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Zopfi, Emil

Zopfi, Emil

Titel: Zopfi, Emil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Spitzeltango
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in Tscharners Biografie, die auf die Wahlen hin ans Tageslicht kämen. «Er hält aber vorerst an seiner Kandidatur fest.» Das Wort «vorerst» liess er auf der Zunge zergehen. Dann erschien gross im Bild das Transparent. Stoppt Tscharner! Kein Spitzel an die Spitze der Stadt!
    Zwei Junge mit vermummten Gesichtern hielten es vor der Fassade des Triemlispitals in die Höhe, hüpften auf und ab, dicht vor einem Kordon der Polizei.
    Robert war bei der Tür, als ihm eine Kellnerin nachrief: «He Sie, Sie müssen noch bezahlen.»
    «Oh, Entschuldigung.»
    Er kehrte um, zog seine durchnässte Brieftasche aus der Hosentasche, klaubte die letzten Münzen hervor. Fünfzig Rappen fehlten … «Gibt es in der Nähe einen Bankomaten?»
    Die junge Frau sah ihn an, rümpfte die Nase. «Ach, lass das, Alter. Ist schon gut.»
    Robert sah an sich herab, Blut stieg ihm in den Kopf vor Scham. Verdreckt, nass und stinkend, war er zum Randständigen geworden. Ein Gammler, dem man ein Almosen schenkt. Er brauchte Geld, er brauchte neue Kleider. Am Rand der Mall fand er einen Bankomaten, doch der spuckte seine Kontokarte wieder aus. Ungültig oder beschädigt.
    In vier Stunden ging sein Flug. Es war unmöglich, den Flughafen zu Fuss zu erreichen, zudem fahndete man nach ihm. In seinem Zustand würde er überall Verdacht erwecken. Durch eine Drehtüre betrat er eine Halle mit Geschäften und Boutiquen. Die warme Luft tat wohl. In einem Sportgeschäft streifte er zwischen den Gestellen und Kleiderständern umher, er war der einzige Kunde. Die Verkäuferin bei der Kasse schien ihn nicht zu beachten. Er brauchte warme Kleider, auch in Chicago war es jetzt kalt.
    Mit einer schwarzen Steppjacke und einem Paar Wanderhosen betrat er eine Umkleidekabine, zog sich um und hängte seinen verdreckten Anzug an einen Bügel. Im Spiegel sah er aus wie ein Bergsteiger, eine gute Verkleidung, so schien ihm. Auch der Stoppelbart passte. Die Hosen waren etwas eng, aber er mochte nicht weiter suchen. Die Zeit drängte. Er zog seine Schuhe wieder an, steckte Brieftasche, Pässe und Flugticket in eine Tasche der neuen Jacke.
    «Wie geht es?» Die Verkäuferin stand vor dem Vorhang.
    «Okay.» Er trat hinaus. Sie musterte ihn kurz und nickte. Sagte etwas von Gänsedaunenfüllung, hoher Wärmeleistung, wasserabweisendem Obermaterial. «Im Himalaya erprobt.» Sie nannte den Namen eines Achttausenders.
    Robert nickte, deutete auf den Anzug am Bügel. «Können Sie das entsorgen? Ich hatte einen Unfall mit dem Velo.»
    «Dann möchten Sie die neuen Kleider gleich anbehalten?»
    «Gerne.»
    Sie reichte ihm eine grosse Plastiktasche, er stopfte die Hosen und Jacke hinein. Dann tippte sie die Preise in die Kasse. Ein anständiger Betrag, obwohl sie etwas von «herabgesetzt» hauchte. Sie nahm seine Kreditkarte entgegen, schob sie ins Lesegerät. Es dauerte, Robert wurde ungeduldig. Sie schüttelte den Kopf, versuchte es nochmals. «Tut mir leid, die Karte geht nicht.»
    «Sie ist nass geworden bei meinem Sturz.»
    «Tut mir leid …»
    «Können Sie einen Abdruck der Karte nehmen?»
    «Dürfen wir leider nicht mehr.»
    Marilyn, schoss Robert durch den Kopf. Sie hat die Karte sperren lassen. Über den Schwiegersohn, Anlageberater bei der Bank ihres Vaters. Eine Null in jeder Beziehung, Karriere gemacht, weil er sich in der Kirchgemeinde die Enkelin des Vorsitzenden angelacht hatte.
    «Wo finde ich die nächste Bank?»
    «Credit Suisse. Vorn im Durchgang. Sie müssen aber Ihren Einkauf hierlassen.»
    «Jetzt habe ich die Kleider schon an … Ich lasse Ihnen meinen Pass da.» Robert legte seinen alten Schweizerpass auf den Tisch.
    Sie nahm das rote Büchlein, sah auf das Foto, auf dem er dreissig Jahre jünger war. «Ich weiss nicht … ich muss die Chefin fragen. Einen Augenblick bitte.»
    Sie verschwand mit dem Pass hinter Kleiderständern. Robert ging rückwärts zur Tür, drehte sich um und war draussen. Hinter ihm ging der Alarm der Warensicherung los. Er zwang sich ruhig zu bleiben, schob sich durch die Drehtüre ins Freie und überquerte die Mall zum Fluss. So schnell er mit seinem geschwollenen Fuss gehen konnte, schritt er auf dem Uferweg der Sihl entlang gegen die Innenstadt. Niemand schien ihm zu folgen. An einer Ampel wartete er, ohne sich umzusehen, ging über den Fussgängerstreifen einer Ausfallstrasse. Dann versuchte er zu rennen. Der Fuss schmerzte bei jedem Schritt, doch es ging, mehr hüpfend als laufend. Zwei Jogger trabten ihm entgegen. Eine Frau mit

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