieder erdulden musste. Ihre plötzlichen Atembeschwerden beim Treppensteigen, die Schmerzen unter der Brust, die sie genau ortete und dazu ihren schweren Busen etwas anheben musste. Die Ambulanz, Blaulicht, beinahe gestorben, wenn nicht eine Nachbarin … und so weiter. Immer noch schwatzend, stand sie wieder auf, holte aus einem Schrank eine Flasche mit Kirschwasser. «Von Zuhaus.» Stellte zwei Gläschen auf die Schieferplatte, auf der sich die Ringe von hundert Gläsern abzeichneten.
    Pippo sah auf die Uhr. «Heute nicht, danke. Muss einen klaren Kopf behalten.»
    «Nur eins. Auf gute Nachbarschaft.»
    Er schüttelte den Kopf, stand auf. «Ich habe eine Verabredung in der Stadt.»
    «Ah, du hast was laufen.» Ihr Gesicht verdüsterte sich, die Falten von den Mundwinkeln zum Kinn schienen noch tiefer zu werden. Trotzig schenkte sie ein Gläschen randvoll.
    «Nicht, was du denkst.»
    Sie drohte ihm mit dem Zeigefinger. «Pius, Pius. Ich kenne dich.» Dann kippte sie den Kirsch in einem Zug, schloss die Augen und liess den Duft durch die Nase strömen. Tränen liefen ihr über die Wangen.
    «Wegen der Pumpe komme ich mal vorbei. Dann nehm ich einen.»
    «Wann immer du Zeit hast.» Sie trat hinter ihm unters Vordach. Ein heftiger Regenguss prasselte auf die Schindeln.
    «Dieses Wetter», brummte er.
    «Willst du einen Schirm?»
    «Ach was», sagt er barsch, und gleich tat es ihm leid. Greta war doch ein gutes Herz. Er umfing sie etwas ungeschickt, sodass sie gegen die Wand stolperte. Sein Stoppelbart scheuerte auf ihren heissen Wangen. Sie roch nach Schnaps.
    «Ach, Pius.» Sie hielt ihn fest.
    «Bis dann also.» Er machte sich los.
    Beim Gartentor sah er zurück. Sie stand unter dem Vordach, klein und breit, mit kurzen Beinen, und winkte. Dann sah sie sich um und liess die Hand gleich wieder sinken.

    Alle Tische im «Coopi» waren aufgedeckt, rote Servietten auf weissem Tuch, kaum ein Platz mehr frei. Geschirr klapperte den Rhythmus zum Stimmengewirr. Kellner in weissen Schürzen drängten sich den Rücken der Gäste entlang, trugen auf. Der Geruch von Tomatensauce und Grillfleisch erinnerte Hermann daran, dass er erst ein eiliges Frühstück im Magen hatte. Etwas Toast und Tee im Stehen. Zu Hause war er nicht mehr gewesen nach dem Tangoclub, das Nachspiel hatte etwas gedauert. Als er sich den Schlaf aus den Augen gerieben hatte, war es schon gegen zwölf Uhr gewesen.
    Er sah sich um. Pippo sass in einer Ecke unter dem Porträt von Karl Marx, an der Wand gegenüber hing ein Ölbild von Mario Comensoli. Er hockte über den Tisch gebeugt da, sein Gesicht wirkte grau und zerfurcht. Der Mann ist krank, ging Hermann durch den Kopf. Er sah noch ungepflegter aus als am Tag zuvor. Ein Kranz von Stoppeln um den kahlen Schädel, das unrasierte Gesicht von Alterswarzen verunstaltet. Fettflecken auf der gestrickten Weste. Ein Knopf fehlte. Seine Kaffeetasse war leer, der Schaumrand eingetrocknet.
    «Halb eins haben wir abgemacht», knurrte er, ohne den Kopf zu heben.
    «Sorry, Freund. Hatte noch was Dringendes zu erledigen.» Das war nicht gelogen. Die wohlgeformte Ruth hatte einen Drang in ihm geweckt wie schon lange keine Frau mehr. Carmen im Quadrat sozusagen, und das in jeder Hinsicht. Er war in ihrer Fülle versunken.
    «Wo ist Robert?»
    Hermann setzte sich Pippo gegenüber, schob das Gedeck beiseite. «Hab ihm eine SMS geschickt.»
    «Ruf doch an, du hast ja seine Nummer.»
    «Sein Provider ist in den USA . Das kostet ein Vermögen. Er wird schon kommen. War immer der Zuverlässigste von uns.»
    Ein Kellner brachte die Speisekarten. Pippo bestellte ein Glas Chianti bianco, Hermann einen Tomatensaft.
    «Du bist also tatsächlich trocken?»
    Hermann sah auf die Karte, die Buchstaben verschwammen vor seinen Augen. Er hatte seine Brille vergessen. «Was hast du gefragt?»
    «Warum du keinen Alkohol mehr trinkst», sagte ihm Pippo

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