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Zopfi, Emil

Zopfi, Emil

Titel: Zopfi, Emil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spitzeltango
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weg.
    Er spürte Regen im Gesicht, sah ihre Gestalt vor sich wie durch eine Nebelwand.
    «Mein Schirm», sagte er. «Ich habe meinen Schirm vergessen.»
    Sie schüttelte den Kopf, ging weg, das Hündchen trippelte ihr nach.
    Robert atmete durch. Noch immer hielt er sich an der Kette fest. Martin Kunz fiel ihm ein, der in die Limmat gestürzt war mit seinem Fahrrad. Am Limmatquai waren gegen den Fluss auch Ketten gespannt, aber die hatten ihn nicht retten können. Der alte Freund war Opfer einer Hetzjagd geworden.
    Robert ging weiter, fühlte sich noch unsicher. Auf dem Gehsteig stand ein Bürostuhl, eine Rolle war weggebrochen und lag daneben. Jemand hatte ihn hingestellt, vielleicht aus dem Hochhaus der Gewerkschaft mit dem seltsamen Logo.

    Pippos Plan war einfach. Sie brauchten Eintrittskarten für Tscharners Auftritt auf dem Uetliberg. Dort würden sie ihn stellen, vor laufenden Fernsehkameras. Keine Gewalt, sachlich bleiben, informieren. Er hatte Renés Visitenkarte dabei, Hermann wählte die Nummer auf seinem Mobiltelefon, reichte es Pippo.
    «Papa, du?» René war überrascht. «Seit wann hast du ein Handy?»
    «Gehört einem Freund.»
    Ob er Eintrittskarten für die Veranstaltung am Abend auf dem Uetliberg beschaffen könne, drei Stück. Er und zwei alte Freunde wollten sich die Rede des Wendehalses anhören.
    «Verstehe, Papa. Kann ich organisieren.»
    René fragte nicht weiter. Es kam Pippo vor, als ob sie sich ohne Worte verstanden hätten, er und sein Sohn, der ihm so fremd geworden war. Er brauche Fotos, sein Freund könne sie mit seinem Handy knipsen und die Bilder übermitteln. Jemand würde die Ausweise im Gartenhaus abliefern.
    Pippo fühlte sich nach dem Gespräch eigenartig beschwingt. Er begann von seiner Zeit in der Toskana zu erzählen. Wie er auf einem Schrottplatz in Calenzano einen Traktor aufgetrieben und in Gang gebracht hatte. Lo Svizzero, der Mann, der alles kann. Schliesslich hatte er eine Berufslehre gemacht.
    «Die Genossen Italos mit ihren Studienabschlüssen und Scuole Professionali oder was immer, die konnten ja keinen Schraubenschlüssel richtig aufsetzen oder ein Blech biegen. Geschweige denn einen Dieselmotor reparieren.»
    Und dann die Politik. «Parlare, parlare, parlare …» Keine politische Veranstaltung, die nicht eine Stunde zu spät begann. «Und so haben die Compagni die Revolution verpasst, damals, als die Linke die Mehrheit der Stimmen hatte. Sie sind einfach zu spät gekommen, schlicht und einfach zu spät.»
    «Das waren wir auch», warf Hermann ein, säbelte mit dem Messer an der Scaloppina herum. Das Fleisch war zäh oder das Messer zu wenig scharf.
    «Du sagst es. Heute Abend sind wir pünktlich.» Pippo streckte seine Hand über den Tisch. Hermann ergriff sie, zuckte unter dem harten Druck zusammen. Aber er nickte. «Versprochen, Genosse.»
    «Vergiss den Genossen. Ich bin Pippo.»
    Sie hoben die Gläser.
    Der Plan war einfach. Sie würden sich in den Saal setzen, schön im Fokus der Fernsehkameras. Wenn Tscharner mit seiner Rede begann, würden zwei ein Transparent aufspannen, der dritte Flyer ins Publikum werfen.
    Ein Ex-Terrorist als Stadtpräsident? Tscharner, Polizeispitzel. So ähnlich würde der Slogan auf dem Transparent lauten. Der Flyer würde belegen, dass es Tscharner gewesen war, der den Anschlag auf die Moraves geplant hatte. Agent provocateur im Auftrag der Bundespolizei. Der mysteriöse Tod von Martin Kunz sollte zur Sprache kommen, die Gerüchte, dass Tscharner darin verwickelt sei. Kunz wusste zuviel von seiner Vergangenheit, deshalb musste er beseitigt werden.
    «Können wir doch nicht beweisen.»
    «Müssen wir das?»
    Hermann hob die Schultern. «Und wie gehts dann weiter nach deinem Plan?»
    «Die Journis werden sich auf uns stürzen. Die sind geil auf Skandal. Tscharner hat kaum Freunde bei den Journalisten, er posaunt rum, die Medien seien links unterwandert. Also machen wir Skandal, Chaos, vielleicht eine kleine Saalschlacht.»
    «Hab keine Lust, mich vermöbeln zu lassen.»
    «Also immer noch das alte Weichei. Drum brauchen wir Robert, den Sportsfreund.»
    Pippo nahm einen Schluck, hielt sich die Hand vor den Mund und bohrte mit einem Zahnstocher Fleischresten aus seinen Zahnlücken. Hermann hatte schon immer ein starkes Mundwerk gehabt, doch wenn es um eine Aktion ging, machte er schlapp. Nur Pippo hatte es gewagt, die Bombe zu platzieren. Drei Stangen Dynamit hatte er von einer Baustelle in der March geklaut, den Zeitzünder mit einem

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