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Zores

Zores

Titel: Zores Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Pittler
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deseigentlichen Insults war, der dann mit umso größerer Wucht auf Herrn … – auf den Patienten hereinbrechen wird.“
    „Und wie könnte man das verhindern?“
    „Schauen S’, ein Patentrezept gibt’s da natürlich gar keins, ned wahr! Aber vor allem bräuchte er absolute Ruhe. Und da frag ich Sie, lieber Herr Oberst, wie soll das gehen … in solchen Zeiten?“
    Bronstein wusste, was der Arzt meinte. Die politischen Ereignisse überschlugen sich, wie sollte man da ruhig bleiben?
    „Vielleicht, wenn wir ihn aufs Land bringen? Irgendwo in ein Sanatorium? Täte das helfen, Herr Doktor?“
    „Das wäre sicherlich gut. Aber in Zeiten wie diesen müsste dieses Sanatorium schon sehr abgeschieden und weltabgewandt sein.“
    „Ein Kloster vielleicht?“
    „Sie, Herr Oberst, das wäre gar keine schlechte Idee. Aber es bräuchte halt auch eine entsprechende Betreuung. In medizinischer Hinsicht, meine ich.“
    „Gut, Herr Doktor. Ich werde mich darum kümmern. Wenn’s erlaubt ist, kontaktiere ich Sie morgen fernmündlich.“
    Der Arzt nickte: „Ja, tun Sie das, Herr Oberst. Ich bin ohnehin den ganzen Tag da.“ Der Mediziner kramte in seinen Taschen und förderte ein silbernes Etui zutage, dem er eine Visitenkarte entnahm. „Bitte schön, da ist die Nummer von meinem Fernruf drauf. Einfach durchstellen lassen, wenn S’ was wissen oder was wissen wollen.“ Dabei lächelte der Herr in Weiß aufmunternd.
    Bronstein dankte, schüttelte dem Arzt die Hand und empfahl sich. Wieder auf dem Flur, schaute er instinktiv auf die Uhr. Die Jedlicka konnte er vorerst vergessen. Besser war es, zurück ins Büro zu eilen, denn Cerny würde dort sicher schon bald wiederauftauchen. Also machte er sich auf den Weg und eilte alsbald die Alser Straße hinunter ins Zentrum. Er war eben im Begriff, die Straße zu überqueren, als er einer hageren Gestalt gewahr wurde, deren weißer Rauschebart ihm sofort bekannt vorkam. Er fasste die Erscheinung näher in den Blick und war sich sodann sicher, wen er vor sich hatte. Der alte Professor aus Prag, Martin Kvitek, war ihm mehrere Male am Semmering untergekommen, wenngleich der Kontakt in den letzten Jahren völlig abgerissen war. Sofort dachte Bronstein an jene Tage vor über einem Jahrzehnt, als er im Mordfall Guschlbauer ermittelt hatte. Damals war er der Tochter des Professors beigestanden, die von einem reichsdeutschen Flegel bedrängt worden war. Sein beherztes Eingreifen hatte dazu geführt, dass er mit Vater und Tochter Kvitek einen bemerkenswerten Abend verbrachte. Die Tochter erwies sich als Radikale, wenngleich ihre Argumentation reichlich unausgegoren aus ihrem Munde gekommen war. Jelka hätte über sie wahrscheinlich geschmunzelt, weil die Vorstellungen der Kvitek wohl eher einem rabiaten Spießbürger und nicht einem klassenbewussten Kommunisten entsprachen, und doch war Bronstein damals beeindruckt gewesen. Wenngleich die Kvitek ein gutes Vierteljahrhundert jünger war als er selbst, hätte er nichts dagegen gehabt, sie wiederzusehen und die Bekanntschaft zu vertiefen. Doch jedes Mal, wenn er in den folgenden Jahren am Semmering bei Kviteks Haus vorbeigeschaut hatte, war der Professor alleine am Berg gewesen. Das Fräulein Tochter, so hieß es, studiere eifrig und habe eine großartige Karriere als Hochschullehrerin in Wien vor sich. Bronstein war nach dieser Auskunft stets ein wenig geknickt gewesen und hatte sich damit zufrieden geben müssen, mit dem alten Kvitek ein paar Partien Schach zu spielen, welche dieser allesamt gewonnen hatte, sodass sein Animo, die Kviteks zubesuchen, mit der Zeit erlahmte. Die Besuche waren seltener geworden und hatten schließlich gänzlich geendet.
    Nun aber lief Kvitek ihm auf der Alser Straße förmlich in die Arme. „Ja, Herr Professor“, begann Bronstein, „wie kommen denn Sie hierher?“
    Kvitek blinzelte einen Moment unsicher, ehe sich seine Züge erhellten. „Der Herr Oberst“, entgegnete er glucksend. „Dass ich Sie wieder einmal treff, das ist aber eine Freude. Wie geht’s denn immer so?“
    Bronstein zuckte mit den Schultern und machte eine betroffene Miene: „Wie soll es einem gehen in diesen Tagen? Ich habe schon schönere Zeiten erlebt.“
    Nun wurde auch Kvitek ernst: „Sie haben ja so recht, Herr Oberst. Und genau das ist auch der Grund, weshalb ich meine Zelte hier abbreche. Ich kehre heim nach Prag, denn, offen gesagt, Wien wird nicht mehr lange die Hauptstadt eines unabhängigen Staates sein. Davon bin ich fest

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