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Zores

Zores

Titel: Zores Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Pittler
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dürfen“, schrie der Professor plötzlich, und in seinem Gesicht blitzte ein Zorn auf, der unendlich großer Verletzung und Zurücksetzung geschuldet war. „Der Kellner, der Hausmeister, der Fleischer an der Ecke …, anscheinend ist meine saubere Tochter hochgradig nymphoman. Es brauchte nur irgendein Schlawiner schief grinsen, und schon hat sich meine Tochter … ihm … hingegeben.“
    Kvitek machte eine abwehrende Geste. Er hob die Arme und wandte sich ab. Bronstein stand verlegen da und wusste nicht, was er sagen sollte, während Kvitek sein Gesicht in seinen Händen vergrub. „Und wissen Sie, was der einzige Platz war, an dem man sie nie angetroffen hätte?“ Kviteks Worte drangen gedämpft aus dem Schutzschild, das Kvitek vor seinem Mund gebildet hatte. „Die Universität! Sie hat natürlich nicht fertig studiert. Sie arbeitet …, wenn sie überhaupt arbeitet … in irgendeiner Schankwirtschaft als Kellnerin. Meine Tochter! Stellen Sie sich das vor! Diese Schande! Am liebsten würde ich sie verstoßen!“
    Bronstein trat verlegen von einem Bein auf das andere.
    „Na ja“, resümierte Kvitek mit belegter Stimme, „jetzt muss sie alleine klarkommen. Mich kümmert das nicht mehr. Ich reise heute Abend noch nach Prag. Und daher muss ich noch einige Besorgungen erledigen. Herr Oberst, ich wünsche Ihnen viel Glück. Aber wenn ich Sie wäre, würde ich mich auch rarmachen in der schönen Wienerstadt. Die Nazis werden kommen. Und bei Ihrem Namen, Sie verzeihen, wenn ich das so unverblümt sage, werden Sie dort nicht viele Freunde finden.“
    Sofort verspürte Bronstein wieder dieses beunruhigende Stechen in der Seite. Trotz der Kälte begann er zu schwitzen. Seine Hände verkrampften sich, und er musste sich um einen regelmäßigen Atem bemühen. „Herr Professor“, presste er förmlich aus sich heraus, „es war schön, Sie noch einmal gesehen zu haben. Ich wünsche Ihnen von Herzen alles Gute, auch, dass die Angelegenheit mit Ihrer Tochter wieder in Ordnung kommt. … Aber Sie müssen mich jetzt entschuldigen, ich habe einen Mord aufzuklären. … Weil noch sind nämlich die Nazis nicht da. … Zumindest nicht an der Macht. Wenn ich mich also empfehlen dürfte?“
    „Ja, das dürfen S’“, entgegnete Kvitek bedächtig, „aber denken S’ darüber nach, was ich Ihnen g’sagt hab. Passen S’ auf, dass es nicht zu spät ist. Im Reich haben die Leute auch geglaubt, so heiß, wie’s gekocht wird, wird’s schon nicht gegessen, und dann sind s’ auf einmal in Dachau g’sessen, oder in Oranienburg oder sonst wo. Denken S’ an meine Worte, Herr Oberst.“
    Bronstein begann bereits, seinen Weg fortzusetzen. „Ja, ja, ich werde sie beherzigen“, rief er noch über die Schulter, dann sah er zu, dass er in sein Büro kam. Unwillkürlich wurden seine Schritte dabei immer schneller, und ohne dass er sich sein Verhalten irgendwie hätte erklären können, ertappte er sich plötzlich dabei, dass er lief. Keuchend erreichte er den Ring und bog nach links ein, wo das Präsidium bald in seinen Blick kam. Als er die Treppe hinauf in sein Stockwerk nahm, verspürte er einen stechenden Schmerz in der Seite. War er auch schon so bedient wie der alte Pokorny? Bronstein drückte die aufsteigende Panik weg und gelangte endlich an seinen Arbeitsplatz.
    Schwer ließ er sich in seinen Sessel plumpsen. Er stützte seinen Kopf in die Hände und schloss die Augen. Wie sollte ersich auf den Fall konzentrieren, wenn links und rechts alles zusammenbrach? Doch Bronstein kam nicht zum Grübeln. Schon ging die Tür auf, und Cerny betrat den Raum.
    „Du wirst es nicht glauben …“, begann er, ehe er Bronsteins Gemütslage erkannte, … „aber was ist denn?“
    „Ah, der Pokorny … des aa no!“ Und Bronstein berichtete im Telegrammstil, was dem alten Kollegen widerfahren war. „Und deswegen war ich auch nicht bei der Jedlicka“, fügte er entschuldigend hinzu. „Aber zurück zu dir. Was werd’ ich nicht glauben?“
    Cerny stand einen Augenblick unschlüssig da. Er wusste um Bronsteins enge Beziehung zu Pokorny, hatte den Alten selbst aber kaum je kennengelernt, weshalb er nun hin- und hergerissen war zwischen Anteilnahme für Bronsteins Besorgnis und dem Bedürfnis, dem Vorgesetzten seine Erkenntnisse zu übermitteln. Bronsteins einladende Geste nahm ihm schließlich die Entscheidung ab, und er setzte sich.
    „Das Haus“, begann er also, „hat gar nicht dem Suchy g’hört.“
    Bronstein schreckte aus seinem

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